Clostridium

Clostridium
Clostridien
Clostridium botulinum

Clostridium botulinum

Systematik
Domäne: Bakterien
Stamm: Firmicutes
Klasse: Clostridia
Ordnung: Clostridiales
Familie: Clostridiaceae
Gattung: Clostridien
Wissenschaftlicher Name
Clostridium
Prazmowski 1880

Clostridien sind grampositive, stäbchenförmige Bakterien aus der Familie der Clostridiaceae, welche, im Gegensatz zu Bacilli, mehr oder weniger streng anaerob sind, d. h. nur unter Sauerstoffausschluss wachsen, einen fermentativen Energiestoffwechsel betreiben und hitzefeste Endosporen bilden können. Die Endosporen sind bei vielen Arten außerordentlich hitzeresistent, sie können in kochendem Wasser (100 °C) etliche Stunden, einige bei 110 °C noch etwa 1 Stunde überleben. Clostridien können sich mit Ausnahme von C. perfringens aktiv bewegen, und zwar mit peritrich angeordneten Geißeln. Die Bakterien kommen überall vor (sind ubiquitär), vor allem in Böden und im Verdauungstrakt von Menschen und Tieren.

Unter dem Aspekt ihrer bevorzugten Energiequelle können Clostridien in drei große Gruppen eingeteilt werden:

  1. Proteolytische Clostridien: Spaltung von Eiweißen und/oder paarweise Umsetzung von Aminosäuren
  2. Harnsäure-spaltende Clostridien, z. B. C. acidi-urici
  3. Saccharolytische Clostridien: Vergärung von Kohlenhydraten (Zucker, Zellulose, Stärke)

Hauptgärungprodukte der saccharolytischen Clostridien sind Buttersäure, Aceton, Butanol, Kohlenstoffdioxid und molekularer Wasserstoff (H2).

Die meisten Clostridium-Arten verursachen keine Krankheiten (sind apathogen) und sind zum Teil von biotechnischem Nutzen. Einige Arten sind gefährliche Krankheitserreger, vor allem aufgrund der von ihnen produzierten Toxine.

Inhaltsverzeichnis

Biotechnische Bedeutung

Produktion organischer Lösemittel

Clostridium acetobutylicum ist in der Lage, Zucker zu den Lösemitteln Aceton, 1-Butanol, Ethanol und zu den organischen Säuren Essigsäure und Buttersäure zu vergären. Das Bakterium wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts zur biotischen Produktion der genannten organischen Lösemittel im industriellen Maßstab genutzt. Das erste Mal beschrieben wurde es von Chaim Weizmann, dem ersten Präsidenten des Staates Israel.

Clostridien in der Landwirtschaft

Clostridien sind weit verbreitet in Böden. Saccharolytische Clostridien (nicht jedoch Vertreter der übrigen Clostridiengruppen) sind in der Lage, molekularen Stickstoff (N2) zu reduzieren und somit zu fixieren. Sie werden deshalb als diazotroph bezeichnet und sind damit natürliche Düngerproduzenten im Erdboden. Aktivster N2-Fixierer der Gattung ist Clostridium pasteurianum in anoxischen Sedimenten.

In der Ausgabe 10/2005 des dlz-Agrarmagazins [1] wird vor der Aufschaukelung von Clostridien in landwirtschaftlichen Biogasanlagen (Co-Vergäranlagen) gewarnt. In solchen Anlagen werden Gülle aus der Tierhaltung und Grünabfälle von Kommunen, Gewerbe und Industrie in der Regel bei unter 40 °C anaerob vergoren. In diesem Prozess fänden Clostridien beste Vermehrungsbedingungen. Die Autorin empfiehlt, Gärsubstrate einzupflügen und nicht auf Grünflächen aufzubringen. Mit dem Einsatz von "effektiven Mikroorganismen" soll zudem die Aufschaukelung reduziert werden.

Die Landwirtschaftskammer NRW hat bezüglich Clostridien und Biogasgülle vor "Panikmache" gewarnt. Eine Vermehrung des häufig als problematisch genannten Bakteriums Clostridium perfringens sei bislang nicht festgestellt worden. In Übereinstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Landwirtschaft [2] wird jedoch vor der Ausbringung von Fleischfresserkot und Guano (Vogeltrockenkot) gewarnt, weil darin einhunderttausendmal mehr krankheitserregende Bakterien vom Typ Clostridium perfringens vorkommen als im Kot von Pflanzenfressern. Hier liegt die Keimzahl bei 100 - 10000 pro 1 ml. In der Ausbringung von Gärresten aus Biogasanlagen auf Futterpflanzen und Weiden könnte sich eventuell eine Gesundheitsgefahr ergeben, wenn diese Produkte eingesetzt werden.

Auch die Gefahr von Botulismus, die von Clostridium botulinum ausgeht, soll eingeschränkt werden: So dürfen in NRW Geflügelexkremente nur auf Ackerland und in Biogasanlagen eingesetzt werden, jedoch nicht auf Grünland und Feldgrasflächen ausgebracht werden.[3]

Ob käsereischädliche Clostridien mit Biogasanlagen in Zusammenhang gebracht werden können, erscheint unwahrscheinlich: Die Erfahrungen mit zwei Betrieben in NRW über 8 Jahren zeigen sogar eine besonders niedrige Belastung.[4]

Clostridien in Dosenkonserven

Clostridium-Endosporen können wegen ihrer ausgeprägten Resistenz gegen hohe Temperaturen bei der Sterilisation von Dosenkonserven bei unzureichender Erhitzung überleben. Sie keimen während der Lagerung der Konserven aus und wegen ihres ohne Sauerstoff ablaufenden, anaeroben Stoffwechsels vermehren sie sich. Ihr Stoffwechsel führt zum Verderb der Konserven: Das Konservengut wird zersetzt, es bilden sich unangenehm riechende und schmeckende Säuren, die gebildeten Gase Kohlenstoffdioxid (CO2) und molekularer Wasserstoff (H2) blähen die Konservendosen auf (sogenannte „Bombage“).

Medizinische Bedeutung

Medizinisch wichtige Clostridien-Arten:

Virulenzfaktoren

Clostridium botulinum produziert das Botulinumtoxin, welches bereits nach 30-minütiger Erhitzung bei 80 °C inaktiviert ist. Die unterschiedlichen Typen spalten hydrolytisch Proteine, die die Verschmelzung mit der synaptischen Membran vermitteln (Synaptobrevin, Synaptotaxin, SNAP-25). Das wiederum hemmt die Ausschüttung von Acetylcholin aus den Synapsen. Clostridium tetani produziert das Tetanustoxin. Es wird beim Zerfall der Bakterienzelle freigesetzt. Synaptobrevin wird gespalten und so wird die Freisetzung der inhibitorischen Transmitter Glycin und GABA gehemmt (daher der Name Wundstarrkrampf). Clostridium perfringens produziert u.a. das Toxin-Alpha (= Lecithinase), welches Zellmembranen zerstört und es produziert Enterotoxine und porenbildende Toxine. Clostridium difficile produziert die Toxine A (Enterotoxinwirkung) und B (zytolytische Wirkung).

Einzelnachweise

  1. Monika Krüger, dlz- Agrarmagazin Bd. 10, S. 14 (2005)
  2. (LfL)
  3. Neue Regeln für den Gülleimport
  4. Clostridien in Biogasanlagen - keine Risiken für Tiergesundheit und Milchqualität

Literatur

Martin Dworkin, Stanley Falkow, Eugene Rosenberg, Karl-Heinz Schleifer, Erko Stackebrandt (Hrsg.): The Prokaryotes, 3. Auflage, Bd. 4: Bacteria: Firmicutes, Cyanobacteria. Springer Verlag, New York 2006, ISBN 978-0-387-25494-4 (Print), ISBN 978-0-387-30744-2 (Online), DOI 10.1007/0-387-30744-3


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