Colimau 2000

Colimau 2000
Karte der Aktivitäten der Colimau 2000 in Osttimor
Sprachen und Ethnien Timors

Colimau 2000 (Kolimau 2000) ist eine Organisation in Osttimor, die mit verschiedenen Gewaltakten in Verbindung gebracht wird. Die Anzahl ihrer Mitglieder wird auf mehrere Hundert geschätzt.[1] Ursprünglich wurde sie während der indonesischen Besatzungszeit (1975–1999) als geheime Widerstandsbewegung in Untergrund gegründet. Colimau 2000 war Teil des Conselho Nacional de Resistência Timorense (Nationalrat des timoresischen Widerstands CNRT), trat aber im August 1999 aus diesem aus, was ihr eine legitimierte Beteiligung in Regierung und Verwaltung des nun unabhängigen Osttimors unmöglich macht.

Colimau ist ein Wort aus der Kemak-Sprache und bedeutet in etwa „sich gegenseitig hassen“. Colimau ist auch der Name eines Dorfes (Subdistrikt und Distrikt Bobonaro), in dem jedoch Sprecher der Bunak-Sprache leben. Ob es hier Verbindungen mit der Colimau 2000 gibt ist unklar.[2]

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Colimau 2000 ist ein Sammelbecken für ehemalige Kämpfer der pro-indonesischen Milizen, der Befreiungsarmee FALINTIL sowie für enttäuschte Bauern.[3] Angetrieben wird dies durch die Frustration über die wirtschaftliche Lage und die daraus resultierenden sozialen Probleme. Großen Teile der Bevölkerung werten außerdem die unerfüllten Erwartungen der Unabhängigkeit als Versagen der FRETILIN-Regierung.[3] Colimau 2000 stellt die Legitimität dieser Regierung in Frage[1] und strebt Gerüchten zufolge die Umwandlung zu einer Partei an, um eine breitere Unterstützung zu finden. Dazu erfand sich Colimau 2000 als Bewegung für Nationale Einheit (MUN) neu. Eine der Hauptforderung ist die Änderung der Nationalflagge Osttimors, da diese ein Symbol der FRETILIN sei.[2] Aus dieser Bewegung ging die Partido Unidade Nacional PUN (Partei der nationalen Einheit) hervor. Unter ihrer Gründerin Fernanda Borges nahm sie an den Parlamentswahlen 2007 teil und zog in das Parlament ein. Führende Mitglieder der Colimau 2000 sind Mitglieder der PUN.[4] Die Partei erhielt dabei Unterstützung durch das Bistum Dili.[5]

Die Organisation zeigt neben ihrer politischen Aktivität stark religiöse, sektenähnliche Züge. Ihre Mitglieder glauben, dass wiederauferstandene Widerstandshelden aus dem Dschungel hervortreten werden, um sie zum Sieg zu führen. Da Colimau 2000 ihr Einflussgebiet in der direkten Nähe der indonesischen Grenze hat und von dort aus den Flüchtlingscamps noch Unterstützung erhält, wirft man ihr eine gewisse Anfälligkeit für Manipulationen vor.[6] Hier spielt der traditionelle, animistische Glauben eine Rolle, dem die Mehrheit der Bevölkerung noch in den 1970ern angehörte.

Colimau 2000 scheint zudem in Kleinkriminalität und Erpressungen verwickelt zu sein.[2] Mitglieder der Organisation wurden schon in der Zeit vor den Vorfällen in Atsabe 2003 immer wieder verhaftet, weil sie Nachbarn terrorisiert und Geld erpresst hätten. Einige Quellen halten jedoch den Ruf von Colimau 2000 für unverdient. Die Gruppe würde mit Vorfällen in Verbindung gebracht, mit denen sie nichts zu tun habe.[6]

Struktur

Die Anführer von Colimau 2000 sind Ososio Leki (Ozorio Leque) und Bruno da Costa Magalhaes (Dr. Bruno).[2] Der ehemalige Rebell Gastão Salsinha soll ebenfalls ein führendes Mitglied sein.[7] Die Mehrheit der Mitglieder, die zumeist Analphabeten sind, stammt aus den westlichen Distrikten Ermera und Bobonaro, die Organisation ist aber auch in der Landeshauptstadt Dili aktiv.[2]

Ein Machtzentrum ist das Dorf Leimea-Craic im Subdistrikt Hatulia (Distrikt Ermera), wo zwei Drittel der Bevölkerung Colimau 2000 unterstützten. Die Einwohner gehören zur Ethnie der Kemak.[2][6] Die Organisation kam im Jahr 2000 mit der Rückkehr von Flüchtlingen der Unruhen von 1999 aus Westtimor in die Region. Viele Sympathien bei den Einwohnern Leimea-Craics gewann Colimau 2000, als sie einen katholischen Priester einluden, Land für eine zukünftige Kirche zu weihen. Dieser Fall von Unterstützung der katholischen Kirche widerspricht aber den animistischen Gründzügen von Colimau 2000.[6]

Vorfälle

Überfälle in Atsabe 2003

Mitglieder von Colimau 2000 wurden beschuldigt in Atsabe (Distrikt Ermera) in Überfälle verwickelt gewesen zu sein, bei denen insgesamt sieben Menschen starben. Anfang Januar 2003 wurden die kleinen Dörfer Tiarlelo und Laubono, welche 25 km von der Grenze zu Indonesien entfernt sind, von bis zu 15 mit Sturmhauben maskierten Banditen mit automatischen Waffen und alten indonesischen Uniformen überfallen. Drei Menschen wurden getötet und fünf verletzt. Die Verteidigungskräfte Osttimors F-FDTL schickten daraufhin 180 Soldaten für Polizeiaufgaben in die Region.[8]

Im Nachbarsubdistrikt Hatulia töteten Colimau 2000-Mitglieder im Dorf Samara zwei Büffel und stahlen ein Pferd. Als Angehörige der F-FDTL dort von Colimau 2000-Leuten eingekreist wurden, schossen die Soldaten in die Luft um sich zu verteidigen.[9]

50 Personen, darunter 39 Colimau 2000-Mitglieder wurden verhaftet, doch von den Gerichten wurden alle Verdächtige wieder freigelassen, da bei der Verhaftung rechtsstaatliche Vorgaben nicht erfüllt waren. Die Opfer in Samara und Atsabe protestierten schriftlich bei der Landesregierung dagegen.[10]

Unruhen in Osttimor 2006

Bereits Ende Januar 2004 beschuldigte der indonesische Militärchef von Westtimor Colimau 2000, sie würde zusammen mit den ehemaligen Anti-Unabhängigkeitsmilizen planen, Osttimor zu destabilisieren, sobald die UN-Friedenstruppe das Land verlassen hätten.[2][11]

Ab Ende April 2006 kam es zu Unruhen in Osttimor nachdem 600 Soldaten der Verteidigungskräfte Osttimors meuterten und entlassen wurden. Es folgten ethnische Konflikte und Kämpfe zwischen Jugendbanden, die seitdem immer wieder neu aufflammen. Eine amtliche Verlautbarung der Regierung vom 28. April beschuldigte „junge Opportunisten, die in Verbindung mit Ososio Leki stehen“ für die Gewalt Ende April in Dili verantwortlich zu sein.[3] ETAN bezeichnete Colimau 2000 in diesem Zusammenhang als einen Rent-a-mob.[2] Beim erneuten Ausbruch der Unruhen in Dili Anfang September 2006 verhielten sich die Mitglieder von Colimau 2000 jedoch friedlich und diszipliniert.[2]

Mitte August 2006 kam es in Zumalai zwischen Colimau 2000 und der Gruppe Saka Izoladu zu Kämpfen, bei denen eine Person starb. Die Bevölkerung floh aus dem Gebiet.[12]

Am 16. November 2006 wurde ein schwerer Zwischenfall gemeldet, der einige Tage zuvor stattfand. Jugendliche von Colimau 2000 aus Ermera und anderen Orten, griffen einen Ableger des Perguruan Setia Hati Terate (PSHT) Martial Arts Club im Dorf Estado an. Der osttimoresische Premierminister José Ramos-Horta erklärte, unbestätigten Angaben nach gäbe es vier Tote. Außerdem wurden zehn Häuser niedergebrannt. Premierminister Ramos-Horta flog mit einem Hubschrauber zum Schauplatz des Überfalls, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Spezialeinheiten der Polizei wurden in die Region entsandt. Ein Zeuge sagte aus, etwa 600 Jugendliche von Colimau 2000 hätten, bewaffnet mit Samuraischwertern, Macheten, Speeren, Pfeil und Bogen und Gewehren, den Martial Arts Club angegriffen. Der Angriff scheint ein Racheakt zu sein, da am 2. November PSHT-Mitglieder ein Mitglied von Colimau 2000 verprügelt hatten.[10] Später wurden acht Personen im Zusammenhang mit dem Angriff auf den Club verhaftet.[13]

Am 22. November wurde von Straßenkämpfen in Maubisse berichtet. Einheimische waren mit Mitgliedern von Colimau 2000 in Streit geraten, als diese Bewohner Maubisses zwingen wollten, Mitglied in der Organisation zu werden. Eine Person wurde getötet, eine weitere verletzt. Als die Polizei eingreifen wollte, wurde ein Polizist krankenhausreif geschlagen.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Andrea Molnar: An Anthropological Study of Atsabe Perceptions of Kolimau 2000. A New East Timorese Religious Cult or Internal Security Problem? Anthropos, 99(2):365-380, 2004.

Einzelnachweise

  1. a b Kabar-irian, 30. Oktober 2006, Dili gangs linked to political players
  2. a b c d e f g h i ETAN, 15. September 2006, A Survey of Gangs and Youth Groups in Dili, Timor-Leste
  3. a b c Greenleft Australia, 10. Mai 2006
  4. UNMIT Situation Report, 19. - 25. Januar 2007
  5. Suara Timor Lorosae, 28. Juni 2007
  6. a b c d ETAN, 1. Februar 2003
  7. Jill Joliffe in der The Canberra Times, 13. März 2008, East Timor Hunts Rebel Soldier
  8. The Age, Bericht über den Zwischenfall Jan. 2003 in Atsabe
  9. ETAN, 23. Januar 2003
  10. a b The Australian, 16. November 2006, Four believed dead in more Timor violence
  11. ASAP, 28./29. Januar 2004
  12. UNMISET, 12.-14. August 2006
  13. a b ABC news, 22. November 2006, One killed, two injured in fresh E Timor violence

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