Corps Guestphalia Halle

Corps Guestphalia Halle
Basisdaten
Bundesland: Sachsen-Anhalt
Universität: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Gründung: 8. September 1789 in Halle
Verband: KSCV
Wahlspruch: Neminem time, neminem laede!
Waffenspruch: Gloria virtutis comes!
Farben: Corpsburschen- und Fuchsenband des Corps Guestphalia Halle
Zirkel: Zirkel des Corps Guestphalia Halle
Adresse: Burgstraße 40, 06108 Halle/Saale
Website: http://www.corps-guestphalia-halle.de
Friedrich Consbruch als Hallenser Westfale, 1806
Das alte Corpshaus der Guestphalia, um 1888/90
Corpshaus der Guestphalia in der Burgstraße

Das Corps Guestphalia Halle ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), einem der ältesten Dachverbände deutscher Studentenverbindungen, in welchem es wiederum die älteste Verbindung darstellt. Das Corps ist in Halle an der Saale ansässig, pflichtschlagend, farbentragend sowie dem ’’Grünen Kreis’’ angehörig. Die Corpsmitglieder werden „Hallenser Westfalen“ genannt.

Inhaltsverzeichnis

Couleur

Die Farben des Corps waren bis 1799 schwarz-weiß, dann grün-schwarz-weiß und wurden 1821/22 durch Vereinbarung aller Corps des Westfalenkartells einheitlich in die Trikolore grün-weiß-schwarz geändert. Heute trägt Guestphalia Halle die Farben „maigrün-weiß-schwarz“ mit silberner Perkussion, dazu eine maigrüne Mütze. Die Füchse der Hallenser Westfalen tragen ein Fuchsenband in den Farben „maigrün-weiß-maigrün“, ebenfalls mit silberner Perkussion.

Die Wahlsprüche lauten „Neminem time, neminem laede“ (deutsch: „Fürchte niemanden, verletze niemanden!“), der Wappenspruch „Vivant fratres intimo foedere iuncti! (v.f.i.f.i.)“ (deutsch: „Es leben die Brüder verbunden durch einen innigsten Bund!“).

Geschichte

Zusammenschlüsse von Studenten aus den westfälischen Landesteilen des Königreichs Preußen (Grafschaften Mark und Ravensberg) lassen sich an der Universität Halle schon am Anfang des 18. Jahrhunderts feststellen. Eine Landsmannschaft der Westfälinger wurde durch königliches Edikt vom 22. November 1717 aufgehoben und verboten. Sie scheint aber dessen ungeachtet weiterbestanden zu haben. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die alten Landsmannschaften zunehmend durch die freimaurerisch beeinflussten Studentenorden verdrängt. Aus der westfälischen Landsmannschaft heraus gründete sich so Mitte des Jahres 1777 der Orden der Constantisten. In Konkurrenz zu den Orden erstarkten aber auch die Landsmannschaften oder „Kränzchen“, wie sie in dieser Zeit auch genannt wurden, wieder. Am 8. September 1789 konstituierte sich die westfälische Landsmannschaft neu. Guestphalia gilt mit diesem Stiftungsdatum als ältestes noch bestehendes Corps des Kösener Senioren-Convents-Verbandes.

1794 beteiligten sich Westfalen aus Halle an der Stiftung des Corps Guestphalia Erlangen. Noch im gleichen Jahr wurden zwischen beiden Landsmannschaften Kartellbeziehungen aufgenommen, zu denen 1795 noch ein Kartell mit Guestphalia Jena trat. Damit war der Grundstein für das sog. „Westfalenkartell“ gelegt, das 1799 offiziell begründet und bis 1820 auf die Universitäten Würzburg, Göttingen, Bonn, Berlin, Heidelberg und Marburg ausgedehnt wurde. 1808 beschloss man eine gemeinsame Constitution, 1812 gemeinsame Grundprinzipien.

Durch die Aufhebung der Universität durch Napoleon (Oktober 1806) erfuhr der Betrieb nur eine kurze Unterbrechung. Gravierender war die Bildung der burschenschaftlich orientierten Verbindung Teutonia als Folge des Einheitsgedankens der Befreiungskriege (1814). Sie nahm die Mitglieder der bisherigen Landsmannschaften überwiegend in sich auf, beschloss aber bereits nach fünf Jahren (Februar 1819) ihre Selbstauflösung. Die früheren Landsmannschaften Marchia, Pomerania und Guestphalia formierten sich neu. In dieser Zeit begann sich der Begriff „Corps“ als Bezeichnung für die Landsmannschaften oder Kränzchen durchzusetzen.

In den 30er Jahren nahm das Verbindungsleben einen vorübergehenden Abstieg. Guestphalia musste kurzzeitig suspendieren und wurde am 18. Juli 1840 rekonstituiert. Dieses Datum wurde bis 1926 als Stiftungsfest gefeiert. Nachdem das alte Westfalenkartell zerfallen war, kam es noch 1838 zum Abschluss offizieller Beziehungen zu Saxonia Leipzig, 1839 zu Thuringia Jena. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgten Verhältnisabschlüsse u.a. mit Hansea Bonn (1855, Kartell) und Hasso-Borussia Freiburg (1879, 1892 Kartell), zeitweilig auch mit Marchia Berlin und Borussia Greifswald.

Mit Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges, an dem alle Aktiven als Soldaten teilnahmen, trat eine erneute Suspensionszeit ein, die durch Rekonstitution am 29. April 1874 überwunden werden konnte. Auch von 1916 bis 1918 ruhte der Aktivenbetrieb kriegsbedingt. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten brachte eine Reihe von Einschränkungen und insbesondere merkliche Spannungen zwischen Korporationen und der Führung des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB). Ein Beschluss des Reichsstudentenführers, dass alle Studenten Mitglieder des NSDStB oder einer Kameradschaft sein müssten, führte am 11. Oktober 1935 zur erneuten Suspension. Das Corpshaus in der Burgstraße wurde, um einer Beschlagnahme zuvorzukommen, verkauft. Mit dem Inventar wurde im Hotel „Stadt Hamburg“ ein Traditionszimmer eingerichtet. 1938 beteiligten sich einige Alte Herren des Corps an der Gründung der SC-Kameradschaft „Gustav Nachtigal“, die bis Kriegsende bestand.

1950 beteiligte sich Guestphalia mit anderen ehemaligen Hallenser Corps an der Stiftung des Corps Saxonia Frankfurt. Nach Lösung dieser Bindung (1956) erfolgte 1958 die eigenständige Rekonstitution in der westfälischen Hauptstadt Münster und der Beitritt zum Münsteraner Waffenring. 1980 war Guestphalia Halle nach 1891 zum zweiten Mal präsidierendes Vorortcorps im KSCV. Zum Sommersemester 2006 wurde der Sitz wieder nach Halle zurückverlegt.

Kneipen und Häuser

Die ersten Kneiplokale der Guestphalia lassen sich ab 1840 nachweisen. 1840-1847 befand sich die Kneipe im Gasthaus „Zur Stadt Berlin“, 1847-1870 in der „Goldenen Egge“, unterbrochen nur von 1857-1860 durch eine kurze Phase im Gasthaus „Stadt Köln“. Nach der Rekonstitution von 1874 kneipte man zunächst im Restaurant „Zum Fürstental“ (bis 1887, mit kurzer Unterbrechung), ab 1888 im „Marktschloß“. Das erste eigene Haus befand sich in der Georgstraße 1. 1910/11 wurde durch den Baumeister Otto Grote aus Halle nach Plänen des Architekten Kurt Einert (Leipzig) ein Neubau in der Burgstraße 40 errichtet, der bis zur Suspension im Oktober 1935 Domizil des Corps blieb.

In Münster fand Guestphalia zunächst in der Königstraße ein Haus, das später (bis 2006) durch das Haus Mozartstraße (nachmals Nottebohmstraße) 5 abgelöst wurde. Mit dem Rückerwerb des Hauses Burgstraße 40 in Halle kehrte das Corps in seine frühere Heimat zurück.

Auswärtige Beziehungen

Guestphalia ist Mitglied des Grünen Kreises. Sie war befreundet mit Baltia, von der sie 1934 vier von der Albertus-Universität vertriebene Angehörige aufnahm. Guestphalia Halle steht heute im Kartell mit Saxonia Leipzig und ist befreundet mit Holsatia, Albertina, Borussia Breslau, Teutonia Gießen und Pomerania.

Bedeutende Mitglieder

Name Lebensdaten Tätigkeit Bild
Hans Bodo Graf von Alvensleben-Neugattersleben 1882-1961 Gutsbesitzer und Präsident des Deutschen Herrenklubs
Christian Friedrich Bernhard Augustin 1771-1856 evangelischer Theologe, Schriftsteller und Historiker, Oberdomprediger in Halberstadt
Robert von Bartsch † 1919 Unterstaatssekretär
Gustav Behrendt † 1912 Präsident der Eisenbahndirektion Berlin
Richard Wilhelm Bertram † 1881 Erster Bürgermeister von Halle (Saale)
Peter Christian Wilhelm Beuth 1781-1853 Gründer des preußischen Gewerbeinstituts und (mit Schinkel) des Berliner Kunstgewerbemuseums
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Ludwig Freiherr von Blomberg † 1850 Geh. Oberregierungsrat, preußischer Kammerherr
Gisbert von Bonin-Brettin 1841-1913 Sachsen-Coburg und Gothaischer Wirklicher Geheimer Rat und Staatsminister, Mitglied des preußischen Herrenhauses
Wilhelm Delius † 1860 Präsident der Generalkommission für die Provinz Westfalen
Rudolf Doehn 1821-1894 Schriftsteller und Politiker
Carl Heinrich Ebmeier 1793-1850 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
Wolf Freiherr von Engelhardt 1910-2008 Geologe und Mineraloge, Professor an der Universität Tübingen
Rulemann Friedrich Eylert 1770-1852 Bischof von Berlin, geistlicher Berater Friedrich Wilhelms III. von Preußen
Franz Galli 1839-1917 Richter am Reichsgericht
Friedrich Gerstein † 1836 Landrat in Hagen
Eduard Graf 1829-1895 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses
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Justus von Gruner 1777-1820 Polizeipräsident von Berlin, Generalgouverneur des Mittelrheins und des Großherzogtums Berg, 1815 Polizeidirektor des besetzten Paris
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Robert Eduard von Hagemeister 1827-1902 Oberpräsident von Westfalen
Erwin Hasbach 1875-1970 Abgeordneter des Sejm, Senator des polnischen Senats, Führer des Deutschtums in Polen
August Franz von Haxthausen 1792-1866 Agrarwissenschaftler, Nationalökonom, Jurist, Landwirt, Schriftsteller und Volksliedersammler
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Werner Graf von Haxthausen 1780-1822 Beamter und Philologe, Freund und Mitarbeiter der Gebr. Grimm
Georg Friedrich Heilmann 1785-1862 Bieler Politiker, Offizier und Landschaftsmaler
Eberhard von Hymmen 1784-1854 Landrat des Siegkreises und des Kreises Bonn
Hans von Jacobs 1868-1915 Diplomat, Generaldirektor der Deutschen Levante-Linie
Ernst Knebel 1892-1945 Generalmajor, Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuses mit Eichenlaub
Johann Friedrich Christoph Kortüm 1788-1858 Professor für Geschichte in Bern und Heidelberg
August von Liebermann † 1847 preuß. Minister und Gesandter
Heinrich Eugen Marcard 1806-1883 Mitglied des Reichstags und des preußischen Abgeordnetenhauses
Adalbert Matthaei 1859-1924 Kunsthistoriker, Hochschullehrer in Kiel und Danzig
Albrecht Meckel von Hembsbach 1790-1829 Professor für Chirurgie
Friedrich Chr. von der Mosel † 1858 Landrat in Kleve
Richard Münter † 1938 Generalmajor
Friedrich Wilhelm Müser 1812-1874 Industrieller, Gründer der Harpener Bergbau-AG
Bernhard Christoph Ludwig Natorp 1774-1846 Pädagoge und Theologe, Vizegeneralsuperintendent der Evangelischen Kirche von Westfalen
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Arnold Paulssen 1864-1942 erster thüringischer Staatsminister
Viktor Pfannschmidt † 1878 Bürgermeister von Coswig (Anhalt), Bürgermeister von Lauenburg
Heinrich Robolski 1858-1939 Präsident des Reichspatentamts
Georg Rumler † 1940 Senatspräsident im Reichsversicherungsamt, Direktor des Hauptversorgungsamts Mitteldeutschland
August Sartori 1827-1908 Pädagoge
Karl August Sigismund Schultze 1795-1877 Anatom
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Christoph Wilhelm Heinrich Sethe 1767-1855 Jurist, Chefpräsident des Rheinischen Revisions- und Kassationshofs
Richard von Spalding 1871-1913 Geh. Oberregierungsrat, Vortragender Rat im Reichskolonialamt, stellv. Gouverneur von Deutsch-Ostafrika
Otto Steinmann 1831-1894 Regierungspräsident in Gumbinnen, Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, Mitglied des Reichstags
Friedrich Strauß 1786-1863 Oberhofprediger und Professor für Praktische Theologie an der Universität Berlin
Johann Wilhelm Süvern 1775-1829 Lehrer und Politiker, Reformer der preußischen Schulgesetzgebung, Mitglied der Akademie der Wissenschaften.
Heinrich Ferdinand Philipp von Sybel 1781-1870 Jurist, Vater des Historikers Heinrich von Sybel
Karl Tettenborn 1858-1938 Oberbürgermeister von Altona, Mitglied des Herrenhauses
Wilhelm Freiherr von Zedlitz und Neukirch 1848-1923 Beamter und Politiker, Mitglied des preußischen Herrenhauses

Literatur

  • Oskar Kraft: Einweihung des neuen Korpshauses der Guestphalia-Halle. In: Academische Monatshefte 28 (1911/12), S. 338-340
  • 200 Jahre Corps Guestphalia Halle zu Münster, hrsg. vom Westphalenverein e.V. Halle/Saale, Münster 1989

Weblinks

 Commons: Corps Guestphalia Halle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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