Corps Marko-Guestphalia Aachen

Corps Marko-Guestphalia Aachen

Marko-Guestphalia ist ein Corps (Studentenverbindung), das dem Weinheimer Senioren-Convent (WSC) angehört. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Das Corps pflegt seit jeher das so genannte Toleranzprinzip, d.h. es werden keinerlei religiöse, ethnische oder gar politische Anforderungen an die Mitglieder gestellt. Die Corpsmitglieder werden „Marko-Guestphalen“ (sprich "Marko-Westfalen") genannt. Die Mitglieder rekrutieren sich vorwiegend aus Westdeutschland, dem Haupteinzugsgebiet der RWTH, aber auch aus ganz Deutschland und aus anderen Nationen (zum Beispiel Dänemark, Indien, Italien, Serbien, Türkei, USA, Peru).

Inhaltsverzeichnis

Couleur

Marko-Guestphalia trägt die Farben (lind-)grün-weiß-schwarz mit silberner Perkussion (Bandeinfassung), dazu wird eine (lind-)grüne Mütze getragen. Die Füchse tragen ein Band in (lind-)grün-weiß.

Geschichte

Nach der Grundsteinlegung am 15. Mai 1865 wurde am 10. Oktober 1870 der Lehrbetrieb an der Königlich Rheinisch-Westphälischen Polytechnischen Schule zu Aachen durch feierliche Eröffnung des Hauptgebäudes aufgenommen.[1] In den darauf folgenden Jahren organisierte sich der Studentenbetrieb auch in Form von Verbindungen, die vor allem nach Herkunft der Mitglieder bezeichnet wurden.

Der Vorläufer von Marko-Guestphalia, das Corps Guestphalia, wurde am 2. Dezember 1871 von drei Studenten anderer technischer Hochschulen gegründet, die ihr Studium in Aachen aufgenommen hatten: Granados (Corps Alemannia Karlsruhe), Schmidt-Tychsen und Danco (beide Corps Saxonia Hannover). Das Corps (Marko-)Guestphalia ist damit das älteste Corps in Aachen.

Mit dem ehemaligen Zürcher Corps Rhenania wurde einen Tag später, am 3. Dezember 1871 der Aachener Senioren Convent (ASC), auch Aachener SC genannt, gegründet. Guestphalia wurde am 17. Mai 1872 in den WSC aufgenommen.[2] Viele der damaligen Mitglieder der Guestphalia stammten aus wohlhabenden Unternehmer- und Bankiersfamilien aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland (Amsterdam, Christiansund, Luxembourg, Moskau, Riga, St. Petersburg). Aber nur sieben Jahre später stellte das Corps Guestphalia seinen operativen Betrieb aufgrund von Schwierigkeiten der Studenten und der Verbindungen mit der katholischen Bevölkerung und den dadurch sinkenden Studentenzahlen ein ("Suspendierung").

Am 2. März 1903 gründet sich die Guestphalia mit Hilfe zahlreicher Alter Herren (AH) wieder und verschmilzt (schönes altes Wort für das neudeutsche Merger) ein Jahr später, am 11. November 1904 mit Markomannia zum Corps Marko-Guestphalia. Der WSC versagte seine Zustimmung zur Fusion, da die Markommania nicht pflichtschlagend war. Erst im Frühjahr 1907 wird der Fusion zugestimmt, jedoch mit der Auflage, das die Alten Herren (AH) der Markomannia das dreifarbene Band der Marko-Guestphalia nur dann tragen dürfen, wenn diese mindestens eine Partie nachschlagen („fechten“). Was dann auch geschah.

Insgesamt hat sich ab der Jahrhundertwende das Studentenleben in Aachen erholt, worauf steigende Studentenzahlen und ein wachsendes Studienangebot hinweisen. Mit Beginn des 1. Weltkrieges 1914 und der Einberufung der Studenten kam das studentische Leben zum erliegen. Marko-Guestphalia suspendierte zwar nicht offiziell, wurde jedoch durch Krieg, Besetzung des Rheinlandes durch Frankreich und Belgien sowie zahlreiche Verluste an Corpsbrüdern so stark geschwächt, dass der Corpsbetrieb erst 1919 mit drei Kriegsheimkehrern, die 1914 aufgenommen worden waren, wieder aufgenommen werden konnte.

In den Folgejahren entwickelte sich der Studienbetrieb in Aachen wieder so gut, dass die RWTH ab Mitte der 20er Jahre stark expandiert. In dieser Zeit wurde auch ein Architektenwettbewerb ausgelobt, mit dem Ziel Marko-Guestpahlia ein eigenes Corpshaus zu bauen. Alle klassischen Entwürfe wurden verworfen und man entschied sich für einen Entwurf von Carl Kersten, der der bekannten Stuttgarter Schule angehörte. Das Corpshaus wurde am 3. Juli 1926 eingeweiht.

Im Jahre 1933 wurde unter dem Druck der NS-Regierung wie überall sonst auch in den Studentenverbänden, auch im WSC, der „Ariergrundsatz“ eingeführt. Als man 1934 zudem den Ausschluss der „Judenstämmlinge und jüdisch Versippten“ aus den Verbindungen forderte, boten die jüdischen Corpsbrüder der Marko-Guestphalia den Austritt an, um das Corps nicht zu gefährden. 1934 wurden dann auf Anordnung des Reichsführers der Studenten alle Verbindungen in nationalsozialistische (NS-) Kameradschaften überführt.

Das Studentenleben ließ sich zu dieser Zeit noch so gestalten wie man es vorher durchführte, jedoch nahmen militärische Übungen innerhalb kürzester Zeit deutlich zu und die Studienpläne erlebten eine starke Veränderung.

Ein Jahr später beschließt der WSC am 20. Oktober 1935 seine Auflösung. Gleiches findet für die Marko-Guestphalia statt. Der sogenannte Feierliche Corpsburschenconvent (FCC) beschließt die Auflösung des Corps. Die Aktiven und Inaktiven werden in die AHV (AlteHerren Verband) übernommen. Die AHV nennt sich "Vereinigung ehemaliger Marko- Guestphalen". Band und Mütze des Corps werden weiter getragen. Die aktiven Studenten und ehemaligen Corpsburschen werden Mitglieder des NS-Deutschen-Studentenbund (NSDStB).

Am 30. November 1941 wird die Altherrenschaft der Marko-Guestphalia in die Kameradschaft Klonk überführt und bald darauf das Corpshaus auf die Kameradschaft Klonk übereignet. Das ehemalige Corps betreibt in einem letzten freiheitlichen Aufbäumen noch einen Namenswechsel auf „Arminius" anstelle der Bezeichnung "Kameradschaft Klonk“ (Arminius bezwang die Römer in der „Varus-Schlacht“) .

Nach Kriegsende finden die ehemaligen studentischen Mitglieder der „Arminius“ auf dem Corpshaus der Marko-Guestphalia ein, reparieren das schwerbeschädigte Haus während der nächsten Jahre und nehmen ab WS 1945/46 wieder am Hochschulbetrieb teil.

Ab 25. Februar 1948 darf mit Genehmigung des britischen Hochschuloffiziers eine Studentenverbindung mit dem Namen „Corona Academica“ auf dem (Corps-)haus tätig werden. Im Juli 1950 wird das Corps Marko-Guestphalia wieder gegründet.

1985 trat das Corps Marko-Guestpahlia aus dem sogenannten Aachener Waffenring, einem Zusammenschluss aller schlagenden Verbindungen in Aachen, aufgrund deutlicher politischer Äußerungen bestimmter Verbindungen aus.

Am 12. Oktober 1996 fusioniert Marko-Guestphalia mit Corps Albingia Aachen. Der Name bleibt Marko-Guestphalia. Mit der Fusion wird das Corps eines der mitgliederstärksten im WSC.

Albingia wurde am 23. Januar 1889 in Dresden als Veterinärmedizinische Verbindung an der Königlich-Sächsischen Tierarznei-Schule Dresden gegründet.

Bekannte Mitglieder

  • Walter Ameling (1926-2010), Universitätsprofessor für Allgemeine Elektrotechnik und Datenverarbeitungssysteme an der RWTH Aachen
  • Jean Bêché (1855-1917), Fabrikant, Bêché & Grohs Maschinenfabrik, Hückeswagen, 1932 Konstruktion und Bau des weltweit ersten Gegenschlaghammers für die Gesenkschmiedeindustrie
  • Hans Bluhm, Dr.-Ing. h.c., Direktor der AEG und Vorsitzender des Vereins Deutscher Ingenieure VDI 1947-1952
  • Wilhelm Borchers (1856−1925), Professor für Metallhüttenkunde an der RWTH Aachen, Geheimer Regierungsrat, Rektor der Hochschule und Namensgeber der Auszeichnung für herausragende Promotionsarbeiten der RWTH Aachen
  • Hans Bredow (1879−1955), Ehrendoktor der TH Danzig, Ehrensenator der Technischen Hochschulen Dresden und Stuttgart, Ehrenbürger der Technischen Hochschulen Berlin und Karlsruhe, Gründer des Deutschen Rundfunks, Senator
  • Ernst Diepschlag (1885-1953), Ordinarius für Eisenhüttenkunde der TH Breslau, später Professor für Eisenhüttenkunde und Gießereiwesen an der Bergakademie Freiberg, Rektor der Bergakademie 1947-1949
  • Wilhelm Ellenberger (1848−1929), Professor für Veterinärmedizin an der Tierärztlichen Hochschule Dresden, Königlich Sächsischer Geheimrat, Rektor der Hochschule und Namensgeber des Nachwuchsförderpreises der veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig
  • Karl-Otto Frielinghaus (1913-2000), Pionier der Kinotechnik, Professor für Foto- und Kinotechnik an der TU Illmenau
  • Hans Gissel (*1931), AEG-Vorstand für Nachrichtentechnik, Verteidigungstechnik und Forschung, IEC-Präsident 1993–1995
  • Ricardo Garcia Granados, Botschafter Mexikos in San Salvador und Kuba, Politiker, Schriftsteller, Träger des preußischen Kronenordens
  • Heinz Gries (1903-1975), Techn. Vorstand Buderus´sche Eisenwerke, Wetzlar
  • Franz Ibach (1899-1992), Fabrikant, Ibach Werkzeugfabrik, Remscheid
  • Paul Knufinke (*1932), Universitätsprofessor für Markscheidewesen, Bergschadenkunde und Geophysik im Bergbau an der RWTH Aachen, siehe u.a. Hängetheodolit
  • Fritz Marguerre (1878−1964), Vater der Mannheimer Fernwärme, u.a. Erfinder der Voith-Marguerre-Kupplung, 1952 Bundesverdienstkreuz, 1954 Ehrenbürger Mannheims
  • Ludwig Maybaum (1898-1988), Fabrikant, Metallwarenfabrik Maybaum, Sundern
  • Kurt Möbius (1908-1993), Chemiker und Ingenieur, Feuerschutzpionier, Landesbranddirektor in Hessen, Herausgeber Handbuch des vorbeugenden Brandschutzes
  • Eberhard Möllmann (*1931), Vorortsprecher des WSC 1954/55, Techn. Vorstand Buderus´sche Eisenwerke, Wetzlar, Präsident Verein Deutscher Gießereifachleute, Präsident Deutsches Institut für Normung DIN, Präsident International Standard Organisation ISO
  • Rolf Murmann (*1934), Unternehmer, Zöllner Signal GmbH, Kiel
  • Walter Murmann (1899-1980), Unternehmer, Gründer der Unternehmensgruppe J.P. Sauer & Sohn, Kiel
  • Harald Ortwig (*1959), Professor für Fluidtechnik, Hydraulik und Pneumatik an der Fachhochschule Trier
  • Michael Pohl (*1943), Universitätsprofessor für Werkstoffprüfung an der Ruhr Universität Bochum
  • Bernhard Salomon (1855−1936), 1900 bis 1933 Generaldirektor W. Lahmeyer & Co, später Electrizitäts AG, später in RWE aufgegangen, zuvor Professor an der RWTH
  • Fritz Schilbock, Direktor der Ingenieurabteilung, 1947-1950 Vorstand Henkel & Cie., Düsseldorf
  • Johannes Schmidt (1870-1953), Professor für Spezielle Pathologie, Therapie der Haustiere und Gerichtliche Tiermedizin an der Tierärztlichen Hochschule Dresden und der Universität Leipzig
  • Wolf Dieter Schneider (*1947), Aufsichtsratsvorsitzender Deutsche Gießerei- u. Industrie-Holding AG, Honorarprofessor Optimierung Gießereitechnischer Prozesse an der TU Bergakademie Freiberg
  • Hermann Sinnhuber, Direktor der Norddeutschen Kabelwerke AG, Berlin-Neukölln, Ehrendoktor der RWTH Aachen 1929
  • Karl Wilhelm Specht (1894−1953) General der Infanterie im Zweiten Weltkrieg, 60. Träger des Eichenlaubs zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. [3]
  • Peter Speich (*1922), Techn. Vorstand Rheinbraun AG, Köln, Ehrenbürger der RWTH Aachen 1989
  • Alfred Trautmann (1884−1952) Human- und Veterinärmediziner, Professor für Histologie und Embryologie an der Tierärztlichen Hochschule Dresden und der Universität Leipzig, später Leiter des Physiologischen Instituts der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Rektor der TiHo 1945-1948
  • Dieter Wellershoff (1933−2005), Admiral der Bundesmarine, Generalinspekteur der Bundeswehr 1986−1991
  • Andreas Wirtz, Unternehmer, Firma Dalli-Werke GmbH & Co. KG, Stolberg, u.a. mit den Marken/Tochterfirmen Mäurer & Wirtz, Grünenthal GmbH

Träger der Klinggräff-Medaille

Mit der Klinggräff-Medaille des Stiftervereins Alter Corpsstudenten wurden ausgezeichnet:

  • Marius Fischer (2008)
  • Dirk Steinebach (Albingia) (1993)

Literatur/Quelle

  • K. Rosenbach, H. Ortwig, C. Vogel: Geschichte des Corps Marko-Guestphalia an der RWTH Aachen 1871 bis 2001, Aachen 2003, ISBN 3-00-011065-8.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hans Schüler: Weinheimer S.C.-Chronik, S. 543, Darmstadt 1927
  2. Paulgerhard Gladen: Geschichte der studentischen Korporationsverbände, Band 1, S. 49, Würzburg 1981
  3. CORPS - das Magazin (Deutsche Corpszeitung), 110 Jahrgang, Heft 1/2008, S. 25

Weblinks


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