Dampfüberhitzung

Dampfüberhitzung

Ein Überhitzer ist ein Teil einer Dampfkesselanlage, bei der Wasserdampf über seine Verdampfungstemperatur hinaus weiter erhitzt wird, um in der folgenden Wärmekraftmaschine einen möglichst hohen Carnot-Wirkungsgrad zu erzielen.

Anordnung des Überhitzers im Kessel
Lokomotivkessel mit Heiz-(grün), Rauch-(gelb) und Überhitzerrohren (rot)

Diesen Dampf nennt man überhitzten Dampf oder Heißdampf oder Frischdampf. Die Dampftemperatur liegt oberhalb der Sättigungstemperatur (Rückkondensationspunkt). Im Falle von Wasserdampf mit einem Druck von 1,013 bar ist der Dampf dann überhitzt, wenn seine Temperatur über dem atmosphärischen Siedepunkt liegt, also über 100 °C.

Kesselanlagen werden mit Überhitzern ausgerüstet, wenn Arbeitsmaschinen (Dampfturbine oder Dampfmotor) angetrieben werden. Die Überhitzung beim Betrieb von Dampfturbinen dient der Erhöhung des Anlagenwirkungsgrades und vermeidet eine Schädigung der Turbinenschaufeln durch kondensierte Flüssigkeitstropfen. Zur besseren Energieausnutzung des erzeugten Dampfes wird bei Kraftwerken mit höheren Dampfdrücken eine Zwischenüberhitzung eingebaut. Die Hochdruckturbine ist so ausgelegt, dass der Dampf hinter der Turbine eine Enthalpie aufweist, die eine geringfügige Kondensation von Wasserdampf zulässt. Der entnommene Dampf wird nunmehr im Zwischenüberhitzer (ZÜ) des Dampfkessels nochmals erhitzt und kann dann auf eine Niederdruckturbine geleitet werden.

Bei Anlagen mit mehrstufigen Arbeitsmaschinen (Verbundwirkung) wird auch zwischen den einzelnen Stufen eine Zwischenüberhitzung angewandt, das heißt, der Dampf wird von der ersten Stufe der Arbeitsmaschine wieder zum Kessel geführt, dort erneut aufgeheizt und zur nächsten Stufe der Arbeitsmaschine geleitet, um die Vorteile des Heißdampfes möglichst für den gesamten Prozess zur Verfügung zu haben.

Überhitzer wurden erstmals um 1890 von Wilhelm Schmidt (Heißdampf-Schmidt), einer Anregung Carl von Lindes folgend, ausgeführt und etablierten sich rasch in stationären Anlagen. Auch Dampflokomotiven wurden kurze Zeit später mit Überhitzern ausgerüstet.

Überhitzer in Kraftwerken

Es wird unterschieden zwischen Strahlungsüberhitzern, die auch der Wärmestrahlung der Flamme ausgesetzt sind und Berührungsüberhitzern, die nur durch den konvektiven Wärmeübergang von dem Rauchgas beheizt werden. Überhitzer werden in Wasserrohrkesseln oft als Schottenüberhitzer ausgeführt. Es handelt sich dabei um Rohranordnung mit 180°-Umlenkungen, die in einer Ebene liegen und vertikal aufgehängt sind. Die Rohrabstände sind so bemessen, dass die Verschmutzung und Brückenbildung durch Rußablagerungen zwischen den Rohren minimiert ist. Bei starkem Rußanfall müssen Rußbläser eingebaut werden, die mittels Luft oder Dampf die Verschmutzungen von den Rohren abblasen.

Bei Naturumlaufkessel wird der Nassdampf über einen Tröpfchenabscheider aus der Trommel entnommen und dem Überhitzer zugeführt. Der Überhitzer besteht meistens aus Teilüberhitzerflächen, die entsprechend der Strömungsrichtung des Heißdampfes nummeriert sind. Der Dampf von der Trommel wird zuerst in den Überhitzerteil 1 geleitet, der als letzter im Rauchgasweg angeordnet ist. Die weiteren Überhitzer sind in Gegenrichtung zum Rauchgasstrom - also zum heißeren Bereich hin - angeordnet. Die einzelnen Teilüberhitzer bilden somit eine Gegenstromanordnung. Der Vorteil ist eine günstigere mittlere Temperaturdifferenz zwischen Rauchgastemperatur und Heißdampftemperatur im jeweiligen Überhitzerteil. Damit wird der Wirkungsgrad durch eine bessere Ausnutzung der Rauchgasenthalpie erhöht und es wird eine Schonung der Überhitzerrohre erreicht.

Aufgrund von Lastschwankungen und insbesondere durch Rußablagerungen wird der Wärmeübergang zum Überhitzer stark beeinflusst. Daher ist es notwendig, die Überhitzungstemperatur zu regeln. Bei neuen Anlagen wird dies meistens durch eine Einspritzung von Kesselspeisewasser zwischen den Teilüberhitzern erreicht, die über die Austrittstemperaturen an dem jeweiligen Überhitzer geregelt wird. Eine andere Variante ist die Heißdampfkühlung. Der Heißdampf wird dabei durch eine Rohrschlange geleitet, die im wassergefüllten Teil der Dampftrommel angeordnet ist. Das kältere Trommelwasser mit der Sattdampftemperatur kühlt somit den Heißdampf; der Wärmeinhalt bleibt im System.

Im Kraftwerksbereich werden heute je nach eingesetztem Brennstoff und Größe der Anlage Dampftemperaturen von 420 bis 570 °C erreicht, die Entwicklung tendiert bei Großkraftwerken zu Dampftemperaturen von 600 °C und darüber. Jedoch vollzieht sich die Entwicklung nur in sehr kleinen Schritten, da über die Zeitstandfestigkeit der Wärmetauschermaterialien bei diesen Temperaturen und Drücken von bis zu 250 bar noch vergleichsweise wenig bekannt ist.

Beim Anfahren von Dampfkesseln mit Überhitzern muss darauf geachtet werden, dass eine Mindestdampfmenge immer durch den Überhitzer zum Anfahrventil strömt, um eine Überhitzung zu vermeiden. Die Sicherheitsventile sind hinter dem Überhitzer angeordnet. Bei absperrbaren Überhitzern muss auch ein Sicherheitsventil an der Dampftrommel installiert sein. Die Sicherheitsventile werden so eingestellt, dass das Ventil hinter dem Überhitzer früher als das an der Trommel öffnet. So ist sichergestellt, dass auch beim Ansprechen der Überdruckabsicherung der Überhitzer durchströmt wird.

Überhitzer in Dampflokomotivkesseln

Konstruktiv ist die Überhitzereinrichtung in modernen Dampflokomotiven so ausgeführt, dass der Dampf vom Dampfdom in zahlreiche U-förmig gebogene Rohren geleitet wird, die in die Rauchrohre des Dampfkessels hineinragen. Durch den abermaligen Kontakt mit der Hitze der Verbrennungsgase wird der Dampf auf 300 bis 400 Grad erhitzt, und auch die feinen Wassertröpfchen verdampfen. Ohne weitere Druckerhöhung enthält damit der Dampf mehr Energie, zudem geht auf dem Wege zu den Zylindern kein Dampf durch Kondensation in den Rohrleitungen verloren. Zusätzlich senkt die geringere Dichte des Heißdampfes den Kohleverbrauch um etwa 20% und den Wasserverbrauch um bis zu 45%.

Die hohen Temperaturen machen jedoch bei Kolbenmaschinen den Einsatz geeigneter Schmiermittel (Heißdampföle) erforderlich. Diese haben im Vergleich zu Ölen für den Betrieb mit Naßdampf eine höhere Viskosität und einen höheren Flammpunkt.

Literatur

  • Fritz Mayr: Kesselbetriebstechnik. 10. Auflage. 2003, ISBN 3-930039-13-3
  • Leopold Niederstrasser: Leitfaden für den Dampflokomotivdienst. ISBN 3-921700-26-4
  • Autorenkollektiv: Die Dampflokomotive. Transpress, ISBN 3-344-70791-4

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