Deliktsfähig

Deliktsfähig
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Deliktsfähig ist eine Person, die nach dem Privatrecht für einen von ihr vorsätzlich oder fahrlässig angerichteten Schaden Ersatz leisten muss. Die Frage der Schadensersatzpflicht wird in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch BGB durch den §823BGB geregelt.

Inhaltsverzeichnis

Deliktsunfähigkeit Minderjähriger

Eine Person, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist danach nicht deliktsfähig. Sie ist also für einen fahrlässig oder vorsätzlich angerichteten Schaden nicht verantwortlich und kann somit auch nicht haftbar gemacht werden. Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat. Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. (§ 828 BGB)

Aufsichtspflichtverletzung

Sollten die Erziehungsberechtigten jedoch ihre Aufsichtspflicht (§ 832 BGB) verletzt haben, so können diese unter Umständen zur Verantwortung gezogen werden. Keine Verantwortung besteht, wenn der Aufsichtspflichtige seiner Aufsichtspflicht genügt hat und der Schaden dennoch eingetreten ist. Die Aufsichtspflicht kann auch vertraglich übernommen werden. Bei beschützenden Einrichtungen (Krankenhäuser, Pflegeheime) ist diese Aufsichtspflicht auch dann durch die Einrichtung übernommen, wenn nach den Gesamtumständen nichts anderes erwartet werden kann. Eine ausdrückliche Regelung ist dann entbehrlich (BGH NJW 1985, 677 = VersR 1984, 460).

Haftung aus Billigkeitsgründen

Darüber hinaus besteht nach § 829 BGB eine Haftung aus Billigkeitsgründen (Gerechtigkeit), nach der ein Nichtdeliktsfähiger trotzdem den Schaden ersetzen muss, wenn dies die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, eine Schadloshaltung erfordert und dem Schädiger nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum angemessenen Unterhalt sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Mit anderen Worten: der Schädiger, der so reich ist, dass er durch die Leistung des Schadensersatzes nicht wesentlich beeinträchtigt wird, muss für den Schaden ganz oder teilweise aufkommen. Daher wird § 829 BGB gelegentlich auch "Millionärsparagraph" genannt.

Wenn ein Deliktsunfähiger einen Schaden anrichtet, muss auch seine (private) Haftpflichtversicherung für den angerichteten Schaden nicht aufkommen.

Deliktsunfähigkeit Volljähriger

Personen, die unter rechtlicher Betreuung§ 1896 ff. BGB) stehen, sind dadurch nicht in der Deliktfähigkeit beschränkt (Parallele zur Geschäftsfähigkeit) (§ 104 BGB). Beim Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) jedoch sieht es anders aus. Die Geschäftsfähigkeit wird durch den Einwilligungsvorbehalt durch den Verweis auf die §§ 108 ff. BGB eingeschränkt, nicht jedoch die Deliktsfähigkeit. Hier kommt es ausschließlich auf den konkreten psychischen Zustand zum Zeitpunkt der Schadensverursachung an. Sowohl Bewusstlosigkeit als auch psychische Krankheiten (einschl. schwere geistige Behinderungen und Hirnabbauprozesse, wie beim Korsakow-Syndrom) führen zur Deliktsunfähigkeit. Selbst verursachte Rauschzustände führen wiederum anders als bei der Geschäftsfähigkeit (siehe § 105 BGB) nicht zur Deliktsunfähigkeit.

Zusammenfassung

Deliktsfähigkeit ist die Fähigkeit für eine unerlaubte Handlung (Delikt) verantwortlich gemacht zu werden (§ 823 BGB). Deliktfähig sind alle Personen, die nicht deliktsunfähig und nicht bedingt deliktsfähig sind:

Deliktsunfähig sind

  • Kinder bis zum 7. vollendeten Lebensjahr (§ 828 Abs. 1 BGB).
  • Kinder bis zum 10. vollendeten Lebensjahr, wenn sie einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn verursachen und nicht vorsätzlich handeln (§ 828 Abs. 2 BGB)
  • Bewusstlose und psychisch kranke Menschen, sofern sie einen vorübergehenden Zustand solcher Art nicht selbstverschuldet verursacht haben (bspw. durch Drogen- oder übermäßigen Alkoholkonsum) (§ 827 BGB)

Bedingt deliktsfähig sind

  • Kinder vom 7. bis zum 18. Lebensjahr (§ 828 Abs. 3 BGB)

Die beschränkte Deliktsfähigkeit Taubstummer wurde zum 1. August 2002 abgeschafft.

Literatur

  • Frank Czerner, “Minderjährige hinter Schloß und Riegel?“ Freiheitsbeschränkende bzw. -entziehende Maßnahmen gegenüber Kindern, und Jugendlichen, Pdf-Dokument.
  • Stephan Loheit: Die Deliktsfähigkeit Minderjähriger. Insbesondere das Verhältnis von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3714-9. 

Siehe auch

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