Delrio

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Martin Anton Delrio (* 17. Mai 1551 in Antwerpen; † 19. Oktober 1608 in Löwen) war Jesuit und Hexentheoretiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Martin Anton Delrio wurde 1551 als Sohn eines spanischen Edelmannes in Antwerpen geboren. Schon früh wurde wohl seine außergewöhnliche Begabung erkannt, was sich vor allem auf dem Gebiet der Sprachenbeherrschung zeigte. Er lernte in der Schule nicht nur die alten Sprachen Latein, Griechisch, Hebräisch und sogar Chaldäisch, sondern beherrschte auch Flämisch, Spanisch, Italienisch und Deutsch.

Er studierte zunächst in Paris und erwarb dort den Grad eines Magisters der Philosophie, bevor er sich in Leuven dem Studium der Rechtswissenschaften widmete. Dieses setzte er in Salamanca fort und promovierte schließlich 1574 in Jura.

In seine Studienzeit fällt wahrscheinlich auch der Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit, wobei er sich anfangs auf das Edieren und Kommentieren lateinischer Autoren wie etwa Livius, Seneca oder Claudian beschränkte.

Seit 1575 befand er sich nach einer Berufung durch den spanischen König Philipp II. als Senator im Regierungskollegium in Brabant. 1577 wurde er dann bereits Generalauditor der Armee, dann Vizekanzler und schließlich Generalprokurator - was alles für seine hohen Qualitäten spricht.

Allerdings fühlte er sich in der Politik offensichtlich letztendlich nicht sehr wohl, wozu auch die andauernden Unruhen in den Niederlanden beigetragen haben mögen. Er legte im Jahre 1580 alle öffentlichen Ämter nieder, ging nach Spanien und trat dort am 9. Mai 1580 in Valladolid in den Jesuitenorden ein. Jedoch wurde er von seinem Orden zum Theologiestudium wieder zurück nach Leuven geschick. Dieses setzte er später in Mainz fort. Von 1589 bis 1604 wirkte er dann selbst als Professor der Philosophie, Moraltheologie und der Heiligen Schrift an den jesuitischen Lehranstalten in Douai, Zürich, Leuven und Graz.

Am 19. Oktober 1608 starb Martin Anton Delrio, krank und erschöpft von einem gelehrten Leben, für das er den Ausspruch des von ihm verehrten Philosophen Sokrates "Errare, hominis esse ..." in die Forderung "Scientes, errata corrigere" umwandelte.

Das Hexentraktat

Als berühmtestes schriftstellerisches Werk des Hexentheoretikers Martin Anton Delrio ist sein Hexentraktat Disquisitionum magicarum libri sex, das er 1599 in Leuven verfasste und dort auch drucken ließ. Obwohl es mehrere Auflagen erlebte, muss seine Wirkung für ein 'breites' Publikum ausgeschlossen werden, da es niemals übersetzt wurde und somit nur den Latein sprechenden Gelehrten zugänglich war und ist.

Er liefert mit dieser Schrift ein annähernd umfassendes Kompendium aller wichtigen, bisher erschienenen Hexentraktate. So verweist er beispielsweise auf den Hexenhammer oder auf das Werk von Jean Bodin. Damit liefert er seinen Lesern gleichzeitig ein umfassendes Bild der Entwicklung der Hexenlehre und des Dämonologieglaubens. Für ihn sind der Glaube an Besessenheit, die Notwendigkeit von Teufelsaustreibungen und verschiedene Arten von Schadenszauberei wichtige Bestandteile der christlichen Lehre. Dabei betont er, dass er sich überhaupt keinerlei Arten von Zauberei ohne Ketzerei vorstellen kann. Somit stellt auch die Weiße Magie für Delrio ein verfolgungsrelevantes Verbrechen dar.

Nach einem einführenden Prolog, in dem Delrio die Nützlichkeit seines Traktates betont, gibt er folgende Übersicht über den Inhalt seiner nun folgenden sechs Bücher zur Hexenlehre:

  • Lib. I. De Magia generatim, & de Naturali, Artificiali, & Praestigiatrice agitur.
  • Lib. II. De Magia Daemoniaca & eius efficacitate.
  • Lib. III. De Maleficio & vana observatione.
  • Lib. IV. De Prophetia, Divinatione, & Coniextatione.
  • Lib. V. De Iudicis officio & ordine iudiciario in hoc crimine.
  • Lib. VI. De officio confessarii, ac remediis licitis illicitis.

Delrio erhoffte sich von seinem Werk, es möge als eine Art Handbuch für Richter dienen. Deshalb geht er bei der Darstellung nach folgendem Schema vor:

  • Beschreibung eines typischen Hexenverbrechens
  • Veranschaulichung durch ein 'historisch' nachgewiesenes Fallbeispiel (meist entnommen aus einem der Werke seiner Vorgänger)
  • Schlussfolgerung aus den vorangegangenen Punkten, dass es sich um einen Fall des Zaubereiunwesens handele und dass die Beklagte als Hexe überführt werden müsse
  • Forderung nach Befragung der Angeklagten - und zwar so lange bis das Geständnis erfolgt, wenn nötig unter Anwendung der Folter
  • Betonung, dass das erfolgte Geständnis nicht nur ein Beweis für die Gültigkeit der Hexenlehre ist, sondern auch zeige, dass hier zu recht das Inquisitionsverfahren mit Anwendung der Folter erfolgt ist.

Dieses Beweisverfahren veranlasste den Hexenverfolgungsgegner Christian Thomasius folgendes Bild von Delrios Traktat aufzustellen:

„Anno 1599 hat der Martinus Delrio ein Jurist sechs Bücher geschrieben von der Zauberey, worinn er als ein sehr belesener Mann, alle Fabeln zusammen gebracht, und weil er nach Art der Scolastiker disputiert, hat er mit desto größerem Nachdruck die persuasion von dem pacte derer bösen Geister mit denen Hexen, und von dem Glauben welchen man den Bekänntnüssen deren Hexen beylegen müssen, denen Leuten beygebracht. Denn weil er gesehen, so führet er solche Scribenten noch zum Überfluß an.“

Werke

  • Die Chronik über Don Juan de Austria und den Krieg in den Niederlanden. - Wien : Verl. für Geschichte und Politik, 2003
  • Commentarius litteralis in Threnos. - Paris : s.n., 1608
  • Disquisitionum Magicarum libri sex, quibus continetur accurata curiosarum artium, et vanarum superstitionum confutatio, utilis Theologis, Iurisconsultis, Medicis, Philologis. - Mainz : Henning, 1624
  • Disquisitionum et Responsionum magiarum Libri Quatuor. In quibus de Magia naturalis, supernaturalis, Licita, Illicita, deque Daemonum aperta vel occulta interventione, pactis, conunetionibus, societate, maleficiis accurate dilucide pertractur, Frankfurt, 1625 [1]
  • Historia Belgica seu commentarius brevis rerum in belluo gestarum sub tribus eiusdem gubernatoribus Comitee Mansfeldio ... - Köln : s.n., 1611

Literatur

  • Christian Thomasius: Vom Laster der Zauberei. Hrsg. u. überarb. von Rolf Lieberwirth. 2. Aufl. dtv, München 1987 (Beigef. Über die Hexenprozesse; Repr. d. Ausg. Weimar 1967)
  • Edda Fischer: Die „Disquisitionum Magicarum libri sex“ von Martin Delrio als gegenreformatorische Exempel-Quelle. Univ. Diss., Frankfurt am Main 1975
  • Petra Nagel: Die Bedeutung der „Disquisitionum Magicarum libri sex“ des Martin Delrio für das Verfahren der Hexenprozesse. Frankfurt am Main 1995

Weblinks


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