Demographische Katastrophe

Demographische Katastrophe
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Demografische Katastrophe bezeichnet einen außerordentlich drastischen Bevölkerungsrückgang mit langfristigen Auswirkungen auf die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen einer Bevölkerung bis hin zur Entvölkerung größerer Gebiete oder bis zum völligen oder fast vollständigen Zusammenbruch einer Population.

Der Begriff „Demografische Katastrophe“ wird oft schlagwortartig und stark wertend gebraucht - so, wenn z. B. im Zusammenhang mit dem Geburtenrückgang in westlichen Industrienationen von einer „d. K.“ die Rede ist.[1] Im Vergleich mit geschichtlichen Ereignissen - oder auch mit den sich abzeichnenden Auswirkungen der HIV-Epidemie im südlichen Afrika - kann jedoch von einer „Katastrophe“ nicht die Rede sein. Der Begriff „demografische Katastrophe“ ist vielmehr von der Vielzahl von Phänomenen des einfachen Bevölkerungsrückgangs zu trennen.

In der heutigen Forschung überwiegt die Meinung, dass man bei dauerhaften Bevölkerungsrückgängen großen Ausmaßes von einer Vielzahl von sich ergänzenden Faktoren ausgehen muss, die sich auf so unterschiedliche Bereiche wie Sozialstruktur, Wirtschaftsweise, Siedlungsweise, Klima, Ressourcennutzung, Krankheiten, Sucht, Verfolgung usw. erstrecken. In vielen Fällen kommt ein langfristiger Bevölkerungsrückgang großen Ausmaßes nur durch die über einen gewissen Zeitraum länger andauernde Wirkung der Faktoren zum Tragen. So haben etwa Untersuchungen zur Auswirkung der großen Pestepidemien im 14. Jahrhundert gezeigt, dass es die wiederholte Heimsuchung durch die Pest war, die zu einem dauerhaften Bevölkerungsrückgang führte. Entscheidend für einen langfristigen Bevölkerungrückgang ist weniger ein einzelnes Sterbeereignis als vielmehr eine Veränderung der absoluten realisierten Reproduktionszahlen.

Ein weniger wertender, aber auch unspezifischerer Begriff ist demografische Krise.

Berühmte Beispiele für demografische Katastrophen in der Geschichte sind:

  • Der Rückgang der römischen Bevölkerung in der Spätphase des römischen Reiches, z. T. fast zeitgleich mit einem vor allem durch Seuchen hervorgerufenen Bevölkerungsrückgang in China
  • Der Bevölkerungsrückgang in der Zeit des Mongolensturms, vor allem hervorgerufen durch die Zerstörung der bäuerlichen und z. T. städtischen Lebensgrundlage der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten
  • Der Bevölkerungsrückgang in Europa im 14. Jahrhundert hervorgerufen durch die Pest
  • Der Bevölkerungsrückgang in Amerika im Gefolge der spanischen Eroberung, das in Zahlen wahrscheinlich größte Massensterben überhaupt (über die Ursachen gibt es z. Zt. noch heftige Kontroversen; sollten sich die Forschungensergebnisse und Mutmaßungen zum Zusammenbruch der Tupí-Bevölkerung am Amazonas bestätigen, so wird in Zukunft der Anteil von Krankheiten am millionenfachen Massensterben der Indianer wieder höher bewertet werden)[2]
  • Der Bevölkerungsrückgang in Mitteleuropa zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, hervorgerufen u. A. durch Seuchen und Nahrungsengpässe der Bevölkerung (letzteres auch bedingt durch eine neue Form der Soldatenversorgung)
  • Die Hungersnot in Irland, bekannt als „Great famine“, mit nachhaltigen Auswirkungen auf die irischen Bevölkerungszahlen durch die bis zu einer Million Toten und vor allem die nachfolgende Auswanderung zahlreicher Iren in die USA, nach England und die britischen Kolonien

Belege

  1. Vgl. zum Schlagwort im deutschen Kontext: Klaus Bingler, Gerd Bosbach: Kein Anlass zu Furcht und Panik : Fakten und Mythen zur „demographischen Katastrophe“. In: Deutsche Rentenversicherung (Hrsg.: Verband Deutscher Renten-Versicherungsträger) 11-12(2004), S. 725-749, für eine dramatischere Einschätzung siehe Herwig Birg: Die demographische Zeitenwende : Der Bevölkerungsrückgang in Deutschland und Europa. 3. Auflage München: Beck, 2003.
  2. Vgl. zur Annahme einer sehr hohen Bevölkerung im präkolumbianischen Amerika: Charles C. Mann: 1491 : New Revelations of the Americas. Before Columbus. New York 2005. Jörg Blech: Dreckige Eroberer. In: Der Spiegel, 42(2005), S. 217.

Siehe auch


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