Demokratiemessung

Demokratiemessung

Der Begriff Demokratiemessung bezeichnet in der Politikwissenschaft und der Demografie den Versuch, die Länder der Erde in verschiedene Grade, also nach Demokratie gestaffelte Kategorien einzuteilen. Dabei korrelieren unterschiedliche Messmethoden oft miteinander.

Inhaltsverzeichnis

Dichotome Messungen

Dichotome Messungen bewerten ein Land entweder als demokratisch oder als nicht demokratisch.

ACLP

Ein Beispiel für eine dichotome Demokratiemessung ist ACLP. Diese Methode ist nach den Anfangsbuchstaben der Nachnamen der beteiligten Wissenschaftler benannt (Michael Alvarez, José Antonio Cheibub , Fernando Limongi und Adam Przeworski). Die ACLP-Messung beginnt mit dem Jahr 1946 und definiert Demokratien als jene Länder, in denen die Regierenden durch freie Wahlen bestimmt werden. Weiterhin stellt sie dafür vier Bedingungen:

  1. einen frei gewählten Regierungschef,
  2. ein frei gewähltes Parlament,
  3. mindestens zwei Parteien treten zu Wahlen an,
  4. es hat mindestens ein Regierungswechsel unter identischem Wahlrecht stattgefunden.

Dabei zeigte die ACLP-Messung auch Probleme. Japan wurde aufgrund der vierten Bedingung bis 1993 als Diktatur klassifiziert. Dort regierte die LDP von 1955 bis 1993 ununterbrochen.

Kontinuierliche Messungen

Kontinuierliche Messungen bewerten ein Land als mehr oder weniger demokratisch.

Polity IV

Weltkarte des Polity IV Reports 2003. Je heller ein Land dargestellt ist, desto demokratischer ist es.

Ein Beispiel für eine kontinuierliche Messung ist Polity IV. Dabei werden zwei voneinander getrennte Messungen für die Variablen Demokratie und Autokratie durchgeführt. Für jedes Land werden auf jeder Skala Werte von 0 bis 10 vergeben. Der Polity-IV-Wert berechnet sich dann aus dem Demokratie-Wert minus dem Autokratie-Wert. Daraus resultiert eine kontinuierliche Skala von -10 (maximal autokratisch) bis +10 (maximal demokratisch). Bei Polity IV gibt es fünf Dimensionen, durch die der Grad der Demokratie und Autokratie festgestellt werden können.

  1. Wie kompetitiv ist der Wettbewerb um Regierungsmacht?
  2. Wie offen ist der Wettbewerb um Regierungsmacht?
  3. Inwieweit ist die Macht der Regierung eingeschränkt?
  4. Wie ist die politische Beteiligung reguliert (Inklusion)?
  5. Wie kompetitiv ist die politische Beteiligung?

Freedom House

Klassierung der Länder nach Grad ihrer Freiheit – Bericht 2008 Freedom in the World
  • frei
  • teilweise frei
  • nicht frei

Die Forschungseinrichtung Freedom House erstellt einen jährlichen Bericht, "Freedom in the World", in dem sie den Grad an Demokratie und Freiheit in Nationen und bedeutenden umstrittenen Territorien auf der ganzen Welt bewertet. Die Politischen Rechte und die bürgerlichen Freiheiten werden dabei auf einer Skala von 1 (am freiesten) bis 7 (am wenigsten frei) angegeben.

Staaten, bei denen der Durchschnittswert für Politische und Bürgerliche Freiheiten zwischen 1,0 und 2,5 liegt, gelten als "frei". Staaten mit Werten zwischen 3,0 und 5,0 gelten als "teilweise frei" und jene mit Werten zwischen 5,5 und 7,0 als "unfrei".

Demokratieindex

Eine ebenfalls kontinuierliche Messung des Demokratiegrades verschiedener Länder ist seit 2006 der Demokratieindex der Zeitschrift The Economist. Innerhalb dieses Index' spricht man von zwei Demokratietypen und zwei Regimetypen: Vollständige Demokratien und unvollständige Demokratien sowie Hybridregime und autoritäre Regime. Der Demokratieindex behandelt 167 verschiedene Länder.

Demokratiebarometer

Die Qualität kann mittels eines Demokratiebarometers gemessen werden. Dieses wurde von der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Berlin entwickelt und untersucht, wie sich die weltbesten Demokratien zwischen 1975 und 2005 verändert haben. Ziel ist dabei, wie bereits erwähnt, die Qualität einer Demokratie, d.h. die Qualität der Demokratie in einem Land, zu messen, um anschließend verschiedene (demokratische) Länder betreffend Demokratie vergleichen zu können. In das Demokratiebarometer fließen Kriterien wie Rechtsstaatlichkeit, Transparenz, Partizipation, politischer Wettbewerb, Gewaltenkontrolle und die Fähigkeit, demokratische Entscheidungen umzusetzen, ein. An der Aussagekraft und Korrektheit wird teils jedoch stark gezweifelt, da u.a. die Schweiz, ein für direkte Demokratie bekanntes Land, schlechter abschneidet als z.B. die USA.[1][2]

Siehe auch

Demokratieskala Vanhanen-Index

Literatur

  • Hans Joachim Lauth: Demokratie und Demokratiemessung, Wiesbaden 2004.
  • Hans Joachim Lauth, Gert Pickel, Christian Welzel (Hrsg.): Demokratiemessung, Wiesbaden 2000.
  • Susanne Pickel, Gert Pickel: Politische Kultur- und Demokratieforschung. Grundbegriffe, Theorien, Methoden. Eine Einführung. Wiesbaden 2006 (VS Verlag).
  • Thomas Müller, Susanne Pickel: Wie lässt sich Demokratie am besten messen? Zur Konzeptqualität von Demokratieindizes. In: Politische Vierteljahresschrift 3/2007.
  • Manfred G. Schmidt: Demokratietheorien. Eine Einführung, Opladen 1995; 3. Auflage: Wiesbaden 2000 (Nachdruck 2006) (VS Verlag).
  • Patze, Peter: 'Wie demokratisch ist Russland? Ein tiefenorientierter Ansatz zur Messung demokratischer Standards', Baden Baden 2011.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. IP 15: Demokratiebarometer.
  2. http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2011/01/27/Schweiz/Schweizer-Demokratie-nur-graues-Mittelmass?WT.zugang=front_na4

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