Der fremde Sohn

Der fremde Sohn
Filmdaten
Deutscher Titel Der fremde Sohn
Originaltitel Changeling
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 2008
Länge ca. 140 Minuten
Altersfreigabe FSK ab 12
JMK 14[1]
Stab
Regie Clint Eastwood
Drehbuch J. Michael Straczynski
Produktion Brian Grazer,
Ron Howard,
Robert Lorenz
Musik Clint Eastwood
Kamera Tom Stern
Schnitt Joel Cox
Besetzung

Der fremde Sohn (Originaltitel: Changeling; engl.: Wechselbalg, Kuckuckskind) ist ein US-amerikanischer Thriller aus dem Jahr 2008. Regie führte Clint Eastwood; das Drehbuch, basierend auf dem wahren Fall der Wineville-Chicken-Morde, schrieb J. Michael Straczynski.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Los Angeles im Jahr 1928. An einem Samstagmorgen verlässt Christine Collins das Haus und geht zur Arbeit. Bei ihrer Rückkehr ist ihr Sohn Walter verschwunden.

Fünf Monate später wird ein neunjähriger Junge gefunden, der behauptet, Christines Sohn zu sein. Doch während die Polizei ihren Erfolg feiert, ist sich Christine sicher, dass dieser Junge nicht ihr Sohn ist. Mit ihren Bemühungen, die Verwechslung zu beweisen, stößt sie bei der korrupten Polizei auf Widerstände. Weder die nicht übereinstimmenden Zahnbefunde noch die Tatsache, dass der neue Walter zehn Zentimeter kleiner ist, werden anerkannt; die Polizei betrachtet den Fall als abgeschlossen. Christines vehemente Forderung, die Suche nach Walter fortzusetzen, bringt sie in große Schwierigkeiten. Von der Polizei als hysterisch und gefährlich abgestempelt, wird sie in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

Einzig der Pfarrer Briegleb steht ihr zur Seite. Es gelingt ihm, den Fall öffentlich zu machen und Christine aus der psychiatrischen Klinik zu holen. Zwischenzeitlich wird ein grausamer Massenmord an 20 Jungen in Wineville aufgedeckt, der Täter bald gefunden und verhaftet. Es kommt zu zwei Prozessen, denen Christine beisitzt. Der Chef und ein leitender Mitarbeiter der Polizei von Los Angeles werden suspendiert und der Mörder zur Todesstrafe verurteilt.

Fünf Jahre später wird ein Junge gefunden, der unter den Gefangenen des Mörders war. Er erzählt, dass er mit Hilfe von Walter Collins fliehen konnte, allerdings nicht weiß, ob auch diesem die Flucht gelang und er noch lebt. Christine schöpft daraus Hoffnung und glaubt weiter an die Rückkehr ihres Sohnes.

Themen

Mit schamloser Dreistigkeit machen sich die Polizisten hier die Wirklichkeit gefügig, als wäre sie nur das Material eines Drehbuchs“, meinte epd Film.[2] Ähnlich urteilte die Süddeutsche Zeitung, dass hier eine eigenmächtige Staatsbürokratie ihre eigene Realität schaffe, und stellte einen Bezug zum Realitätsverständnis der Bush-Regierung und Guantanamo her.[3]

Kritik

Die deutschsprachige Filmkritik legte ein besonderes Augenmerk auf die schauspielerische Leistung Jolies. Manchen Kritikern fiel auf, dass sie zurückgenommen spielt,[4] Eastwood sie zum Glück an die Leine genommen habe.[5] Ein Teil der Kritik fand sie „ergreifend verletzlich“,[2] sie werfe sich mit Beben verursachender Energie in ihre Rolle, und die gespielte charakterliche Wandlung sei ein atemberaubendes Erlebnis.[6] Sie bringe hier die beste Leistung ihrer Laufbahn,[7][8] oder spiele oscarreif.[9] Demgegenüber lautete eine Einschätzung, sie könne ihren früheren grandiosen Leistungen keine neuen Facetten hinzufügen,[10] und sei gar dem absurden Schluss darstellerisch nicht gewachsen.[5] Von Malkovich heißt es, er spiele glänzend[8] oder „exaltiert wie immer“.[10] Ein anderes Urteil war, die Starpersona von Jolie wie von Malkovich sei zu groß und ablenkend für diese Rollen.[11]

Zu Eastwoods Musik meinte die Frankfurter Rundschau, ihr Wesen entspreche einer Litanei,[7] und der Tagesspiegel, sie dröhne fürchterlich.[6] Die Meinungen zu seiner Regie ähnelten sich; der Film sei solide, aber ohne Überraschungen,[4] er inszeniere geradlinig,[8] ökonomisch,[2][5] hochkonzentriert[10] mit einem fokussierten Blick aufs Wichtigste.[7] Er lasse auch gefühlsmäßig frösteln,[2] erzähle „ungeschönt und brutal“,[9] beklemmend und erhaben. Der Zuschauer erfahre die Ausgrenzung der Heldin am eigenen Leib.[7] Für Spiegel Online jedoch bleibt das Mitgefühl des Zuschauers für die Hauptfigur auf der Strecke; die Hauptfigur sei einseitig durch ihr Leiden charakterisiert. Dennoch nannte diese Rezension den Film vielschichtig;[10] der taz zufolge ist er facettenreich und wächst zu epischem Format heran.[12] Mit zunehmender Spieldauer, so der Tagesspiegel, werde die Erzählung immer langatmiger und unplausibler.[6] Der Standard fand den Mittelteil am überzeugendsten, danach franse die Geschichte aus.[11]

Der Tagesspiegel war von der Dramaturgie nicht überzeugt, denn sie gehe zu hastig von einem Genre zu anderen.[6] Die vielen Volten durch die Genres, etwa radikal vom nostalgischem Mutterdrama zum Irrenhaus-Horror, fielen noch weiteren Kritikern auf,[5] sie werteten dies aber wohlwollend als permanentes Unterlaufen von Erwartungen, wobei die Wechsel vollkommen natürlich erschienen[3] und die Stile harmonisch zusammengeführt würden.[5] Die Neue Zürcher Zeitung bemängelte dafür eine zu deutliche Trennung in Gut und Böse.[4] Mehrere Besprechungen sahen Ähnlichkeiten mit Chinatown, L.A. Confidential und der Schwarzen Dahlie,[13] Spiegel Online erklärte den Fremden Sohn mit diesen Filmen für ebenbürtig.[10]

Auszeichnungen

Der Film konkurrierte bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2008 erfolglos um die Goldene Palme. Regisseur Clint Eastwood wurde gemeinsam mit der französischen Schauspielerin Catherine Deneuve (Un conte de Noël) mit einem Spezialpreis der Wettbewerbsjury geehrt. Der Film wurde dreifach für die Oscarverleihung 2009 nominiert, darunter Angelina Jolie in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin.

Hintergründe

Angelina Jolie am Set des Films

Das Projekt wurde seit Sommer 2006 vorbereitet, nach den ersten Planungen sollte Ron Howard Regie führen. Später wurde Clint Eastwood verpflichtet, dessen Unternehmen Malpaso und der dort beschäftigte Manager Robert Lorenz den Film mitproduzierten.[14]

Der Film wurde in Los Angeles, in Pasadena (Kalifornien) und in einigen anderen kalifornischen Orten gedreht.[15] Seine Weltpremiere fand auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2008 statt.[16] In Deutschland wurde der Film erstmals am 4. November 2008 auf dem 22. internationalen Filmfest in Braunschweig gezeigt. Der breite Kinostart war in den USA am 31. Oktober 2008 und in Deutschland am 22. Januar 2009.[17]

Weblinks

 Commons: Der fremde Sohn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Gespräche

  • Mit Angelina Jolie in Der Spiegel, Nr. 3/2009 vom 12. Januar 2009, S. 132: „Familie ist uns wichtiger als Film“

Kritikenspiegel

Einzelnachweise

  1. Freigabe der Jugendmedienkommission
  2. a b c d epd Film Nr. 1/ 2009, S. 44-45, von Anke Sterneborg
  3. a b Süddeutsche Zeitung, 21. Januar 2009, S. 11, von Tobias Kniebe
  4. a b c Neue Zürcher Zeitung, 200, von, S.:
  5. a b c d e Die Welt, 20. Januar 2009, S. 25, von Hanns-Georg Rodek: Dies ist nicht mein Kind
  6. a b c d Der Tagesspiegel, 22. Januar 2009, S. 27, von Christina Tilmann: Allein mit der Wahrheit
  7. a b c d Frankfurter Rundschau, 22. Januar 2009, S. 33, von Daniel Kothenschulte: Eine stumme Predigt
  8. a b c Cinema Nr. 1/ 2009, S. 36-38, von Jochen Schütze
  9. a b Brigitte, Nr. 3 vom 14. Januar 2009, S. 92, von Andrea Benda
  10. a b c d e Spiegel Online, 20. Mai 2008, von Andreas Borcholte: Übermama Jolie gegen Täubchen Paltrow
  11. a b Der Standard, 21. Januar 2009, S. 24, von Isabella Reicher: Eine Frau, die gegen eine Stadt aufbegehrt
  12. taz, 22. Januar 2009, S. 15, von Bert Rebhandl: Unglückliche Familienzusammenführung
  13. Cinema Nr. 1/ 2009, S. 36-38; epd Film Nr. 1/ 2009, S. 44-45; Spiegel Online, 20. Mai 2008; Der Standard, 21. Januar 2009, S. 24; Die Welt, 20. Januar 2009, S. 25
  14. Bericht in der Variety vom 8. März 2007, abgerufen am 16. Mai 2008
  15. IMDb: Filming locations for Changeling, abgerufen am 16. Mai 2008
  16. Bericht in der Variety vom 22. April 2008, abgerufen am 16. Mai 2008
  17. IMDb: Release dates for Changeling, abgerufen am 26. Januar 2009

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Der Freund und der Fremde — ist eine Erzählung von Uwe Timm, die 2005 im Verlag Kiepenheuer Witsch veröffentlicht wurde. Nach dem Buch über seinen Bruder (Am Beispiel meines Bruders, 2003) handelt es sich um sein zweites Erinnerungsbuch, dieses Mal über seinen Freund und… …   Deutsch Wikipedia

  • Die Heimkehr aus der Fremde — Werkdaten Titel: Die Heimkehr aus der Fremde Originaltitel: Die Heimkehr aus der Fremde Form: Singspiel Originalsprache: deutsch Musik …   Deutsch Wikipedia

  • Der Mann, der niemals aufgibt — Filmdaten Deutscher Titel Der Mann, der niemals aufgibt Originaltitel The Gauntlet …   Deutsch Wikipedia

  • Der Texaner — Filmdaten Deutscher Titel Der Texaner Originaltitel The Outlaw Josey Wales …   Deutsch Wikipedia

  • Der Kanon — (oder präziser: Marcel Reich Ranickis Kanon) ist eine Anthologie herausragender Werke der deutschsprachigen Literatur. Der Literaturkritiker Marcel Reich Ranicki kündigte sie am 18. Juni 2001 im Nachrichtenmagazin Der Spiegel an,[1] unter dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Ring des Nibelungen — ist ein aus vier Teilen bestehendes Musikdrama von Richard Wagner, zu dem er den Text schrieb, die Musik komponierte und detaillierte szenische Anweisungen vorgab. Es ist Wagners Hauptwerk (auch sein „Opus magnum“ genannt), an dem er von 1848 bis …   Deutsch Wikipedia

  • Der Verschollene — ist neben Das Schloss und Der Process einer der drei unvollendeten Romane von Franz Kafka, entstanden zwischen 1911 und 1914 und 1927 von seinem Freund und Herausgeber Max Brod postum veröffentlicht. In den frühen Ausgaben wurde der Roman unter… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Bajazzo (Thomas Mann) — Der Bajazzo ist eine Novelle von Thomas Mann, die zunächst 1897 in der Literaturzeitschrift Neue Deutsche Rundschau publiziert wurde und dann in der Novellensammlung Der kleine Herr Friedemann von 1898 erschien. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Schlag ans Hoftor — ist ein parabelartiges Prosastück von Franz Kafka, das im April 1917 [1] entstand und 1931 veröffentlicht wurde. Es wird das Eintreten in eine geheimnisvolle Ordnung beschrieben als Akt der unerlaubten Überschreitung, der bestraft wird [2].… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Dekan — Der Dekan. Aus Spencer C. Spencers hinterlassenen Papieren. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Elizabeth Ney, Bibliothekarin am Humanities Research Center, The University of Texas at Austin ist ein Roman von Lars Gustafsson. Die schwedische… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”