Deregulierung

Deregulierung

Deregulierung bedeutet in der Ordnungspolitik, einem Teilbereich der Wirtschaftspolitik, den Abbau oder die Vereinfachung von Marktregulierung in Form von staatlichen Normen und Vorschriften.

Inhaltsverzeichnis

Wirtschaftliche Bedeutung

Absicht der Deregulierung ist die Liberalisierung der Märkte, mit dem Ziel

Diese Ziele können alle gemeinsam oder einzeln, getrennt verfolgt werden. Ansatzpunkte von Deregulierungen können die Stärke (Verringerung der Anzahl von Spezialvorschriften) und der Umfang (Verringerung der Anzahl der Bereiche) der Regulierung sein. Sie können sich auf Preise, Mengen, Normen, Vorschriften, wie z.B. Umweltschutzbestimmungen, beziehen.

Begründet wird Deregulierung mit den Grenzen der Steuerbarkeit[1] komplexer Prozesse. Geht die staatliche Regulierung zu weit, denn ergeben sich daraus negative mikro- und makroökonomischen Folgen, die z.B. wirtschaftliche Aktivitäten verhindern oder in eine falsche Richtung lenken. Aus wettbewerbspolitischer Sicht soll mit Hilfe von Deregulierungen eine Beseitigung von marktwirtschaftlichen Verzerrungen erreicht werden. Viele Ökonomen gehen allerdings bei Marktversagen von der Notwendigkeit staatlicher Eingriffe aus, während er sich in Fällen, in denen kein Marktversagen vorliegt aus dem Marktgeschehen zurückziehen sollte, etwa bei privaten Gütern.

Verschiedene Studien messen der Deregulierung eine jobschaffende Wirkung bei. Eine von BAK Basel Economics, dem Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tübingen und der Prognos AG Basel erstellte Analyse der Daten von 20 OECD-Ländern für den Zeitraum 1980 bis 1998 ergab, dass eine Deregulierung der Gütermärkte mittelfristig eindeutig positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte nach sich zieht. Eine Deregulierung des Arbeitsmarktes beeinflusst die Entwicklung der Arbeitslosigkeit laut der Studie jedoch nicht.[2] Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) kam 2006 zu dem Ergebnis, dass der Anteil der Langzeitarbeitslosigkeit an der gesamten Arbeitslosigkeit in Ländern mit weniger Regulierung mit knapp 20 Prozent sehr viel geringer sei als in Deutschland mit über 50 Prozent.[3]

Die Deregulierung alleine führt nicht immer zu (dauerhaft) funktionierenden Märkten. Beispielsweise hat die Zerschlagung des AT&T-Konzerns 1984, der durch die Regulierung des amerikanischen Telekommunikationsmarktes zum Monopolisten geworden war, zu vielen einzelnen Gesellschaften geführt, die miteinander im Wettbewerb standen. Inzwischen sind aber durch gegenseitige Aufkäufe aus dem ursprünglichen Kreis nur noch drei davon übrig. Um funktionierende Märkte zu erhalten werden deswegen auch staatliche Eingriffe durch Kartellbehörden als erforderlich angesehen. Privatisierung geht insofern nicht nur mit Formen der Deregulierung, sondern auch mit Re-Regulierung Hand in Hand: neben dem Wettbewerbsrecht gilt dies etwa für die Preispolitik. So wurden im Zusammenhang mit Privatisierungen in OECD-Ländern zahlreiche Regulierungsbehörden eingerichtet. Giandomenico Majone spricht daher davon, dass Deregulierung "ein notorisch missverständlicher Terminus" sei.[4] Aus der Perspektive der Theorie des regulativen Kapitalismus wird vertreten, dass das Ausmaß der Regulierung durch die Bemühungen um Privatisierung und Globalisierung seit Anfang der 1980er Jahre eher zu als abgenommen habe.

Deregulierung auf den Finanzmärkten wird einer Studie zufolge nach der Finanzkrise ab 2007 als krisenverschärfend beurteilt. Stabilisierend wirkte sich dagegen ein deregulierter Arbeitsmarkt aus.[5]

Beispiele

rechtliche Deregulierung

Regulierung

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Deregulierung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Belege

  1. Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, ISBN 978-3-518-28752-1; Kapitel 10: Grenzen der Steuerung, S. 324–349
  2. Böckler Impuls 20/2007
  3. Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Weniger Vorschriften bringen Jobs
  4. G. Majone: Liberalization, Re-Regulation, and Mutual Recognition: Lessons from Three Decades of EU Experience, Scottish Jean Monnet Centre Working Paper Series, Vol. 1, Nr. 1, Januar 2009, S. 11.
  5. Olaf Storbeck: Weniger Staat, mehr Krise. Die Zeit, 12. Juli 2010.
  6. www.bundestag.de Antwort der Bundesregierung auf eine 'Kleine Anfrage', Stand 15. November 2007

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