Adolf-Hitler-Koog

Adolf-Hitler-Koog
Neulandhalle, einst als germanische Weihestätte geplant, heute ein evangelisches Jugendzentrum

Der Dieksanderkoog ist ein Koog im südlichen Kreis Dithmarschen, der heute ein Ortsteil der Gemeinde Friedrichskoog ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahr 1935 wurde die Eindeichung des von der Nordsee gewonnenen Kooges abgeschlossen. Er erhielt den Namen Adolf-Hitler-Koog, da nach einer umfangreichen Umbennungsaktion nach der Machtergreifung im Jahr 1933 nur noch neue Projekte nach prominenten nationalsozialistischen Namensträgern benannt werden durften.[1] Den Anstoß zur Namensgebung stammte aus der NSDAP-Ortsgruppe Friedrichskoog, die diesen Vorschlag bereits im April 1933 unterbreitet hatte. Der Adolf-Hitler-Koog sollte ein Musterkoog in Rahmen der nationalsozialistischen Politik von Blut und Boden werden. Die Rassenpolitik spielte auch in dem Landgewinnungsprojekt eine entscheidende Rolle. So traf der Kreisbauernführer des damaligen Kreises Süderdithmarschen im Auftrag des Reichsnährstandes persönlich die Auswahl der 93 Siedler des neuen Adolf-Hitler-Koogs. Nur überzeugte Nationalsozialisten aus Dithmarschen erhielten eine Siedlerstelle, da die nationalsozialistische Koog-Gemeinschaft nach außen ein Symbol der NS-Volksgemeinschaft abgeben sollte.[2] Die nationalsozialistische Propaganda nutzte den Adolf-Hitler-Koog intensiv für ihre Zwecke, so sollte der friedliche Aufbauwille des nationalsozialistischen Deutschland insbesondere dem kritischen Ausland präsentiert werden. Dieser Zweck wurde auch erreicht. Zahlreiche Delegationen ausländischer Politiker und Journalisten besuchten den Musterkoog und zeigten sich beeindruckt von der inszenierten Gemeinschaft. Das Verkehrsaufkommen im Koog stieg durch die vielen Schaulustigen, die auch aus allen Teilen des Reiches anreisten, so stark an, dass die Straßen und Wege befestigt und asphaltiert werden mussten. Auch Wasserleitungen und Stromanschlüsse wurden wegen der vielen Besuchergruppen schneller als üblich verlegt. Wegen der überragenden propagandistischen Bedeutung des Adolf-Hitler-Koogs übernahm das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda die Kosten. Mit Informationsbroschüren und Filmen wie Trutz blanke Hans (1935) und Neuland am Meer (1938) sowie Radioübertragungen von verschiedenen Orten der Westküste machte das Propagandaministerium die Themen Landgewinnung und Adolf-Hitler-Koog im ganzen Reich bekannt.

Im gleichen Jahr 1935 wurde auf der Halbinsel Eiderstedt ein weiterer Musterkoog unter dem Namen Hermann-Göring-Koog (heute: Tümlauer Koog) eingeweiht, im Jahr 1938 folgte dann der Musterkoog Horst-Wessel-Koog (heute: Norderheverkoog). Insgesamt sollten nach diesen Vorbildern innerhalb von 100 Jahren 43 Köge gewonnen werden, um zusätzlichen Raum für insgesamt 14.000 Siedler zu schaffen. Die Pläne dazu waren bereits in der Weimarer Republik entstanden, wurden aber von den Nationalsozialisten nicht nur verschwiegen, sondern als eigene Ideen ausgegeben.[3] Das Vorhaben wurde 1938 aufgrund des hohen finanziellen und zeitlichen Aufwands bei der Landgewinnung mit dem Horst-Wessel-Koog abgebrochen.

Bauwerke

Im Adolf-Hitler-Koog selbst wurden Höfe gebaut, die sich einerseits an den idealisierten Vorstellungen eines germanischen Bauernhauses orientieren, andererseits in ihrer Uniformität und gleichmäßigen Anordnung an heutige Reihenhaussiedlungen erinnern. Die 1935/36 im Koog auf einer Wurt gebaute Neulandhalle erinnert an einen Haubarg, der eigentlich in Eiderstedt, nicht jedoch in Dithmarschen eine traditionelle Gebäudeform ist. Die von dem Kieler Architekten Richard Brodersen entworfenen Neulandhalle ist der zentrale Ort im Adolf-Hitler-Koog. Sie stand auf einem kahlen Vorlandhügel. Die bewusst als Anti-Kirche geplante Halle war innen und außen eine architektonische Umsetzung nationalsozialistischer Werte. Am Turmgiebel prangte ein Reichsadler mit Hakenkreuz. In seinem Inneren befindet sich eine große Halle, die für Versammlungen und Schulungen der nationalistischen Bauernorganisation dienten. Eine große Glocke in einem separaten hölzernen Glockenturm rief die Bauern, wie in einer Kirche zu den Versammlungen. Die Glocke verschwand in der Nachkriegszeit auf mysteriöse Art.[4] An den Außenmauern der Nordseite waren überlebensgroße Statuen eines Soldaten und eines Bauern angebracht. Die meisten Fresken und Ausstellungsstücke wurden nach 1945 entfernt, einzig das Fresko Deichbau des Altonaer Bildhauers Otto Thämer ist noch erhalten. Heute dient die Halle als Jugendfreizeitzentrum der Kirchenkreise Norder- und Süderdithmarschen.

Politik

Bis 1945 waren 91 von 93 Siedlern im Dieksanderkoog Mitglieder der NSDAP, vorzugsweise mit niedriger Mitgliedsnummer,[5] so dass der Ort auch lange nach Kriegsende ein Zentrum des Rechtsextremismus war.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bonner Stadtmuseum zur Benennungspraxis im Nationalsozialismus Abgerufen: 26.12.2008
  2. Die Einweihung des „Adolf-Hitler-Koogs“ am 29. August 1935 – Landgewinnung und Propaganda im Nationalsozialismus. Dithmarscher Landeszeitung (29. August 2005). Abgerufen am 24. Dezember 2008.
  3. Adolf-Hitler-Koog: NS-Projekt in Dithmarschen. suite 101, Thies Völker (25. Oktober 2008). Abgerufen am 24. Dezember 2008.
  4. DAS LAND, DAS HITLERS NAMEN TRUG. mare (10. Juni 2008). Abgerufen am 28. April 2009.
  5. "Schleswig-Holstein von A bis: Adolf-Hitler-Koog". Abgerufen am 17. November 2008.

53.9666666666678.91666666666677Koordinaten: 53° 58′ N, 8° 55′ O


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