Die Klavierspielerin (Film)

Die Klavierspielerin (Film)
Filmdaten
Deutscher Titel Die Klavierspielerin
Originaltitel La Pianiste
Produktionsland Deutschland, Frankreich, Österreich, Polen
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 2001
Länge 131 Minuten
Altersfreigabe FSK 16
Stab
Regie Michael Haneke
Drehbuch Michael Haneke
Produktion Yvon Crenn, Christine Gozlan, Veit Heiduschka, Michael Katz
Musik Francis Haines
Kamera Christian Berger
Schnitt Nadine Muse, Monika Willi
Besetzung

Der Film Die Klavierspielerin entstand 2001 und basiert auf dem Roman Die Klavierspielerin von Elfriede Jelinek.

Mit 2,5 Millionen Kinobesuchern, davon rund 700.000 in Frankreich, ist der Film die erfolgreichste Produktion mit österreichischer Beteiligung der letzten Jahre. Er wurde als Bestandteil der Edition „Der österreichische Film“ auf DVD veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Handlung (der Romanvorlage)

Erika Kohut ist Klavierlehrerin am Wiener Konservatorium. Sie ist Ende 30 und lebt noch immer mit ihrer Mutter zusammen. Seit der „Vertreibung“ und dem anschließenden Tod des kranken Vaters teilt sie mit ihr sogar das Ehebett. In dieser engen Umklammerung untersteht Erika fast vollständig der mütterlichen Kontrolle, die ihr nicht einmal den Kauf von Kleidern zugesteht. So zerreißt die Mutter aus blinder Wut ein neu gekauftes Kleid Erikas und lässt weitere Kleider der Tochter verschwinden.

Das Ziel der Mutter ist es von Anfang an, aus ihrer Tochter eine Berühmtheit zu machen, sie vollständig zu kontrollieren und nicht aus den Augen zu lassen, um selbst nie alleine sein zu müssen. Schon als Kind wird Erika daher von ihrer Mutter zur Klavierspielerin dressiert; eine Solo-Karriere scheitert und Erika nimmt deshalb eine Professur am Konservatorium an. Sie hat keine Privatsphäre, da das Zimmer, das sie bewohnt, nicht abschließbar und somit auch der ständigen Kontrolle der Mutter ausgesetzt ist.

Für die alte Dame ist Erikas Geld die Hoffnung auf den baldigen Erwerb einer Eigentumswohnung, in der sie wieder zusammen mit ihrer Tochter wohnen kann. Die Mutter betrachtet Erika als ihr Eigentum und duldet kaum gesellschaftliche Kontakte, schon gar nicht mit Männern. Kommt die Tochter nur 15 Minuten zu spät nach Hause, so gibt die Mutter keine Ruhe, bis sie den Grund des späten Kommens erfährt. Sie nutzt das Gewissen ihrer Tochter aus, um Erika für sich zu benutzen. Jedes durchschnittliche Verhalten anderer wird als primitiv und schlecht abgestempelt, wodurch Erika ihre Abgeschlossenheit nicht erkennt.

In der bedrückenden Umarmung der Mutter stirbt die Tochter seelisch ab. Regelmäßig hält Erika kleine Konzerte ab, dabei zwingt sie Schüler und Schülerinnen mit ihren Eltern zur Anwesenheit, ansonsten bekommen die Schüler schlechte Noten. Doch auch die Musik, die für die Mutter den Wert der Tochter erhöhen soll, wird Erika zur bedrückenden Last, da die Mutter einfach zu viel fordert. Daher flüchtet sich Erika in Autoaggression und Voyeurismus.

Oft spioniert die Klavierlehrerin ihren Schülern nach und überrascht sie beispielsweise, wenn sie sich die Standfotos eines Softpornos am Metro-Kino in der Johannesgasse anschauen. Als einzige Frau sucht sie auf dem Nachhauseweg vom Konservatorium einen Erotikladen auf, schließt sich in eine der Peepshow-Kabinen ein, hebt ein „von Sperma ganz zusammengebackenes Papiertaschentuch“ auf und riecht daran.

Als einer von Erikas Klavierschülern, der engagierte Sportler und Technikstudent Walter Klemmer, sich entschließt, die Lehrerin zu erobern, ist Erika völlig überfordert. Klemmer nutzt jede Gelegenheit, in Erikas Nähe zu sein. Auch bei einer Probe in der Turnhalle einer Volksschule ist er im Publikum. Die Lehrerin weiß nicht, wie sie auf das Verhalten des Schülers reagieren soll und ignoriert ihn daher. Die Zielstrebigkeit und Ausdauer Klemmers beeindruckt sie aber doch. Während eines Konzerts geht Erika hinaus, wickelt im Umkleideraum ein Wasserglas in ihr Taschentuch und zertritt es. Dabei achtet sie darauf, dass scharfkantige Splitter entstehen, die sie einer ihrer Schülerinnen, die zuvor mit Walter geflirtet hatte, in die Manteltasche steckt. Das Mädchen, dem der Mantel gehört, zerschneidet sich beim Anziehen des Mantels die Hand und schreit. Während Lehrer und Schüler zusammenlaufen, geht Erika scheinbar ruhig ein Stockwerk höher und uriniert im Schülerklo.

Klemmer folgt ihr und holt sie aus der Kabine. Er zwingt ihr einen Kuss auf, greift ihr unter den Rock, und während er vor Gier schluchzt, dringt er mit dem Zeigefinger in sie ein. Plötzlich drückt Erika ihn von sich weg und hält ihn auf eine Armlänge Abstand. Sie bleibt aufrecht stehen, öffnet den Reißverschluss an seiner Hose, holt seinen erigierten Penis heraus und masturbiert ihn. Sobald er versucht, etwas zu sagen oder sich ihr zu nähern, droht sie, ihn auf der Stelle stehen zu lassen. Unmittelbar bevor er zum Orgasmus kommt, zieht Erika ihre Hand von seinem Geschlechtsteil zurück. Klemmer drängt sie, weiterzumachen, aber „sie möchte es jetzt nicht mehr anfassen, um keinen Preis“ und verbietet ihm auch, zu masturbieren oder sich umzudrehen, wenn er sie noch einmal sehen wolle.

In der nächsten Klavierstunde mit Klemmer verhält Erika sich, als wäre nichts vorgefallen. Sie kritisiert nur die Leistungen ihres Schülers am Klavier. Am Ende der Stunde überreicht sie ihm einen verschlossenen Brief. Walter schlägt ihr vor, das Wochenende gemeinsam zu verbringen. Davor schreckt Erika jedoch zurück. Auf dem Heimweg folgt ihr Klemmer und holt sie im Treppenhaus ein. Als er ihr in die Wohnung folgt, ist die Mutter nicht erfreut über den ungebetenen Gast. Erika behauptet, sie müsse mit ihrem Schüler noch etwas besprechen und geht mit ihm in ihr Zimmer. Weil es sich nicht abschließen lässt, schieben die beiden die Kredenz vor die Tür. Die Mutter glaubt, dieser junge Mann wäre nur hinter ihren Ersparnissen her. Aus Wut und Hilflosigkeit trinkt sie diverse Liköre, um sich zu beruhigen.

Währenddessen verlangt Erika von Klemmer, den Brief zu lesen. In diesem Umschlag stehen die geheimsten Wünsche Erikas. Sie schreibt, Klemmer solle sie schlagen, knebeln, anschreien und vergewaltigen. „Wenn ich flehe, dann tue nur so, als ob du es tun wolltest, in Wirklichkeit ziehe die Fesseln bitte noch fester, noch strammer zusammen, und den Riemen ziehe mindestens um 2-3 Löcher, je mehr, desto lieber ist es mir, fester zusammen, und außerdem stopfe mir dann noch alte Nylons von mir, die bereitliegen werden, derart fest in den Mund als es geht und knebel mich so raffiniert, dass ich nicht den geringsten Laut von mir geben kann.“ So hat Klemmer sich das nicht vorgestellt; er rennt aus der Wohnung. Weil Klemmer nicht mehr zu den Klavierstunden erscheint, geht Erika zu seinem Eishockeytraining und zerrt ihn anschließend in eine Abstellkammer der Putzfrauen. Sie kniet sich vor ihm auf den Boden und nimmt seinen Penis in den Mund, aber es kommt zu keiner Erektion.

Mitten in der Nacht klopft Klemmer an ihrer Tür und verlangt, dass sie ihm öffnet. Kaum öffnet sie die Tür stürmt er in ihre Wohnung, ohrfeigt Erika, rammt ihr die Faust in den Magen und tritt auf sie ein, als sie sich am Boden krümmt. Die Mutter will die Polizei anrufen, aber Klemmer stößt sie ins Schlafzimmer zurück und sperrt sie ein. Bevor er Erika vergewaltigt, trinkt er erst noch in der Küche ein Glas Wasser.

Erika geht am nächsten Tag mit einem Messer bewaffnet zu einem Konzert, wo einige Schüler spielen werden. Sie entdeckt Klemmer inmitten einer Gruppe fröhlicher Kommilitonen und beobachtet, wie er mit einem Mädchen flirtet. Klemmer grüßt Erika mit „Frau Professorin“, als sei nichts geschehen. Das lenkt Erikas Aggression auf sie selbst. Leidenschaftslos sticht sie sich das Messer statt ins Herz in die Schulter und geht blutend nach Hause.

Kritiken

  • „Der Film beginnt als psychologisches Drama, verliert aber an Überzeugungskraft, als die von Isabelle Huppert extrem beeindruckend gespielte Pianistin ihre verdrängten Seiten enthüllt. Die dichte, aufs Wesentliche konzentrierte Inszenierung arbeitet mit provokativen Leerstellen und vielen spannenden Subplots, unter denen die Geschlechter-Thematik etwas übergewichtet ist.“ (film-dienst[1])
  • „Weit davon entfernt eine erregende Sex-Show zu sein, hat ‚Die Klavierspielerin‘ die Griffigkeit einer klinischen Fallstudie, die in das Sujet eines ästhetischen und philosophischen Diskurses erhoben wird. Visuell ist Mr. Haneke ein kühler, pedantischer Formalist, der elegante Kameraeinstellungen bevorzugt, in denen die Kamera stationär verharrt. Die eisige Autorität mit der der Film unsere Erwartungen manipuliert, erinnert an seinen berüchtigten 1997er-Film ‚Funny Games‘ …“ (New York Times[2])
  • „Der in Cannes 2001 dreifach preisgekrönte Film ‚Die Klavierspielerin‘ von Michael Haneke ist eine kongeniale Adaption des Romans von Elfriede Jelinek. Hanekes Bilder sind so verstörend wie Jelineks Sprache. Emotionslos wie ein Forscher lässt er uns am neurotischen Treiben seiner Heldin teilhaben, bis es wehtut.“ (Stern[3])

Auszeichnungen

Literatur

  • Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin. Rowohlt Verlag, Reinbek 1983 (Erstdruck)
  • Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin. Rowohlt Verlag, Reinbek 1986, ISBN 3-499-15812-4
  • Haneke, Michael; Jelinek, Elfriede: Die Klavierspielerin: Drehbuch, Gespräche, Essays. Wien: Sonderzahl, 2001. ISBN 3854491913
  • Haneke, Michael; Jeliniek, Elfriede: La pianiste: scénario d’après le roman de Elfriede Jelinek. [Paris]: Cahiers du cinéma, 2001. ISBN 2866423186 (frz. Ausgabe)

Fußnoten

  1. vgl. Filmkritik im film-dienst 20/2001
  2. vgl. Holden, Stephen: Film Review: Kinky and Cruel Goings-On in the Conservatory. In: New York Times, 29. März 2002
  3. vgl. Mit dem Messer in die Seele. In: Stern, 11. Oktober 2001, Magazin Film, S. 207

Weblinks


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