Dieter Wiefelspütz

Dieter Wiefelspütz
Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) während einer Wahlkampfveranstaltung in Hamm

Dieter Wiefelspütz (* 22. September 1946 in Lünen) ist ein deutscher Politiker (SPD).

Er war von 1998 bis zum 19. Oktober 2011 innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Von 1990 bis 1998 war er Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ausbildung

Nach der Mittleren Reife absolvierte Wiefelspütz zunächst eine Lehre zum Buchhändler und holte auf dem Zweiten Bildungsweg das Abitur nach. Anschließend begann er ein Studium der Rechtswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, welches er 1975 mit dem Ersten juristischen Staatsexamen beendete. Nach Ableistung des Referendariats bestand er 1978 auch das Zweite Staatsexamen und war danach als Richter, zuletzt am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, tätig. Seit 1989 ist er als Rechtsanwalt zugelassen. 2002 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. mit der Arbeit Das Untersuchungsausschussgesetz.

Partei

Wiefelspütz trat 1972 in die SPD ein und war Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes Lünen. Außerdem gehört er dem Vorstand der SPD-Unterbezirke Hamm und Unna an.

Abgeordneter

Seit 1987 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von 1990 bis 1998 Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Wiefelspütz gehört seit 1994 dem Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion an und ist seit November 1998 Sprecher der Fraktionsarbeitsgruppe Inneres. Von Dezember 2002 bis November 2003 war er Obmann der SPD-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages. Seit Dezember 2005 ist er außerdem stellvertretender Sprecher der Fraktionsarbeitsgruppe Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.

Dieter Wiefelspütz ist stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Hamm – Unna II in den Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2009 erreichte er hier 43,9 % der Erststimmen. Er ist in der 17. Wahlperiode Mitglied des Bundestags-Innenausschusses.
Im Oktober 2011 gab er bekannt, dass er bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr kandidieren will und legte gleichzeitig mit sofortiger Wirkung sein Amt als innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion nieder.[1]

Mitgliedschaften

Er ist Mitglied der Europa-Union Parlamentariergruppe Deutscher Bundestag.

Sonstiges Engagement

Wiefelspütz ist Erster Vorsitzender des Lüner SV.

Privates

Dieter Wiefelspütz ist evangelisch und verheiratet.[2]

Politische Positionen

Telekommunikation und Neue Medien

Vorratsdatenspeicherung

Dieter Wiefelspütz antwortete im November 2007 auf die Frage nach Sinn und Zweck der Vorratsdatenspeicherung mit den Worten: „Sie werden hinnehmen müssen, dass der Gesetzgeber in Sachen Vorratsdatenspeicherung anderer Meinung ist als Sie. Vorratsdatenspeicherung hat mit Terrorismusbekämpfung relativ wenig zu tun. Ich wäre für die Vorratsdatenspeicherung auch dann, wenn es überhaupt keinen Terrorismus gäbe.“[3]

Online-Durchsuchung

Darüber hinaus trat er mit seiner umstrittenen Forderung nach Online-Durchsuchungen von privaten Internet-PCs in Erscheinung. Nach seiner Ansicht existiere zwar für die „Online-Durchsuchung“ gegenwärtig keine angemessene Rechtsgrundlage, gleichzeitig plädiere er aber dafür, „dass man da ran kann, wenn es wichtige Gründe gibt“.[4] Als Ende April 2007 bekannt wurde, dass die deutschen Geheimdienste lediglich auf Basis einer Dienstvorschrift, aber ohne Rechtsgrundlage, heimlich private PCs durchsuchten, erklärte Wiefelspütz, dass er schon zwei Monate zuvor vom Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche davon erfahren, aber schon damals darauf hingewiesen habe, dass er die Rechtsgrundlage für diese Maßnahme für unzureichend halte.[5]

Internetsperren

Wiefelspütz unterstützt den Versuch von Familienministerin Ursula von der Leyen, Internetseiten zur Bekämpfung der Kinderpornografie zu sperren (vgl. Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen).

Im Juni 2009 berichte die Berliner Zeitung, nach Worten von Wiefelspütz werde nach den Plänen gegen Kinderpornografie „mittel- und längerfristig“ auch über den Umgang mit anderen kriminellen Vorgängen gesprochen werden, Seiten mit verfassungsfeindlichen oder islamistischen Inhalten sollten blockiert werden.[6] Der Bericht führte zu einem erheblichen Medienecho.[7][8] Am folgenden Tag dementierte Wiefelspütz die Meldung und kritisierte das journalistische Vorgehen der Berliner Zeitung scharf:

„Was mir dort zugeschrieben wird, ist zum großen Teil schlicht und einfach verfassungswidrig.“[9]

Er bezeichnet den Bericht als „bösartige Fälschung seiner Auffassungen“ sowie „groben politischen Unfug“.[10]

Er erläuterte, die Sperrung selbst verfassungsfeindlicher Inhalte im Netz bedeute eine unzulässige Zensur. „Erst dann, wenn mit verfassungsfeindlichen oder extremistischen Äußerungen Gesetze verletzt werden, kann man dagegen einschreiten.“[9]

Anti-Terror-Datei

Im Rahmen der Diskussion um die Anti-Terror-Datei erklärte Wiefelspütz gegenüber der Financial Times Deutschland, dass in dieser neben der Religionszugehörigkeit auch „sexuelle Auffälligkeiten“ gespeichert werden könnten. In der auf n-tv ausgestrahlten Talkshow Das Duell erklärte er, die Geheimdienste müssten als Experten und Profis selbst bestimmen, was in die Anti-Terror-Datei aufgenommen werden soll.[11]

Maut-Daten zur Strafverfolgung

Als einen „schweren Fehler“ des Gesetzgebers, der „so rasch wie möglich“ korrigiert werden sollte, bezeichnete er im August 2006 die Regelung, dass Maut-Daten nicht zur Strafverfolgung genutzt werden dürfen. Es sei „fachlich nicht verantwortbar“, dass angesichts des „zugemauerten“ deutschen Mautsystems schwerste Verbrechen wie Mord möglicherweise ungestraft blieben.[12] Auch sprach sich Wiefelspütz dafür aus, die Videoüberwachung im öffentlichen Raum zu verstärken.[13]

Einsatz der Bundeswehr im Innern

Im Januar 2007 sprach er sich dafür aus, den Einsatz der Bundeswehr im Innern auch mit militärischen Mitteln zu ermöglichen.[14] Auch müsse die Möglichkeit bestehen, ein etwa im Ausland entführtes Flugzeug von der Bundeswehr abschießen lassen zu können, auch wenn Unschuldige im Flugzeug sitzen würden. Er behauptete, dafür sei keine Grundgesetzänderung nötig, da es sich dabei um Landesverteidigung handeln würde; seit den Terroranschlägen am 11. September 2001 könne man das Grundgesetz entsprechend uminterpretieren. Auch das von ihm und Otto Schily ausgearbeitete, aber vom Bundesverfassungsgericht wegen des Verstoßes gegen elementare Rechte des Grundgesetzes für nichtig erklärte Luftsicherheitsgesetz sei deswegen nicht betroffen, weil dieses sich eben auf einen Angriff von Innen bezog. Für Angriffe von Außen (worunter er auch entführte Flugzeuge zählte) kündigte er eine Neuauflage des Luftsicherheitsgesetzes an.[15]

Paintball

Im Rahmen der Gesetzesänderungen nach dem Amoklauf von Winnenden, bei dem 15 Menschen mit Pistolenschüssen ermordet wurden, sprach Wiefelspütz sich für ein Verbot von Paintball-Spielen aus. Wiefelspütz sagte der Berliner Zeitung: „Paintball ist sittenwidrig. Das wird es in Zukunft nicht mehr geben.“[16] Auf der Website abgeordnetenwatch.de schrieb er zudem „bei Paintball geht es nicht um das Waffenrecht“.[17]

Souveränitatsrechte der Bundesrepublik Deutschland

Während des Golfkrieges stießen Wiefelspütz' Äußerungen zu den Souveränitätsrechten der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die USA auf Kritik. So antwortete er etwa im Dezember 2002 auf die Frage, ob die USA, falls sie ohne UNO-Mandat einen unzulässigen Präventivkrieg gegen den Irak beginne, den deutschen Luftraum nutzen dürfe, wie folgt:

„Ich werde mich hier nicht auf akademische Gedankenspiele einlassen.“[18]

Des Weiteren erklärte er hinsichtlich mutmaßlich illegaler Entführungen der CIA, die angeblich über deutsche Flughäfen abgewickelt wurden:

„Was die Amerikaner auf ihren Air-Bases machen, ist ganz weitgehend ihre Sache. (…) Wir müssen uns vor Augen führen, dass wir eine Weltmacht in Deutschland mit einer privilegierten Stellung haben. Das ist von uns auch so gewollt.“

Dem entgegnete etwa der Politiker Hans-Christian Ströbele: „Ich bin dafür, dass die Souveränität Deutschlands auf deutschem Boden auch auf deutschen Flughäfen wieder hergestellt wird.“[19]

Sonstiges

2003 wettete er in der WDR-Sendung Hart aber fair mit Moderator Frank Plasberg, dass es dem Bundestag bis zum Sommer des darauffolgenden Jahres gelingen werde, sich auf eine Abspeckung der Abgeordnetenpensionen zu einigen. Wiefelspütz verlor diese Wette und spendete ein Monatsgehalt für einen guten Zweck.[20]

Weblinks

Wikinews Wikinews: Dieter Wiefelspütz – in den Nachrichten

Fußnoten

  1. Daniel Friedrich Sturm: Die "Generation Gerd" tritt ab. Welt Online, 19. Oktober 2011, abgerufen am 19. Oktober 2011.
  2. www.dieterwiefelspuetz.de/html/15458/welcome/Biographie.html.
  3. abgeordnetenwatch.de: Frage zur Abstimmung: Vorratsdatenspeicherung, 11. November 2007.
  4. heise online: Schäuble: Biometriepässe stärken den Datenschutz, 30. Januar 2007.
  5. Netzeitung: Schäuble soll Schilys Schnüffel-Lizenz kassieren, 26. April 2007.
  6. vgl. z.B. Focus Online, 6. Juni 2009: Internet: Wiefelspütz für weitere Internetsperren, online unter focus.de.
  7. Johannes Boie, Süddeutsche Zeitung, 17. Juni 2009: Kampf gegen Internetsperren - Das Netz schlägt zurück, online unter sueddeutsche.de.
  8. David Böcking, Financial Times Deutschland, 18. Juni 2009: Angst vor der großen Netz-Zensur, online unter ftd.de.
  9. a b Focus Online, 7. Juni 2009: Internetsperren: Wiefelspütz dementiert und kritisiert scharf online unter focus.de.
  10. abgeordnetenwatch.de: Demokratie und Bürgerrechte, 6. Juni 2009.
  11. heise online: Neue Vorschläge für Daten in der Anti-Terror-Datei, 30. August 2006.
  12. Netzeitung: Wiefelspütz will Kriminelle mit Mautdaten jagen, 2. August 2006.
  13. heute.de: „Erfolg im Kampf gegen Terror“, 19. August 2006.
  14. Dieter Wiefelspütz: Vorschlag zur Neufassung des Art. 35 GG. In: Zeitschrift für Rechtspolitik, 2007, S. 17 ff.
  15. DIE WELT: „Bundeswehr muß Terrorangriffe aus der Luft abwehren“, 20. Februar 2006.
  16. Schießen mit Farbkugeln soll verboten werden. Abgerufen am 7. Mai 2009.
  17. Antwort an Herrn Probst vom 8. Mai 2009. Abgerufen am 9. Mai 2009.
  18. die tageszeitung: „US-Flüge sind generell genehmigt“, 13. Dezember 2002.
  19. Spiegel Online: CIA-Flüge über Deutschland: FDP setzt Regierung unter Druck, 25. November 2005.
  20. HART aber fair mit Frank Plasberg am 7. Juli live aus Köln // Eine Wette, drei Gewinner: Bald ist Zahltag, Herr Wiefelspütz! 7. Juni 2004, abgerufen am 25. Februar 2011.

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