Dinghofer

Dinghofer
Franz Dinghofer, vermutlich bei seinem Amtsantritt als Bürgermeister von Linz, 1907.

Franz Seraph Dinghofer (* 6. April 1873 in Ottensheim; † 12. Jänner 1956 in Wien) war ein österreichischer Richter und Politiker.

Leben und Wirken

Aus einer bereits lange im oberösterreichischen Ottensheim ansässigen Familie stammend – Vater und Großvater waren beide Postmeister und Gastwirte in der Gemeinde - besuchte er die ortsansässige Volksschule. Danach wechselte er 1874 ins Gymnasium Freistadt, wo er 1892 maturierte, und daraufhin ein Jus-Studium an der Universität Graz absolvierte. Er promovierte 1897 zum Dr. jur.. 1899 heiratete er die Linzerin Cäcilia Meindl, Besitzerin des „Schüllergutes“ in Linz/Waldegg, mit welcher er einen Sohn und zwei Töchter bekam.

Dinghofer wurde Richter in Linz, später auch in Urfahr und Wien. Von 1907 bis 1918 war er Bürgermeister von Linz (wobei er nicht nur der jüngste Bürgermeister einer autonomen Stadt der Monarchie war, sondern auch das jüngste demokratisch gewählte Stadtoberhaupt von Linz seit dem Bestehen einer freien Gemeinde). Als Bürgermeister war er der Gründer der ersten Schrebergärten in Österreich, in seiner Amtszeit wurden St. Peter und Urfahr eingemeindet, Grün- und Erholungsflächen ausgestaltet und er betrieb aktive Verkehrspolitik (Eisenbahnnetz). Weiters wurde das Gaswerk Kommunalisiert, städtische Milch- und Fleischverkaufsstellen eingerechtet um der Teuerung entgegenzusteuern. Arbeiterwohnungen wurden gebaut, Wohnungsgesellschaften gegründet. Weiters wurde das Städtische Jugendamt errichtet für durch Kriegswirren verwahrloste junge Menschen.[1] Von 1911 bis zur Auflösung Österreich-Ungarns 1918 war er Reichsratsabgeordneter. Da Linz während des Weltkrieges zu den bestversorgten Städten der Monarchie gehörte - unter Dinghofer wurde das Lebensmittelamt gegründet und 1914 Brot- und Mehlkarten eingeführt - wurde man ihn Wien auf ihn aufmerksam und man bot im 1917 den Posten des Ernährungsministers an. /1919 war er oberösterreichischer Landtagsabgeordneter und Mitglied der provisorischen Landesversammlung, außerdem Mitglied und Präsident der Provisorischen Nationalversammlung.

Dr. Franz Dinghofer hat in einer historisch bedeutsamen Stunde Österreichs bei einer Entscheidung von höchster Bedeutung in der Nationalversammlung den Vorsitz geführt, als nämlich am 12. November 1918 Österreich zur Republik wurde. Als Präsident der Nationalversammlung verkündete er von der Rampe des Parlamentsgebäudes aus der zu tausenden zählenden Volksmenge das Ergebnis der Abstimmung: „Deutschösterreich ist eine Republik“ und wurde so zum Verkünder der Republik in der Geburtsstunde des heutigen Österreich.[2]

Dinghofer war Begründer des Deutschen Volksbundes. 1919 gründete er die Großdeutsche Vereinigung, aus welcher 1920 die deutschnational und antisemitisch gesinnte Großdeutsche Volkspartei hervorging, deren Obmann er auch war. 1919/1920 war er Dritter Präsident der Konstituierenden Nationalversammlung, von 1920 bis 1928 Dritter Präsident des Nationalrates.

Ab 1924 war er Vorsitzender Rat beim Oberlandesgericht Wien. Unter der Regierung Ignaz Seipels war er von Oktober 1926 bis Mai 1927 Vizekanzler, danach Bundesminister im Bundeskanzleramt und von 1927 bis 1928 Bundesminister für Justiz. In der Folge der „Affäre Béla Kun“ trat Dinghofer 1928 als Justizminister ab und zog sich aus der Politik zurück. Er kehrte zu seinem eigentlichen Beruf zurück und war von 1928 an zehn Jahre lang Erster Präsident des Obersten Gerichtshofes, bis er am 11. Mai 1938 (nach der Machtergreifung durch Hitler) in den Ruhestand versetzt wurde. Für die Gründung der Reichswerke Hermann Göring (Voest) wurde, das seine inzwischen verstorbene Gattin in die Ehe eingebracht hatte, wurde das Schöller-Gut in Linz-Waldegg enteignet. Die Familie lebte bis 1945 in Wien, dann in Bad Ischl. Dinghofers Grabstätte befindest sich auf dem Linzer Barbara-Friedhof.

Franz Dinghofer verstarb am 12. Jänner 1956 in Bad Ischl und wurde am Barbarafriedhof in Linz beigesetzt.

Quellen

  1. Fritz Mayrhofer: Franz Dinghofer. Verkünder der Republik. In Oberösterreicher, Band 1, Verlag OÖ Landesarchiv; Susanne Preisinger: Franz Seraph Dinghofer (1873-1956). Zum dreißigsten Todestag. In Freie Argumente.
  2. Dr. Othmar Rappersberger: Aufsatz „Auch sie waren einmal an unserer Schule - Dr. Franz Dinghofer“ im 118. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Freistadt, Eigenverlag, Druck: Plöchl, Freistadt, 1988

Weblinks

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