Discountzertifikat

Discountzertifikat

Bei einem Discountzertifikat (häufig auch Discounter genannt) – ein Begriff aus dem Wertpapierbereich – handelt es sich um eine in einem Zertifikat verbriefte Terminkonstruktion, bei der eine Kauf-Option verkauft wird, die durch einen Basiswert (Underlying) gedeckt ist ("Covered Call"). Handelt es sich beim Basiswert um eine Aktie, so ist das zugehörige Bankenprodukt ein Aktien-Discountzertifikat, ist der Basiswert ein Index (z. B. der DAX), so spricht man von einem Index-Discountzertifikat.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Erfindung von Discountzertifikaten geht auf Dr. Thomas Zwirner, Mitarbeiter von HSBC Trinkaus, zurück[1]. Dieser hatte 1995 die Idee, eine bis dahin nur von professionellen Anlegern genutzte Anlagestrategie zu kopieren und erstmals in einem Papier zu verbriefen[2]. Den Namen Discountzertifikat ließ sich Zwirner jedoch nicht als Warenzeichen eintragen.

Wie die Börse Stuttgart im Dezember 2007 mitteilte, sind Discountzertifikate mit einem Marktanteil von über 46 Prozent mittlerweile die stärkste Anlagegruppe unter den Anlagezertifikaten, und somit noch vor den Bonuszertifikaten.

Aktien-Discountzertifikat und Index-Discountzertifikat

Funktionsweise

Der Käufer des Zertifikates erhält ein Anrecht auf eine Aktie zu einem unter dem aktuellen Kurs liegenden Preis (Discount). Gleichzeitig verzichtet er aber auf die Chance eines Kursanstieges über eine festgelegte Höhe (Cap) hinaus sowie auf die Dividende und ggf. sein Stimmrecht.

Die Tilgung erfolgt in der Regel durch Bargeld, bei manchen Emissionen ausnahmsweise durch das zugrundeliegende Wertpapier (Aktie oder Indexpapier). Während Index-Discountzertifikate in der Regel nur einen Bruchteil des Index verbriefen, beträgt bei Aktienzertifikaten das Bezugsverhältnis fast immer 1:1. (Bei zwischenzeitig durchgeführten Kapitalmaßnahmen des Basiswertes kommt es zu Anpassungen beim Bezugsverhältnis und/oder Cap.)

Beispiel:

Es ergeben sich zur Fälligkeit zwei mögliche Fälle:

  1. Der Basiswert notiert unter dem Cap: Der Käufer erhält den Kurswert
  2. Der Basiswert notiert auf oder über dem Cap: Der Käufer erhält den Cap

Allgemein lässt sich die Rendite RD des Discountzertifikats zum Laufzeitende mathematisch beschreiben[3]. Sie hängt ab vom Cap C, vom Kaufpreis K des Discountzertifikats unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses, sowie vom Basiswert Be am Laufzeitende:

R_D = \begin{cases} \frac {B_e}{K} -1 & \text{wenn }B_e<C \\ \frac {C}{K} -1 & \text{wenn } B_e\geq C \end{cases}

Die Verlustzone wird erreicht, wenn der Basiswert zum Laufzeitende gleich dem Kaufpreis des Discountzertifikats ist. Ist der Basiswert Be am Laufzeitende größer als B0ˑC/K, so wäre der Kauf des Basiswerts zum Preis B0 besser gewesen als der Kauf des Discountzertifikats.

Als Ausgleich für die nach oben gedeckelte, erzielbare Wertsteigerung ist ein Discount-Zertifikat billiger als sein Basiswert. Für einen Basiswert mit einem aktuellen Kurs von 100 Euro liegt der „faire Preis“ eines in 18 Monaten fälligen und mit einem Cap bei 110 Euro konstruierten Discount-Zertifikats bei etwa 93 Euro - eine „Ersparnis“ von 7% im Vergleich zu einem Investment direkt in den Basiswert. Dieser Berechnung liegt eine implizite Volatilität von 20% und eine risikolose Rendite von 3% zu Grunde.

Über die Wahl des Caps lassen sich mit Discountzertifikaten verschiedene Investmentansätze realisieren. Exemplarisch werden für drei unterschiedliche Cap-Bereiche die erzielbaren Renditen in Abhängigkeit des Basiswerts am Laufzeitende diskutiert (aktueller Kurs des Basiswerts ist 100 Euro, Parameter für implizite Volatilität, Laufzeit und risikolose Rendite wie oben):

Lage des Caps Auswirkungen auf die Rendite
50–60 Euro Das Zertifikat notiert weit im Geld. Festgeldersatz.
Die Wertentwicklung dieses sog. Deep-Discounters ist fast unabhängig von der Entwicklung des Basiswerts. Liegt der Basiswert am Laufzeitende über dem Cap, so ist die maximal mögliche Rendite vergleichbar mit der risikolosen Rendite. Der Anleger kommt erst dann in die Verlustzone, wenn der Basiswert am Laufzeitende um mehr als 50% bzw. 40% (bei einem Cap von 60 Euro) gefallen ist.
95−105 Euro Das Zertifikat notiert am Geld.
Der Anleger erhält auch bei stagnierenden Notierungen des Basiswerts eine attraktive Rendite, die über der risikolosen Rendite liegt. Die Verlustzone beginnt, wenn der Basiswert am Laufzeitende unter den Kaufpreis des Zertifikats fällt. Dieser sollte bei einem fairen Kaufpreis etwa 15% bzw. 10% (bei einem Cap von 105 Euro) unterhalb des Basiswerts zum Kaufzeitpunkt liegen. Notiert der Basiswert am Laufzeitende oberhalb von 100*Cap/Kaufpreis, dann wäre das direkte Investment in den Basiswert besser gewesen.
130−140 Euro Das Zertifikat notiert weit aus dem Geld. Tracker-Zertifikat-Ersatz.
Der Kaufpreis des Discountzertifikats liegt geringfügig (ca. 3% bzw. 1% bei einem Cap von 140 Euro) unter dem Preis des Basiswerts. Die Wertentwicklung unterhalb des Caps ist die eines Tracker-Zertifikats: Gewinne und Verluste im Basiswert finden sich nahezu 1:1 im Discountzertifikat wieder.
Renditen von Discountzertifikaten in Abhängigkeit des Caps für verschiedene Szenarien des Basiswerts

Verallgemeinernd auf beliebige Caps lassen sich mit Hilfe des „fairen Preises“ die Renditen der Discountzertifikate für verschiedene Szenarien des Basiswerts am Laufzeitende darstellen[4]:

Konstruktion

Als Covered Call

Der Emittent hat die Aktie gekauft und eine Call-Option auf diese Aktie verkauft, wobei er zumeist den Ausübungspreis auf den Cap festlegt. Der durch die verkaufte Call-Option erzielte Verkaufserlös ist weitestgehend der Betrag um den das Discountzertifikat ggü. dem Basiswert günstiger ist.

  • Liegt der Kurs der Aktie unterhalb des Cap, so wird der Käufer der Option diese nicht ausüben und die Aktien werden dem Verkäufer des Calls und somit dem Käufer des Zertifikats angedient, d.h. in sein Wertpapierdepot eingebucht.
  • Liegt der Kurs der Aktie bei oder oberhalb des Ausübungspreises, so wird der Käufer des Calls die Option ausüben und die Aktien einfordern. Somit erhält der Käufer des Zertifikates den maximal möglichen Gewinn durch Barausgleich.

Als Kombination aus Zero-strike Call und Short-Call

Diese Konstruktionsweise des Discountzertifikats ähnelt der Konstruktion als Covered Call mit dem Unterschied, dass statt der Aktie ein Zero-Strike-Call gekauft wird.

Als Reverse Convertible

Bei dieser Vorgehensweise zur Konstruktion des Zertifikats wird ein Zerobond (Nullkuponanleihe) gekauft und zugleich eine Put-Option verkauft. Der Discount gegenüber dem Underlying setzt sich aus den Zinsen des Zerobonds und den Verkaufserlösen der Put-Option zusammen.

Deep-Discountzertifikat

Ein Discountzertifikat mit großem Discount gegenüber dem Basiswert. Dafür ist dann der aktuelle Wert des Zertifikates sehr nahe am Cap und der mögliche Gewinn deutlich geringer als bei Discountzertifikaten mit geringerem Discount.

Rollierende Discounter

Seit 2002 gibt es den sogenannten Rolling Discount als ergänzendes Produkt zum klassischen Discountzertifikat. Das klassische Discountzertifikat hat in der Regel eine Laufzeit von etwas über einem Jahr, und der Cap wird einmalig bei Auflage des Produkts festgesetzt. Bei rollierenden Discountern wird dagegen der Cap monatlich (bzw. rhythmisch) immer wieder neu festgesetzt, wobei dabei immer wieder ein Call verkauft wird. Die Produkte laufen meist unbegrenzt.

Der Vorteil dieser Produkte gegenüber den Klassikern besteht gemäß den Verkaufsprospekten der Emittenten darin, dass sie auch auf kurzfristige Marktschwankungen automatisch reagieren. Dieses Verhalten zeigen die Produkte jedoch nur unter sehr speziellen Rahmenbedingungen. Der Anleger ist gut beraten, wenn er seinen Anlageerfolg ausschließlich auf die kumulierten kurzfristigen Discounts bezieht, die größer sind als der vergleichbare langfristige eines Klassikers.

Discount Calls / Puts

Von einigen Emittenten werden als Alternative zu den klassischen Discount-Zertifikaten Discount-Puts und Discount-Calls aufgelegt.

Diese Zertifikate subventionieren den Kauf einer Option durch den Verkauf einer anderen Option mit gleicher Laufzeit aber anderem Cap. Diese Zertifikate können auch im Direktgeschäft z. B. an der Eurex nachgebildet werden. Dann bezeichnet man dies als Call-Spread oder als Put-Spread.

Interessant sind diese Zertifikate in ihrer konservativen Form. Liegt der Preis des Basiswerts (im Falle eines Discount-Calls) kontinuierlich oberhalb des Caps, dann reagiert dieses Zertifikat kaum auf Bewegungen des Basiswerts, sondern realisiert den Zeitwertgewinn des Optionsgeschäfts.

Mit Discount-Calls und -Puts können so Seitwärtsphasen lukrativ genutzt werden. Die Kapitalbindung ist geringer als bei klassischen Discount-Zertifikaten.

Risiken im Vergleich zur Anlage in den Basiswert

Bei einer Abwägung zwischen der Investition direkt in den Basiswert (bei einem Aktien-Discountzertifikat also direkt in die Aktie) und dem Discountzertifikat selbst gilt folgende Risikostruktur:

  1. Steigt zum Laufzeitende der Basiswert über Cap + Discount, so entgeht dem Investor gegenüber dem Direktinvestment Gewinn.
  2. Fällt zum Laufzeitende der Basiswert unter den Kaufpreis des Discountzertifikats, so entsteht dem Anleger ein Verlust, der gegenüber dem Direktinvestment um den zum Kaufzeitpunkt gegebenen Discount (Preisdifferenz zwischen Discountzertifikat und Basiswert, d.h. Preis der verkauften Call-Option) abgefedert wird. Da bei einer Unternehmenspleite wertlose Aktien angedient werden, ist ein Totalverlust möglich.
  3. Discount-Zertifikate sind rein rechtlich betrachtet Anleihen, die ohne Zins- und Rückzahlungsversprechen von einem Emittenten begeben werden. Es besteht die Gefahr, dass die Bank, die das Zertifikat begeben hat, während der Laufzeit zahlungsunfähig wird (so im Falle der Insolvenz der Lehman Brothers am 15. September 2008). Damit fällt dann auch (analog zur Anleihe) die Rückzahlung aus (Emittentenrisiko).

Die Anlage im Discountzertifikat bedeutet wenig begrenzte Beteiligung an Verlusten des Basiswerts, jedoch stark begrenzte Beteiligung am Gewinn.

Wann sollte man ein Discountzertifikat kaufen?

Falls der Investor einen Seitwärtstrend des Basiswertes erwartet, der im Rahmen des Discounts liegt, kann der Kauf eines Discountzertifikats erwogen werden. Man spekuliert also auf gleich bleibende oder leicht steigende Kurse und erzielt auch bei leicht fallenden Kursen noch einen kleinen Gewinn.

Konservative Anleger kaufen Discountzertifikate (bevorzugt auf Indizes), deren Cap weit unterhalb des aktuellen Kurses des Basiswertes liegt. Je nach persönlicher Risikoeinschätzung kann solch ein Discountzertifikat eine alternative Anlage zu einer risikoreichen Anleihe darstellen.

Auch bei einer sehr defensiven Anlageausrichtung lassen sich Konstruktionen finden, die durch Wahl eines sehr volatilen Basiswertes, in der Regel eine Aktie, und einem deutlich unter dem aktuellen Kurs des Basiswertes liegenden caps hohe Maximalrenditen bei gleichzeitig hohen Discounts bieten. Generell sind Phasen eines anhaltenden Aufwärtstrends nicht so sehr für den Kauf von (Index-)Discountzertifikaten geeignet, da sich in diesen Zeiten die Volatilität stark zurückbildet und somit das Chancen-/Risikoprofil negativ beeinflusst.

Investoren sollten stets berücksichtigen, dass im Falle der möglichen Insolvenz des Emittenten der Totalverlust droht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Die ZEIT: Die Fabrik der Zertifikate
  2. Emittentenporträt: HSBC Trinkaus
  3. Ulrich Leuthäusser: Theoretische Beschreibung von Discountzertifikaten. 2010, abgerufen am 3. November 2010 (pdf, deutsch).
  4. Leuthäusser Systemanalysen: Discountzertifikate besser verstehen. 2010, abgerufen am 24. November 2010 (html, deutsch).

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