Dithering (Audiotechnik)

Dithering (Audiotechnik)

Dithering bezeichnet eine Technik die angewandt wird, um in der Digitalisierung von Klangquellen den auftretenden Quantisierungsfehler abzumildern, der unvermeidlich entsteht, wenn Schallwellen in ein Bit-Muster erfasst (quantisiert) werden.

Der Quantisierungsfehler äußert sich als Quantisierungsrauschen, einem breitbandigen Rauschen ähnlich dem Rauschen z. B. eines analogen Verstärkers - bei einem voll ausgesteuerten Musiksignal fällt dies nicht sonderlich ins Gewicht, da die mögliche Dynamik ausgeschöpft wird und sich das Quantisierungsrauschen als breitbandiges "Weißes Rauschen" darstellt, das vom Hörer kaum wahrgenommen wird.

Problematisch wird es allerdings, wenn das Signal nur einen Teil der Quantisierungsstufen nutzt - beispielsweise sehr leise Ausklang-Geräusche (Hallfahnen), die anstelle von z. B. 16 Bit (CD) nur 1-8 Bit verwenden (je leiser die Hallfahne wird, desto weniger Bits nimmt sie in Anspruch). Hier wird der Signal/Rauschabstand umso geringer.

Noch schlimmer ist allerdings die Korrelation des Quantisierungsfehlers - sie entsteht dadurch, dass Wellenkurven durch die Quantisierung in ein geringstufiges Quantisierungsmuster immer mehr einer Rechteckform ähneln. Dieser Effekt klingt sehr scharf und unangenehm und hängt direkt von dem Audiosignal ab.

Um leise Signale, die nun nicht mehr richtig dargestellt werden, von diesem Quantisierungsfehler zu lösen (zu dekorrelieren), wird dem Signal Dither-Rauschen hinzugegeben. Dadurch erhöht sich zwar die Rauschenergie im Signal, allerdings werden die sehr leisen Signalanteile nun besser wahrgenommen als vorher. Das liegt daran, dass durch die Überlagerung mit Rauschen die Rechteckschwingung wieder eher als die ursprüngliche Wellenform wiedererkannt wird. Denn im Prinzip einer Pulsweitenmodulation wird das Wellensignal nun, umso näher es der jeweiligen Quantisierungsstufe steht, durch das Rauschen dekorreliert und wechselhafter den jeweiligen Quantisierungsstufen zugeordnet. Durch diese wechselhafte Zuordnung (daher "Dither" = "zittern") wird die Rechteckschwingung umgangen.

Quantisierungsfehler Audio.jpg

Anders ausgedrückt: In einem 1 Bit - System (0 und 1) wird eine Sinuswelle den Quantisierungsstufen beispielsweise folgendermaßen zugeordnet: 000011110000111100001111. Hieraus resultiert eine Rechteck-Schwingung. Durch Hinzugabe von Dither-Rauschen entsteht eine genauere Nachbildung der Sinus-Form: etwa 0011001100110011001100110011. Die negativen Verzerrungseffekte der Rechteck-Schwingung treten nicht mehr auf, das ursprüngliche Signal wird klarer erkannt. Es können so sogar Signale dargestellt werden, die kleiner als das kleinste Quantisierungsintervall sind!

Das Dither-Rauschen entspricht in etwa Weißem Rauschen, jedoch mit dem Unterschied, dass es statistisch anders verteilt ist. Verschiedene Dither-Typen werden aufgrund der Wahrscheinlichkeitsdichte-Funktion ihrer Amplitudenverteilung unterschieden - am bekanntesten sind dreiecksförmig verteilter Dither (Triangular Probability Dense Function - Dither, TPDF-Dither), rechteckförmig verteilter Dither (RPDF-Dither) und Gaussisch verteilter Dither (Gaußian Probability Dense Function-Dither). In der Musiksignal-Bearbeitung hat sich TPDF-Dither durchgesetzt, da er das Signal weitestgehend dekorelliert und eine erträgliche Menge an Rauschen zu dem Signal hinzufügt (4,77 dB).

Ein ungedithertes Digitalsignal kann einem Analogsignal in Bezug auf den Rauschabstand unterlegen sein - ein korrekt gedithertes Digitalsignal hingegen ist einem analogen System in Bezug auf den Rauschabstand überlegen!

Anwendung

Dither findet in verschiedenen Bereichen der digitalen Audiotechnik Anwendung, in welchen das Signal "resampled" wird: Beim Mastering, beim Verwenden älterer Sampler mit eingeschränkter Dynamik (zum Beispiel 8 Bit), oder auch in der Bearbeitung mit Effektgeräten, die eine höhere Dynamik als die CD-üblichen 16 Bit aufweisen.

Anstatt die "überflüssigen" Bits einfach abzuschneiden ("Truncation"), wenn z.B. ein 24 Bit - Signal in ein 16 Bit - Signal gewandelt wird, sollte Dither hinzugefügt werden, da sonst die oben beschriebene Problematik des Quantisierungsfehlers wieder auftritt. Die meisten Effektgeräte arbeiten auch intern mit Dither, da durch Gleitkomma-Berechnung innerhalb des Effekt-Prozessors weitere Quantisierungsfehler auftreten.

Über die spektrale Formung (vgl. Spektrale Leistungsdichte) des Quantisierungsfehlers ist weiterhin ein Verfahren möglich, das die Hörbarkeit des Rauschens noch weiter einschränkt ohne die Funktionalität des Dithering zu beschneiden - siehe Noise Shaping.

Literatur

  • Ken C. Pohlmann: Principles of Digital Audio. 4. Auflage, McGraw-Hill, New York 2000 .
  • Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr, "Handbuch der Tonstudiotechnik", 7. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Herausgegeben von der ARD.ZDF medienakademie, Nürnberg, 2 Bände, Verlag: K G Saur, München, 2008, ISBN 3-598-11765-5 oder ISBN 978-3-598-11765-7
  • Thomas Sandmann: Effekte & Dynamics. 3. Auflage, PPV, Bergkirchen 2003.
  • R. Wannamaker, S. Lipshitz, J. Vanderkooy, J. Wright: A Theory of Non-Subtractive Dither. University of Waterloo, Waterloo 2000 (PDF).
  • Michael Warstat, Thomas Görne: Studiotechnik. 5. Auflage, Elektor, Aachen 2002 .
  • John Watkinson: The Art of Digital Audio. 3. Auflage, Focal Press, Oxford 2001 .
  • Udo Zölzer: Digitale Audiosignalverarbeitung. 3. Auflage, Teubner, Stuttgart 2005.
  • M. Zollner, E. Zwicker: Elektroakustik. 3. Auflage, Springer, Berlin 1998.

Weblinks


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