Ectopistes migratorius

Ectopistes migratorius
Wandertaube
Wandertaube (Ectopistes migratorius). Im Jugendkleid, ♂, ♀

Wandertaube (Ectopistes migratorius). Im Jugendkleid, ,

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Taubenvögel (Columbiformes)
Familie: Tauben (Columbidae)
Gattung: Wandertauben (Ectopistes)
Art: Wandertaube
Wissenschaftlicher Name
Ectopistes migratorius
Linnaeus 1766

Die Wandertaube (Ectopistes migratorius) (engl. Passenger Pigeon) war eine Vogelart aus der Familie der Tauben (Columbidae), die im 19. Jahrhundert vom Menschen ausgerottet wurde. Der letzte wildlebende Vogel wurde am 24. März 1900 abgeschossen. Das ausgestopfte Exemplar wird heute in einem Museum in Columbia, Ohio, aufbewahrt. Im Jahr 1914 starb mit Martha auch das letzte in Gefangenschaft lebende Tier dieser Art.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen

Die Wandertauben hatten eine rostrote Brust, einen weißen Bauch und einen blaugrauen Kopf und Rücken. Die Augen waren rot gefärbt; der Schnabel war schwarz.

Ehemalige Verbreitung und Häufigkeit

Wandertauben lebten in der östlichen Hälfte Nordamerikas. Sie überwinterten in den südlichen Teilen der USA, nördlich des Golf von Mexiko. Ihre Brutgebiete nahmen den größten Teil von Kanada und den USA östlich der Rocky Mountains ein. Sie waren sehr gesellige Vögel und lebten in Kolonien, die sich über mehrere hundert Quadratkilometer erstreckten, mit bis zu hundert Nestern auf einem einzigen Baum.

Verbreitungsgebiet

Schlafplätze der Wandertauben waren dadurch gekennzeichnet, dass sie mit mehreren Zentimetern von Vogelkot bedeckt waren. Äste selbst großer Bäume brachen unter der Last der Zahl der dort einfallenden Vögel ab.

Die Wandertaube war möglicherweise einmal die Vogelart mit der größten Individuenzahl weltweit. Man schätzte ihren Bestand auf 3-5 Milliarden Tiere. Sie bildeten zum Teil riesige Schwärme. Es gibt einige Berichte von Schwärmen, die mehr als 100 Millionen Vögel umfasst haben sollen, ein Schwarm soll eine Länge von 360 Kilometern gehabt haben.

Das Aussterben

Ausgestopftes Männchen (oben) und Weibchen (unten) im Vanderbilt Museum, New York
Ausgewachsenes Weibchen, Fotografie von 1898

Die Wandertaube wurde in großen Stückzahlen gejagt und gegessen. So verkaufte ein Händler an einem einzigen Tag im Jahr 1855 18.000 Tauben. Der Vogelmaler John James Audubon hat das rigorose Abschlachten beschrieben:

An den Ufern des Ohio wimmelte es von Männern und Jungen, die ununterbrochen auf die beim Überqueren des Flusses niedriger fliegenden Pilger schossen. Zahlreiche wurden auf diese Weise vernichtet. Über eine Woche oder länger aß die Bevölkerung kein anderes Fleisch als das der Tauben. Während dieser Zeit war die Atmosphäre regelrecht durchtränkt von dem eigentümlichen Geruch, den diese Spezie ausströmt.
....Vor Sonnenuntergang waren wenige Tauben zu sehen, aber eine Menge Menschen mit Pferden und Wagen, Gewehren und Munition hatten bereits an den Waldrändern ihre Lager aufgeschlagen. Zwei Farmer aus der Umgebung des über hundert Meilen entfernten Russellsville hatten über dreihundert Schweine hergetrieben, um sie mit den zu schlachtenden Tauben zu mästen. Hier und da sah man Leute inmitten großen Haufen bereits erlegter Tauben beim Rupfen und Einsalzen. (zit. n. Albus, S. 12 f)

Besonders begehrt war das zarte und sehr fette Fleisch der Nestlinge. Bereits die nordamerikanischen Indianer hatten das Taubenfett als Butter- und Speckersatz genutzt. Man betrachtete die Tiere als Ernteschädlinge, entweder wegen ihrer Nahrung - sie lebten ja u.a. von der Überproduktion an Samen der Prairiegräser und hätten nun auch die Getreidefelder verwüsten können - oder durch ihre Kot-Massen. Die Jagd auf die Vögel professionalisierte sich mit dem technischen Fortschritt. Nachrichten über Nistplätze der Vögel wurden über Telegraphen weitergegeben und eine Vielzahl unterschiedlicher Jagdmethoden verwendet. Häufig fällte man die Bäume, in denen sich Hunderte von Nestern mit Jungen befanden. Abtransportiert wurden die erjagten Vögel mit der Eisenbahn. Ab 1880 brach die Population der Wandertauben zusammen.

Die Wandertaube legte immer nur ein Ei, sodass sich der Bestand nur sehr langsam wieder hätte erholen können. Die Wandertaube war eine sozial brütende Art; die Anwesenheit von Artgenossen wirkte stimulierend auf das Brutgeschäft. So sank der drastisch verkleinerte Bestand zusätzlich, weil die Einzelpaare nicht mehr in Brutstimmung kamen.

Fast alle Tiere des letzten verbliebenen Schwarms, der etwa eine Viertelmillion Individuen zählte, wurden an einem einzigen Tag im Jahr 1896 von Sonntagsjägern erlegt, denen bewusst war, dass sie den letzten wildlebenden Schwarm beschossen. Versuche, die Tauben in Gefangenschaft zu züchten, hatten keinen Erfolg. Die letzte bekannte Wandertaube, die man auf den Namen Martha getauft hatte, starb im Zoo von Cincinnati am 1. September 1914 im Alter von 29 Jahren. Ihr ausgestopfter Balg wird in der Smithsonian Institution aufbewahrt. Siehe Martha (Wandertaube).

Weltweit gibt es heute nur noch sehr wenige Exemplare von ausgestopften Wandertauben. Ein Exemplar wird heute in einem Museum in Columbia, Ohio, aufbewahrt, zwei im Naturama in Aarau, zwei im Museum Koenig in Bonn und eines im Naturkundemuseum Leipzig.

Literatur

Siehe auch

Weblinks

  • Ectopistes migratorius in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. Abgerufen am 31. Dezember 2008

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