Eduard von Wölfflin

Eduard von Wölfflin
Eduard Wölfflin. Foto aus Alfred Gudeman, Imagines Philologorum (1911)

Eduard (von) Wölfflin (später geadelt, * 1. Januar 1831 in Basel; † 8. November 1908 ebendort) war ein schweizerischer klassischer Philologe. Der Textkritiker und Universitätsprofessor initiierte das monumentale Unternehmen Thesaurus Linguae Latinae, ein Wörterbuch der lateinischen Sprache der gesamten Antike, das bis heute in München erstellt wird.

Leben

Wölfflin studierte ab 1849 Klassische Philologie, zunächst an der Universität Basel bei Karl Ludwig Roth und Franz Dorotheus Gerlach, dann in Göttingen bei Karl Friedrich Hermann. Noch vor der Promotion begann er auf Anregung Hermanns eine neue kritische Ausgabe der Schriften des Historikers Polyän, die er erst Jahre später veröffentlichte (1860). Seine Promotion erreichte er 1854 mit der Dissertation De Lucii Ampelii libro memoriali quaestiones criticae et historicae („Historische und kritische Untersuchungen zum Geschichtsbuch des Lucius Ampelius“); gleichzeitig veröffentlichte er eine kritische Ausgabe der Schrift.

In den folgenden Jahren arbeitete Wölfflin als Gymnasiallehrer (seit 1861 Gymnasialprofessor) in Winterthur und veröffentlichte zahlreiche textkritische Schriften und Ausgaben, darunter Caecilii Balbi de nugis philosophorum quae supersunt (1855), Polyaeni strategicon libri octo (1860), Livianische Kritik und Livianischer Sprachgebrauch (1864) und Publii Syri sententiae (1869). Zu seiner Tätigkeit im Schuldienst kam 1856 eine Anstellung als Privatdozent an der Universität Zürich, wo er 1869 zum ausserordentlichen Professor befördert wurde. 1871 wurde er zum ordentlichen Professor für Klassische Philologie und Literaturgeschichte ernannt. 1875 folgte er einem Ruf an die Universität Erlangen.

Die Stelle seiner bedeutendsten Wirksamkeit nahm Wölfflin von 1880 bis 1905 als ordentlicher Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München ein. Er wurde 1880 auch zum ordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt, deren auswärtiges Mitglied er seit 1879 war. In München legte Wölfflin den Grundstein für sein Lebenswerk, den Thesaurus Linguae Latinae. Seine umfangreichen sprachwissenschaftlichen Studien waren die Grundlage für seine Vorarbeiten zu dem Projekt, die er in der Reihe Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik mit Einschluss des älteren Mittellateins niederlegte; die Zahl der Mitarbeiter stieg rasch von anfangs 40 auf 250, und von 1884 bis zu Wölfflins Tod erschienen 15 Bände. Das Unternehmen erhielt auf Wölfflins Antrag bereits seit 1883 finanzielle Unterstützung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und wurde 1889 mit Unterstützung Theodor Mommsens der Preußischen Akademie vorgelegt. Schließlich kam man aufgrund der ungeheuren Größe und Last des Unternehmens überein, den Thesaurus den Akademien in München, Berlin, Göttingen, Leipzig und Wien gemeinsam zu übertragen. 1893 fanden vier Gründungskonferenzen in Leipzig, Frankfurt am Main, Coburg und Berlin statt, auf denen Wölfflin und Franz Bücheler einen Finanz- und Arbeitsplan vorlegten und Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff die Beteiligung der Göttinger Akademie vermittelte. Auf der letzten, entscheidenden Konferenz in Berlin wurden Wölfflin, Friedrich Leo in Göttingen und Franz Bücheler in Bonn die vorbereitenden Arbeiten übertragen. Der preußische Ministerialbeamte Friedrich Althoff versicherte den finanziellen Beistand der (preußischen) Akademien in Berlin und Göttingen.

In den folgenden Jahren überzeugte Wölfflin die Mitdirektoren Leo und Bücheler, dass die Konzentration des Unternehmens an nur einer Arbeitsstätte der Arbeit zugute kommen würde. So wurde von 1898 bis 1899 der Thesaurus ganz in München angesiedelt; nach dem Abschluss des Umzugs wurde Friedrich Vollmer als erster Generalredaktor eingesetzt. Wölfflin beteiligte sich an den Artikeln des Buchstaben A selbst und unterstützte das Unternehmen 1908 mit der Eduard-Wölfflin-Stiftung von 35'000 Schweizer Franken. Für seine Verdienste wurde er geadelt und mit dem Maximiliansorden ausgezeichnet.

Nach seinem Tod wurde das Unternehmen bis heute weitergetragen; auch Leo und Bücheler hielten ihre Mitarbeit bis zu ihrem Tode aufrecht. Bis heute ist das Unternehmen etwa zur Hälfte abgeschlossen.

Literatur

  • Gustav Meyer (Hrsg.): Eduard Wölfflin: Ausgewählte Schriften, Berlin 1933. Nachdruck Hildesheim 1977, ISBN 3-487-06137-6

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eduard Wölfflin — Eduard Wölfflin. Foto aus Alfred Gudeman, Imagines Philologorum (1911) Eduard (von) Wölfflin (später geadelt, * 1. Januar 1831 in Basel; † 8. November 1908 ebendort) war ein Schweizer klassischer Philologe, der als Dozent und Professor in Zürich… …   Deutsch Wikipedia

  • Eduard Woelfflin — Pour les articles homonymes, voir Wölfflin. Eduard Woelfflin Eduard Wölfflin (Eduard von Wölfflin après son anoblissement), né le 1er janvier 1831 à Bâle, où il mourut le 8 novembre 1908 …   Wikipédia en Français

  • Wölfflin — Wölfflin, 1) Eduard, Philolog, geb. 1. Jan. 1831 in Basel, studierte hier und in Göttingen, unternahm 1854 eine Studienreise nach Paris, habilitierte sich 1856 in seiner Vaterstadt und wurde 1861 Gymnasialprofessor in Winterthur, 1869… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wölfflin — Wọ̈lfflin,   1) Eduard, schweizerischer klassischer Philologe, * Basel 1. 1. 1831, ✝ ebenda 8. 11. 1908; wurde 1870 Professor in Zürich, 1875 in Erlangen, 1880 in München, widmete sich besonders der lateinischen Sprachgeschichte und war… …   Universal-Lexikon

  • Iwan von Müller — Iwan Philipp Eduard von Müller (* 20. Mai 1830 in Wunsiedel als Iwan Müller, geadelt 1889; † 20. Juli 1917 in München) war ein deutscher klassischer Philologe und Pädagoge, der als Professor an den Universitäten Erlangen (1864–1893) und München… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich Wölfflin — (Foto von Rudolf Dührkoop) Heinrich Wölfflin (* 21. Juni 1864 in Winterthur; † 19. Juli 1945 in Zürich) war einer der bedeutendsten Schweizer Kunsthistoriker …   Deutsch Wikipedia

  • Gottfried Heinrich von Lücken — (* 27. Juli 1883 in Wredenhagen; † 11. Oktober 1976 in München) war ein deutscher Klassischer Archäologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Literatur 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Ludwig Christoph Wilhelm von Döderlein — Stich nach einer Zeichnung von Schreiner Johann Ludwig Christoph Wilhelm von Döderlein (* 19. Dezember 1791 in Jena; † 9. November 1863 in Erlangen) war ein deutscher klassischer Philologe.[1] …   Deutsch Wikipedia

  • Ernst von Lasaulx — Ernst von Lasaulx, ca. 1860 Peter Ernst von Lasaulx [ la so: ] (* 16. März 1805 in Koblenz; † 9. Mai 1861 in München) war ein klassischer Philologe, Geschichtsphilosoph und Politiker …   Deutsch Wikipedia

  • Gottfried von Lücken — Gottfried Heinrich von Lücken (* 27. Juli 1883 in Wredenhagen; † 11. Oktober 1976 in München) war ein deutscher Klassischer Archäologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften (Auswahl) 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”