Egon Franke

Egon Franke
Egon Franke, 1976

Egon Franke (* 11. April 1913 in Hannover; † 26. April 1995 ebenda) war ein deutscher Politiker (SPD). Er war von 1969 bis 1982 Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen und vom 17. September bis zum 1. Oktober 1982 Vizekanzler der Bundesrepublik.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte Franke eine Lehre zum Tischler und bildete sich anschließend noch zum Kunsttischler an einer Kunstgewerbeschule fort.

1929 trat Franke der SPD bei. Bis 1933 war er Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiterjugend in Hannover.

Drittes Reich

Von 1933 bis zu seiner Verhaftung 1934 gehörte er der linkssozialdemokratischen Widerstandsorganisation Sozialistische Front an. 1935 wurde er wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt und verbrachte 2½ Jahre im Zuchthaus.

Von 1943 bis 1945 nahm er als Soldat im Strafbataillon 999 am Zweiten Weltkrieg teil und geriet nach Fronteinsatz und Verwundung in amerikanische Kriegsgefangenschaft.

Nachkriegszeit

Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft gehörte Franke 1945 zu den Mitbegründern der SPD in der Stadt und dem damaligen Land Hannover.

Von 1945 bis 1947 war Franke Ratsherr in Hannover. Von 1946 bis 1947 war er Mitglied des ernannten Landtages von Hannover und von 1947 bis 1951 dann Mitglied des Niedersächsischen Landtages.

Parteiämter

Von 1947 bis 1952 war er hauptamtliches Mitglied im SPD-Parteivorstand. Von 1950 bis 1970 war er Bezirksvorsitzender der SPD Hannover und Landesvorsitzender der Partei in Niedersachsen. 1964–1973 war Franke Mitglied des Parteipräsidiums der SPD und 1967 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.

Bundespolitik

Am 17. Mai 1951 wurde er für den verstorbenen Bruno Leddin in den Deutschen Bundestag nachgewählt. Ab 1953 war er bis 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Hannover-Nord (später Hannover I). Vom 13. Dezember 1966 bis 1969 war er Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und vom 26. Januar 1967 bis 1969 Vorsitzender des Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen.

Franke war von 1964 bis 1973 Mitglied im Präsidium der SPD. Innerparteilich positionierte sich Franke bei den Kanalarbeitern, einer Gruppe vorwiegend nicht-akademischer Abgeordneter des rechten gewerkschaftsnahen Parteiflügels, die bis in die 1980er Jahre über erheblichen Einfluss verfügte und deren führender Kopf er seit Anfang der 1960er Jahre war.

Minister für innerdeutsche Beziehungen

Egon Franke (rechts), 1970, mit Willy Brandt beim Erfurter Gipfeltreffen.

Nach der Bundestagswahl 1969 wurde er am 21. Oktober 1969 zum Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen in der von Bundeskanzler Willy Brandt geführten Bundesregierung ernannt. Dieses Amt behielt er auch unter Bundeskanzler Helmut Schmidt. Er war der Minister für Innerdeutsche Beziehungen (bzw. für Gesamtdeutsche Fragen) mit der längsten Amtszeit und zudem der einzige Minister, der während der gesamten Regierungszeit von Willy Brandt und Helmut Schmidt im gleichen Ressort amtierte.

Als Minister befürwortete er den von Bundeskanzler Schmidt konzipierten NATO-Doppelbeschluss auch gegenüber innerparteilichen Gegnern. Gegenüber dem linken SPD-Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Hansen, der 1981 aus der SPD ausgeschlossen wurde, erklärte er, dieser „habe bedauerlicherweise noch kein Zuchthaus von innen gesehen“ und sei „nicht im Vollbesitz seiner Gesundheit“.

Nach dem Bruch der sozialliberalen Koalition war er ab dem 17. September 1982 zusätzlich Vizekanzler. Mit der Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler schied Franke am 1. Oktober 1982 aus der Bundesregierung aus.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt geriet sein Umgang mit öffentlichen Geldern in die Kritik. Franke und sein Ministerialdirektor Edgar Hirt hatten zwischen 1979 und 1982 knapp 5,6 Millionen Mark, die für humanitäre Maßnahmen in der DDR, insbesondere für den Häftlingsfreikauf bestimmt waren, für andere Zwecke verwendet und durch falsche Deklaration der parlamentarischen Kontrolle entzogen.[1]

Spätere Jahre

Nach der Bundestagswahl 1983 wäre Franke Alterspräsident des Bundestages gewesen, nachdem er bereits 1980 nach Herbert Wehner (SPD) und Franz Amrehn (CDU) drittältester Abgeordneter gewesen war. Aufgrund der gerade anhängigen Untersuchungen verzichtete er jedoch zugunsten des Nächstälteren Willy Brandt darauf, die Eröffnungsrede des Bundestages zu halten. Mit der Bundestagswahl 1987 schied Franke aus dem Bundestag aus.

Ehrungen

  • 1968: Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland
  • In Frankes hannoverschem Wohnstadtteil Bothfeld ist seit 2003 der Egon-Franke-Weg nach ihm benannt.

Ämterstatistik

Parteiämter
  • Mitglied des Parteivorstand der SPD (1947-1952)
  • Bezirksvorsitzender SPD Hannover (1950-1970)
  • Landesvorsitzender der SPD Niedersachsen (1950-1970)
  • Mitglied im Präsidium der SPD (1964-1973)
Abgeordnetenmandate
  • Mitglied des Stadtrats von Hannover (1945-1947)
  • Mitglied des Niedersächsischen Landtages (1946-1951)
  • Mitglied des Deutschen Bundestags (1951-1987)
  • Stellvertretender Vorsitzender SPD-Bundestagsfraktion (1966-1969)
  • Vorsitzender des Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen (1967-1969)
Regierungsämter
  • Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen (1969-1982)
  • Vizekanzler (September 1982)

Siehe auch

Literatur

  • Markus Gloe: Egon Franke, in: Udo Kempf/ Hans-Georg Merz (Hrsg.): Kanzler und Minister 1949-1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen. Wiesbaden 2001, S. 252-256.

Einzelnachweise

  1. "Außerhalb offizieller Regularien", Spiegel 7/1983.

Weblinks

 Commons: Egon Franke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Egon Franke — (April 11, 1913 April 26, 1995) was a German politician and a member of the Social Democratic Party of Germany. He was Federal Minister for Intra German Relations from 1969 to 1982 and Vice Chancellor of Germany in 1982.References*de Persondata… …   Wikipedia

  • Egon Franke —  Cette page d’homonymie répertorie différentes personnes partageant un même nom. Egon Franke (1931 ), escrimeur polonais Egon Franke (1913 1995), homme politique ouest allemand Catégorie : Homonymie de personnes …   Wikipédia en Français

  • Egon Franke (fencer) — Egon Franke (born October 25, 1935) is a Polish fencer and olympic champion in foil competition.He received a gold medal in foil individual at the 1964 Summer Olympics in Tokyo. [http://www.databaseolympics.com/games/gamessport.htm?g=16 sp=FEN… …   Wikipedia

  • Egon Franke (homme politique) — Pour les articles homonymes, voir Egon Franke. Egon Franke …   Wikipédia en Français

  • Egon Franke (escrimeur) — Pour les articles homonymes, voir Egon Franke. Egon Franke …   Wikipédia en Français

  • Franke (Familienname) — Franke ist ein Familienname. Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z …   Deutsch Wikipedia

  • Franke — may refer to the following:; Franke as a family name * Bernd Franke German soccer player * Bette Franke Dutch fashion model * Bob Franke American folk singer and song writer * Christian Wilhelm Franke one of the editors of early editions of the… …   Wikipedia

  • Egon — Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Bekannte Namensträger 2.1 Vorname 2.2 Fiktive Personen 3 Sonstiges …   Deutsch Wikipedia

  • Egon Schmidt — (* 2. November 1927 in Klein Priesen; † 8. Mai 1983 in Güstrow) war ein deutscher Autor von Kinder und Jugendbüchern in der DDR. Verlegt wurden seine Bücher im Kinderbuchverlag Berlin und beim Hinstorff Verlag Rostock. Inhaltsverzeichnis 1 Leben… …   Deutsch Wikipedia

  • Egon Kähler — (* 26. September 1925 in Lübeck; † 29. Juni 1992 in Riga) war ein deutscher Politiker (SPD). Kähler war Geschäftsführer der Bremischen Gesellschaft für Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau mbH. Als Mitglied der Bremischen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”