Egstedt

Egstedt
Egstedt
Stadt Erfurt
Koordinaten: 50° 55′ N, 11° 3′ O50.91805555555611.055Koordinaten: 50° 55′ 5″ N, 11° 3′ 18″ O
Einwohner: 496
Eingemeindung: 1. Juli 1994
Postleitzahl: 99102
Vorwahl: 0361
Karte

Lage von Egstedt in Erfurt

Egstedt am Steiger ist ein Ortsteil der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt und liegt 8 km südlich des Stadtkerns. Die Ortschaft hat 496 Einwohner (31. Dezember 2010) und eine Fläche von 1258 ha.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Kirche von Egstedt (Lage→50.91851757583311.055062413333)
Gräber mit den 16 Gefallenen vom 11.April 1945 auf dem Egstedter Kirchhof

Vorgeschichte: Die Region ist bereits lange besiedelt. Aus der jüngeren Steinzeit fanden sich in der Egstedter Flur Steinbeile und -hämmer, aus der Bronzezeit eine Axt und ein Kelt aus dem damals üblichen Metall. Auf der benachbarten Walterslebener Flur wurde ein Gräberfeld der Bandkeramiker aus der jüngsten Bronzezeit (um 1000 bis 500 vor Chr.) entdeckt. Der Name der Egstedter Kirche "St. Michael" deutet auf eine vorher dort bestehende germanisch-heidnische Kultstätte.

Ortsname: Das Dorf fand bereits am Ende des 9.Jahrhunderts Erwähnung als Eggestat. Für den Ortsnamen gibt es mehrere Deutungen. "Egge" steht althochdeutsch für "Höhe", danach wäre Egstedt die "Stätte auf der Höhe". Tatsächlich ist der Ort mit 350 Metern der höchstgelegene um Erfurt. Andere Deutungen sind: "Eginstete" für "Schwertstätte" (althochdeutsch "Egin" = Schwert) oder Bezeichnung nach einem Namen wie Eginald, Eginbert oder Eginhard. [1]

Der Ort lag an einer alten Handelsstraße von Erfurt nach Süden Richtung Stadtilm. Die Geschichte von Egstedt war immer eng mit der von Erfurt verbunden. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen, so im Dreißigjährigen Krieg, flohen die Egstedter auch häufig in den Schutz der Erfurter Mauern.

Aus dem Ersten Weltkrieg kehrten 10 Egstedter Männer nicht zurück. Das ihnen gesetzte Kriegerdenkmal wurde 1975 bei der Verrohrung des Rinnebachs beseitigt. Vorher entfernte man schon die Nachbildung des Stahlhelms auf dem Mahnmal.

Ab Ende des 19.Jahrhunderts liegt ein Truppenübungsplatz östlich des Ortes (heute Standortübungsplatz der Bundeswehr). In einem Waldgebiet zwischen Egstedt und Schellroda befand sich im Zweiten Weltkrieg eine unterirdische Heeresmunitionsanstalt (die durch die NVA als „Muna“ bis 1990 weiter genutzt wurde).

Am 11. April 1945 zogen US-amerikanische Truppen in Egstedt ein, das 3. Bataillon des 318. Infanterie-Regiments der 80. US-Infanterie-Division. Am frühen Morgen war es zu Kampfhandlungen in der Egstedter Flur gekommen.[2] Dabei kamen 16 Wehrmachtssoldaten und ein Amerikaner ums Leben. Außer einem an seiner Flak getroffenen deutschen Soldaten wiesen alle anderen nach Augenzeugenaussagen aus dem Dorf Kopfschüsse auf.[3] Männer aus dem Dorf sammelten auf Pferdefuhrwerken die Leichen der Gefallenen ein. Sie wurden am 15. April auf dem Friedhof von Egstedt, neben der Kirche, in einer Grabreihe beigesetzt. Am 29. April fand eine Gedenkfeier in der Kirche statt. Der US-Soldat wurde ein Jahr später in die USA überführt. Die Grabanlage wurde auch zur DDR-Zeit von der Gemeinde und von Einwohnern gepflegt.

Egstedt verlor im Zweiten Weltkrieg 18 Männer an den Fronten und in Gefangenschaft. Der Ort war dann ab Juli 1945 Teil der SBZ, ab 1948 der DDR. So machte Egstedt die entsprechenden gesellschaftlichen Entwicklungen mit. Nach vielen Evakuierten aus den bombengefährdeten Gebieten während des Krieges hatte der Ort dann zahlreiche Heimatvertriebene aufzunehmen. Ende 1946 waren es 200 solche Neubürger.

Bei den ersten freien Kommunalwahlen im Mai 1990 erzielte die CDU 68%, die PDS 2,7% der 300 abgegebenen Stimmen. Bürgermeister blieb seit 1987 bis 2009 Dieter Lünser (CDU).

Nach der Wiedervereinigung 1989/90 entstand ein neues Wohngebiet in östlicher Richtung. Das Gebäude für die Kindertagesstätte und das Bürgerhaus wurden 1991 fertig gestellt. Der Dorfclub Egstedt e. V., der Heimatverein Egstedt e. V. und die Kirchgemeinde Egstedt gestalten im Wesentlichen das kulturelle Leben in der Ortschaft. Im Ort gibt es einen Imbiss, zwei Landwirtschaftsbetriebe und mehrere Handwerk- und Gewerbetreibende. Egstedt weist viele stattliche Höfe mit restaurierten Fachwerkbauten auf, besonders am Dorfanger. Die frühere Grundschule wurde 2009 an Privat verkauft und beinhaltet nun unter anderem ein Tonstudio.

Am 14. März 1974 wurde Egstedt um die bisherige Gemeinde Bechstedt-Wagd vergrößert. Am 1. Juli 1994 wurde Egstedt ohne Bechstedt-Wagd in die Landeshauptstadt Erfurt eingegliedert, während Bechstedt-Wagd tags zuvor nach Kirchheim umgegliedert wurde.

1998 beging Egstedt feierlich den 850 Jahrestag seiner urkundlichen Ersterwähnung.

Kirche St. Michael

Die Kirche, die der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht war (Trinitatis-Kirche) und deren Patronat ursprünglich der Äbtissin des Erfurter Cyriaksklosters zustand, wurde 1711 als evangelische Kirche neu errichtet. Der aus früherer Zeit stammende untere Teil des Turmes wurde beibehalten. Die zwei Glocken wurden von den Gebrüdern Ulrich in Apolda gegossen. Neben einem Taufbecken älteren Ursprungs aus Sandstein befindet sich ein Taufgestell aus der Zeit des Kirchenneubaus in der Kirche. Sehenswert ist eine weitestgehend original erhaltene Volcklandt-Orgel auf der oberen Empore. Sie ist allerdings nicht mehr spielbar und bedarf einer umfangreichen Restaurierung. Seit 2006 erfolgt als „Projekt Kirchenrenovierung“ die Restaurierung des wertvollen Kircheninneren durch Gemeindekirchenrat, engagierte Bürger und mit Unterstützung des Fördervereins Denkmalpflege in Thüringen sowie beider ortsansässige Vereine und Einzelspender. Bis 2010 wurden dabei das Tonnengewölbe, die Emporen sowie der Altar renoviert bzw. restauriert. Ziel ist es, die Kirche zu ihrer 300-Jahrfeier im Jahre 2011 „wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen“.

Wappen

Die früher selbstständige Gemeinde Egstedt bekam am 27. Juni 1994 vom Thüringer Innenministerium offiziell die Genehmigung, ein Wappen zu führen.

In diesem Wappen steht die Egge als beredtes Symbol für die volksetymologische Deutung des Ortsnamens und für die bis heute bestehenden Beziehungen zur Landwirtschaft. Das silberne sechsspeichige Rad auf rotem Untergrund steht für den historischen Handelsweg von Erfurt nach Stadtilm sowie für die Beziehungen Egstedts zu Erfurt. Das schwarze Kreuz symbolisiert die Ortskirche und deutet zugleich auch auf ein Sühnekreuz in der Ortslage hin.

Verkehr

Gepflasterte Landesstraße L 2155 nach Klettbach-Schellroda

Egstedt liegt an der (seit 1837 bestehenden) Landstraße von Erfurt nach Stadtilm.

Ein breiter Radweg neben der vielbefahrenen Strecke nach Erfurt wurde 2011 gebaut..

Veranstaltungen

  • Kirmes
  • Sportfest
  • Maifeuer (30.April)
  • Herbstfeuer (Tag der Zeitumstellung)
  • Sommerfest der Kirchgemeinde

Sehenswürdigkeiten

  • Ev. Dreifaltigkeitskirche und umgebender Friedhof mit 16 Gräbern deutscher Soldaten vom 11. April 1945
  • Fachwerkhäuser
  • Sühnekreuz aus Sandstein in Malteser-Kreuzform: am nördlichen Ortsrand rechts an der Landstraße nach Erfurt
  • Forsthaus Willroda im Willrodaer Forst östlich des Ortes

Partnerschaft

Seit 1990 mit Heidesheim am Rhein. Zwischen den evangelischen Kirchgemeinden bestand eine Partnerschaft bereits seit 1975

Persönlichkeiten

  • Hermann Reinholz (* 1924 in Egstedt, † 1967 in Saarburg): Jurist und Politiker (CDU/West)

Literatur

  • Egstedt. Die Geschichte unseres Dorfes. Verfasser des 1. Teils (bis 1932): Pfarrer August Nebe. Verfasser des 2. Teils (1933 bis 2006): Rosi Lünser und Dieter Lünser (Bürgermeister). Eigenverlag, 2008

Einzelnachweise

  1. August Nebe: Egstedt. Die Geschichte unseres Dorfes. Hrsg. Rosi Lünser, 2008, S.2
  2. Jürgen Möller (Militärhistoriker, Ansbach): Das Kriegsende in Thüringen. Manuskript, 2000. Zitiert nach Recherchen von Herbert Daniel, Erfurt, 2000
  3. Rosi Lünser: Egstedt. Die Geschichte unseres Dorfes. Chronik, 2008. S. 95

Weblinks


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