Agnes Gonxha Bojaxhiu

Agnes Gonxha Bojaxhiu
Mutter Teresa (1989)
Mutter Teresa erhält von Ronald Reagan 1985 die Freiheitsmedaille

Mutter Teresa (Ordensname, bürgerlich Anjezë Gonxhe Bojaxhiu [ˈagnɛs gonˈʤa bɔˈjaʤju], * 27. August 1910 in Üsküb (heute Skopje); † 5. September 1997 in Kolkata) war eine indische Trägerin des Friedensnobelpreises südosteuropäischer Herkunft. Als römisch-katholische Ordensschwester, zuerst im Loreto-Orden und später in dem von ihr gegründeten Orden der „Missionarinnen der Nächstenliebe“, führte sie ein Leben nach den Evangelischen Räten, so dass sie ihr Leben lang unverheiratet blieb. Von der römisch-katholischen Kirche wurde sie 2003 selig gesprochen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Frühe Jahre und Ausbildung

Gedenkstein an der Stelle des Geburtshauses von Mutter Teresa
Denkmal an der Universität von Tirana

Mutter Teresa wurde am 27. August 1910 als Agnes Gonxha Bojaxhiu in Üsküp im Osmanischen Reich auf dem Gebiet des heutigen Mazedonien geboren.

Gonxha (das aus dem Persischen stammende Wort für „Blütenknospe“) wuchs in einer wohlhabenden katholischen albanischen Familie auf. Ihr Vater stammt ursprünglich aus der Mirdita, einer Region im Norden Albaniens, und ihre Mutter aus Gjakova im Kosovo. Sie wurde von ihren Eltern sehr religiös erzogen. Ihre Schulausbildung absolvierte sie an einer katholischen Mädchenschule in Shkodra. Als sie zehn Jahre alt war, starb ihr Vater überraschend; sie widmete sich daraufhin noch mehr dem Glauben. Schon im Alter von zwölf Jahren entschied sie sich für ein Leben als Ordensfrau und bat im Alter von 18 Jahren um die Aufnahme in den Loretoschwestern. Dieser Orden engagierte sich damals besonders im Unterrichtswesen in Bengalen/Indien. Sie konnte jedoch nicht sofort mit ihrer Arbeit in Indien beginnen, sondern wurde erst ins Mutterhaus der Loretoschwestern nach Irland geschickt. Am 28. September 1928 reiste sie aus Skopje nach Irland ab. Nach nur zwei Monaten durfte sie ihren Wunsch erfüllen und sich dem Loreto-Orden in Bengalen anschließen. In Kalkutta legte sie die erste Profess ab. Daraufhin war sie 17 Jahre in der St. Mary's School in Kalkutta tätig, wo sie erst als Lehrerin, dann als Direktorin wirkte.

Arbeit in Indien

Auf einer ihrer zahlreichen Fahrten durch die Millionenstadt Kolkata verspürte sie am 10. September 1946 die göttliche Berufung, den Armen zu helfen. In ihrem Tagebuch schildert sie dieses Erlebnis als mystische Begegnung mit Jesus, der sie dazu aufgefordert habe „alles aufzugeben und Ihm in die Slums zu folgen - um Ihm in den Ärmsten der Armen zu dienen.“[1] Erst zwei Jahre später erhielt sie die Erlaubnis, die Loretoschwestern zu verlassen. Mutter Teresa wurde exklausiert, d. h. sie konnte den Orden verlassen, ohne ihren religiösen Stand als Ordensschwester aufgeben zu müssen. Fortan lebte Mutter Teresa unter den Ärmsten der Armen in den Slums von Kalkutta, wo sie zunächst als Einzelperson wirkte, bis sich ihr einige frühere Schülerinnen anschlossen. Ein berühmt gewordenes Porträt von ihr im Magazin LIFE brachte ihr den Beinamen „Saint of the Gutters“ ("Heilige der Gosse")ein.

Mutter Teresa hatte 1948 selbst die indische Staatsbürgerschaft angenommen und gründete 1950 den Orden „Missionarinnen der Nächstenliebe“. Wie in allen katholischen Orden verpflichten sich die Mitglieder auf die so genannten Evangelischen Räte der Ehelosigkeit, der Armut und des Gehorsams. Später wurde der Orden vom Papst anerkannt. Der Orden kümmert sich besonders um Sterbende, Waisen und Kranke, sein spezielles Engagement liegt jedoch in der Betreuung der Leprakranken. Heute gehören über 3.000 Ordensschwestern und über 500 Ordensbrüder in 710 Häusern in 133 Ländern der Erde dem Orden von Mutter Teresa an. Für das ihr zugerechnete Wirken erhielt sie zahlreiche Preise. Die bedeutendsten waren der Balzan-Preis für Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern 1978 und der Friedensnobelpreis 1979.

Auf die oftmals mangelnde medizinische Ausbildung ihrer Mitarbeiter pflegte Mutter Teresa zu entgegnen: „Nicht der Erfolg, sondern die Treue im Glauben ist wichtig.“ Neben der weltweiten Anerkennung für ihre Arbeit wurde sie für ihre konservative Weltanschauung kritisiert.[2] So sah sie in der Abtreibungspolitik vieler Länder die „größte Bedrohung für den Weltfrieden“. Als in Irland darüber abgestimmt werden sollte, ob die Ehescheidung legalisiert werden sollte, rief sie die Iren dazu auf, mit Nein zu votieren.

Die im Jahr 2007 von Brian Kolodiejchuk, dem Postulator in ihrem Heiligsprechungsprozess, in Buchform herausgegebenen Tagebuchnotizen und Briefe von Mutter Teresa belegen, dass sie sich über Jahrzehnte hinweg in einer schweren Glaubenskrise befand. Ihre massiven Zweifel an der Existenz Gottes setzten schon bald nach Gründung ihres Ordens ein und haben sie bis zu ihrem Tod nicht mehr verlassen.[3] Diese Unsicherheit ließ sie auch am Sinn ihrer Tätigkeit und Aufrichtigkeit, an der Bedeutung kirchlicher Rituale bzw. Sakramente (wie Gebet, Messe und Beichte) und an ihrem Verhältnis zu den Mitmenschen zweifeln. In bezeichnenden Passagen schreibt sie: „In meinem Innern ist es eiskalt“ oder „Die Seelen ziehen mich nicht mehr an - der Himmel bedeutet nichts mehr - für mich schaut er wie ein leerer Platz aus.“[4]

Tod und Seligsprechung

Wenige Tage nach dem Tod von Prinzessin Diana, den sie sehr bedauert hatte, starb Mutter Teresa am 5. September 1997. Unter großer Anteilnahme der Weltöffentlichkeit wurde sie in Kalkutta beigesetzt.

Der Selig- und Heiligsprechungsprozess begann im Juni 1999. Dies geschah mit besonderer Erlaubnis von Papst Johannes Paul II., da üblicherweise dieser Prozess frühestens fünf Jahre nach dem Tod eines Menschen eingeleitet werden darf. Die Seligsprechung geschah am 19. Oktober 2003 und war damals die schnellste Seligsprechung der Neuzeit. Die von Mutter Teresa in Briefen an ihre Beichtväter geäußerten Zweifel an der Existenz Gottes und Jesu Christi sind nach Ansicht von Kardinälen kein Hindernis für eine mögliche Heiligsprechung, da Glaubensschwierigkeiten ("dunkle Nacht der Seele") bei vielen Heiligen auftauchen. [5]

Kritik an der Arbeit Mutter Teresas

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Als Hauptkritikpunkte werden angeführt:

  • Leicht heilbare Patienten wurden vom Sterbehaus nicht immer in ein Krankenhaus eingewiesen, sondern ihnen wurde bisweilen durch die Behandlung womöglich geschadet, z. B. durch Verwendung nicht sterilisierter, mehrfach verwendeter Spritzen. [6]
  • Die Patienten mussten im Sterbehaus vielfach auf primitiven Feldbetten in großer Zahl auf engstem Raum vegetieren und auch die Nahrungsversorgung war nicht immer im nötigen Umfang gewährleistet. [7]
  • Viel weitergehender ist die Kritik, die der indische Autor Aroup Chatterjee in seinem Buch The final verdict anführt. So bezweifelt er in einem Interview, dass die Hilfstätigkeit in Kalkutta überhaupt stattgefunden habe ("36.000 Kranke, die sie von der Straße aufgesammelt habe. Ich fand keinen einzigen Menschen dem das passiert ist [...] Krankenwagen des Ordens sind zum Fahrdienst für die Nonnen umgebaut worden, und bei Hilferufen verwies der Orden auf die Ambulanz von Kalkutta.")[6]
  • Ein weiterer Kritikpunkt ist Mutter Teresas entschiedene Ablehnung der Abtreibung, unter anderem als "größter Zerstörer des Friedens"[8]. Im selben Kontext[9] geriet auch ihre Ablehnung von künstlicher Verhütung in die Kritik.[2][10]

Auszeichnungen

In Albanien wird der Tag der Seligsprechung von Mutter Teresa als Nationalfeiertag begangen, an dem Behörden und Schulen geschlossen bleiben. Die Regierung hat einen Mutter-Theresa-Orden gestiftet, die einzig bekannte Preisträgerin ist die ehemalige österreichische Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer für das Überlassen gebrauchter, nicht mehr benötigter Schulmöbel aus österreichischen Schulen. Im Jahr 2003 wurde der Flughafen von Tirana anlässlich ihrer Seligsprechung nach Mutter Teresa benannt.

In Skopje steht ein Denkmal in der Nähe ihres nicht mehr bestehenden Geburtshauses. Weitere Denkmäler finden sich auch in Albanien und in verschiedenen Städten mit großem albanischen Bevölkerungsanteil in Mazedonien, Kosovo und Südserbien.

Zu ihrem zehnten Todestag wurden vor dem Flughafen in Tirana, Albanien sowie in Manchester von der albanischen Community in England (in der Kirche von Gorton) Statuen eingeweiht.

Werke

  • Der einfache Weg. Bastei-Lübbe, Bergisch-Gladbach 1997, ISBN 3-404-61399-6.
  • Leben, um zu lieben. Herder, Freiburg 1999, ISBN 3-451-27018-8.
  • Was zählt, ist das Herz. Gebete, Gedanken Meditationen. Benno-Verl., Leipzig 2004, ISBN 3-7462-1739-3.
  • Komm, sei mein Licht. Die geheimen Aufzeichnungen der Heiligen von Kalkutta. Hrsg. und kommentiert von Brian Kolodiejchuk. Pattloch, München 2007, ISBN 978-3-629-02197-7.

Literatur

  • Aroup Chatterjee: Mother Teresa. The Final Verdict. Meteor Books, Kalkutta 2003, ISBN 8-18824-800-2 (eine kritische Auseinandersetzung mit Teresas Leben und Werk von einem aus Kalkutta stammenden ehemaligen Mitarbeiter des Ordens. Online-Version, ohne Bilder Volltext).
  • Thomas T. Mundakel: Der Engel der Armen. Mutter Teresa, die Biographie. Pattloch, München 2003, ISBN 3-629-01677-4.
  • Malcolm Muggeridge: Mutter Teresa. Leben und Wirken der Friedensnobelpreisträgerin. 6. Aufl. Herder, Freiburg 1979, ISBN 3-451-07628-4.
  • Christopher Hitchens: The Missionary Position: Mother Teresa in Theory and Practice. Verso Books, London 1995, ISBN 978-1-85984-929-3.

Filme

  • Klaus Vetter (Buch und Regie): Mutter Teresa oder die Freiheit, arm zu sein, Kathol. Filmwerk, Frankfurt/M., 1975 (Videokass., VHS, 45 Min.)
  • Kevin Connor (Dir.): Mutter Teresa, im Namen der Armen Gottes, 1997 (Videokass., VHS 93 Min.)

Weblinks

Quellen

  1. Jan Ross, „Keine Liebe, kein Glaube. Die Tagebücher der Mutter Teresa zeigen eine von tiefen Zweifeln erfasste Christin“, Die Zeit, 13. September 2007, S. 57.
  2. a b z.B. Parvathi Menon Cover story: A life of selfless caring. Frontline, Vol.14 :: No. 19 :: Sept.20 - October 3,1997
  3. Epochtimes-Online Der „Engel der Armen“ hatte Glaubenszweifel 30.08.2007
  4. Ross, „Keine Liebe, kein Glaube“.
  5. Mutter Teresa zweifelte an Gott auf n-tv.de
  6. a b Interview mit Aroup Chatterjee: Frankfurter Rundschau, Nr.206, 5.09.2007, S. 48.
  7. vgl. Robin Fox: Mother Theresa's care for the dying. In: The Lancet 1994 Sep 17;344(8925):807-8 PMID 7818649
  8. Abtreibung als angeblich größter Zerstörer des Friedens: Beichten Kapitel XIII.
  9. Rede bei der Verleihung des Friedensnobelpreises: 10.12.1979, Oslo, Norwegen.
  10. Erik Möller: Zur Seligsprechung von Agnes Gonxha Bojaxhiu, alias Mutter Teresa In: Telepolis. 2003


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