Eisenbahnfähre Warnemünde–Gedser

Eisenbahnfähre Warnemünde–Gedser

Das Trajekt Warnemünde–Gedser war die älteste deutsche Fährverbindung nach Skandinavien.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Seit den 1840er Jahren gab es eine Dampferverbindung zwischen Stettin und Kopenhagen, mit der u.a. Hans Christian Andersen am 2. August 1844 auf eine seiner vielen Reisen fuhr.[1] Diese Route wurde 1873 von einer viel kürzeren Postdampferverbindung zwischen Rostock und Nykøbing Falster abgelöst. Diese wurde ab 26. Juni 1886 nach Warnemünde und dem neuangelegten Hafen von Gedser verlegt, zunächst mit den Raddampfern „Kaiser Wilhelm“ und „König Christian“. Am 30. September 1903 wurde in Anwesenheit von König Christian IX. von Dänemark und Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin die Eisenbahnfährverbindung eröffnet.

Vom Beginn bis 1945

Die Eisenbahnen beschafften dafür die Schiffe „Prinsessin Alexandrine“ (DSB), „Friedrich Franz IV.“ (M.F.F.E.), die als eingleisige Schaufelradfähren für das Übersetzen der Schnellzüge vorgesehen waren, und „Prins Christian“ (DSB) und „Mecklenburg“ (M.F.F.E.), die als zweigleisige Schraubenschiffe für den Güterverkehr und den Betrieb in den Wintermonaten verwendet wurden.

Während des Ersten Weltkrieges kam es zu keinen Einschränkungen im Betrieb der Linie, da Dänemark in diesem Krieg ein neutraler Staat war.

1920 gingen die Mecklenburgischen Schiffe auf die Deutsche Reichsbahn über. Mit der 1926 in Dienst gestellten „Schwerin“ wurde ein modernes Fährschiff in Fahrt gebracht, das in der Werbung auch als Weißer Schwan der Ostsee bezeichnet wurde. Großzügige Aufenthaltsräume, Restaurants und ein Promenadendeck machten die Fahrt für die Passagiere besonders angenehm. Auf diesem Schiff war erstmals der PKW-Transport per Achse (vorher nur Bahnverladung) möglich. Das Fährschiff „Mecklenburg“ wurde modernisiert, die „Friedrich Franz IV.“ außer Dienst gestellt. Die DSB brachte das Fährschiff Danmark in Fahrt, das die Prinsessin Alexandrine ersetzte.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die „Schwerin“ vorübergehend an die Kriegsmarine abgegeben, kehrte aber bald auf die Linie zurück. Während der Besetzung Dänemarks durch die Deutsche Wehrmacht am 9. April 1940 wurden vom Fährschiff „Schwerin“ Teile der Invasionstruppen übergesetzt. Das Schiff wurde, als es sich zu einer Kesselreparatur in der Rostocker Neptun-Werft befand, durch Bombentreffer schwer beschädigt und nicht wieder repariert. Mit der Besetzung Rostocks und Warnemündes durch sowjetische Truppen wurde der Fährverkehr eingestellt. Die „Mecklenburg“ wurde als Reparation der Sowjetunion zugesprochen und von ihr an Polen übergeben.

Bedeutung für die DDR und West-Berlin

Schnelltriebwagen VT 18.16

Für die von den westlichen Staaten politisch nicht anerkannte DDR waren Beziehungen auf anderen als der diplomatischen Ebene für die internationale Aufwertung des Staates besonders wichtig. Eine Möglichkeit boten internationale Verkehrsverbindungen.

Nachdem der Fährverkehr 1947 durch die DSB wieder aufgenommen worden war, bemühte sich die Deutsche Reichsbahn, ein eigenes Fährschiff für die Linie zu bekommen. Pläne zur Wiederherstellung der „Schwerin“ oder den Ankauf eines Schiffes im Ausland scheiterten. Übergangsweise wurden Personen mit gecharterten Seebäderschiffen der Weißen Flotte befördert. Erst mit der Indienststellung des Neubaus „Warnemünde“ 1963 konnte die Deutsche Reichsbahn die Strecke wieder paritätisch mit der DSB bedienen, diese setzte ab 1968 das Fährschiff "Kong Frederik IX" ein.

Die Reichsbahn war bemüht, hochwertige Technik für die Verbindung bereitzustellen, so von 1963 bis Ende der 1970er Jahre den Schnelltriebwagen VT 18.16, der ab 1964 auf dieser Strecke für den Neptun eingesetzt wurde.

Bis zur politischen Wende in der DDR wurde die Bahnverbindung KopenhagenWarnemündeBerlin für den Verkehr zwischen Skandinavien und der DDR sowie von und nach West-Berlin als wichtig gesehen, in den letzten Jahren jedoch eher aus politischen Gründen. Es gab täglich zwei Schnellzugpaare (Tageszug Neptun, Nachtzug Ostsee-Express) nach Berlin Stadtbahn. Nach dem Mauerbau in Berlin (ab 1962) begannen die Züge im Bahnhof Zoo und hielten im Bahnhof Friedrichstraße und im Ostbahnhof (1987 bis 1998 Berlin-Hauptbahnhof). Dort wurden bei lokbespannten Zügen Wagen des Binnenverkehrs zugestellt, die bis Rostock Hauptbahnhof mitliefen und auch von DDR-Reisenden benutzt werden durften. Die internationalen Wagen waren, zumindest zeitweise, abgeschlossen und vom übrigen Zug getrennt. Dies und die peniblen Kontrollen der DDR-Grenzer und des DDR-Zolls führten dazu, dass die Beliebtheit der Züge bei den Skandinaviern immer mehr abnahm. Ende der 1980er Jahre bestanden der Neptun und der Ostsee-Express nur aus ein bis drei Schnellzugwagen, die von DR und DSB im Wechsel gestellt wurden. Mit dem Vindobona konnte man im Transit von Berlin nach Wien weiterreisen.

Nach der Wende in der DDR

Die Öffnung der Grenzen der DDR brachte der Eisenbahnfährverbindung noch einmal einen Aufschwung. Der Ansturm der Reisenden führte dazu, dass bis zu acht Eisenbahnwagen pro Fährfahrt transportiert werden mussten. Gleichzeitig stieg die Zahl der überzusetzenden PKW stark an. Für diesen Ansturm waren die Schiffe der Linie nicht ausgelegt. War das Auf- und Abziehen der Schnellzugwagen noch problemlos möglich, so war die stark gestiegene Zahl der PKW und LKW nur mit Schwierigkeiten zu bewältigen. Weder das Fährschiff „Warnemünde“ noch die „Kong Frederik IX“ verfügten über besondere Autodecks. Um die Kapazität voll ausnutzen zu können, mussten PKW, LKW und Sattelzüge oft umständlich und zeitaufwändig in das Wagendeck rangiert werden. Die Zufahrt zu den Abfertigungseinrichtungen von der Autobahn A19 nach Warnemünde war nur durch die oft durch Staus beeinträchtigte Rostocker Innenstadt möglich. Später ging die Zahl der Bahnreisenden immer stärker zurück, da die Zugverbindung langsam war und altes Material eingesetzt wurde - auf der dänischen Seite fuhr der Berlin-Express als Nahverkehrszug von und nach Kopenhagen. Das Auto war auch hier zum bevorzugten Verkehrsmittel geworden; eine autogerechte Fährverbindung war gefragt. 1993 wurde die Fährbrücke in Gedser noch auf das Anlegen mit dem Heck umgebaut, bei der Warnemünde wurde deshalb kurz vor ihrer Ausmusterung die stillgelegte und verschweißte Heckklappe reaktiviert.

Autofähre Rostock–Gedser

Fährschiff Prins Joachim

Der Eisenbahnfährbetrieb wurde im September 1995 eingestellt. Seitdem betreibt die deutsch-dänische Reederei Scandlines eine Autofähre ab dem neuen Fährterminal im Rostocker Überseehafen auf der anderen Seite der Warnow. Die Fähren (Kronprins Frederik und Prins Joachim) verkehrten früher als Eisenbahnfähren auf dem Großen Belt; die Rillenschienen im Wagendeck wurden lediglich zugeschweißt. Der Fähranleger in Rostock bietet aber keine Eisenbahnverlademöglichkeit, obwohl eine Gleisverbindung zum Hafen existiert.

Für Bahnreisende gibt es Anschlussbusse von Gedser nach Nykøbing Falster und Bus- oder S-Bahnverbindung nach Rostock Hbf. Die Bahnreise Kopenhagen–Berlin ist dadurch sehr umständlich geworden, wurde aber ab Dezember 2007 mit der Einführung eines täglichen ICE-Zugpaars Berlin-Kopenhagen über die Vogelfluglinie wieder deutlich vereinfacht. Als Alternativrouten bestehen weitere Verbindungen über die Vogelfluglinie mit Umstieg in Hamburg, das Nachtzugpaar Malmö–Berlin über die Königslinie (Sassnitz) oder die Fernbusse Berlin-Kopenhagen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www2.kb.dk/elib/mss/hcabio//andersen6.htm

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eisenbahnfähre Großenbrode–Gedser — Die Eisenbahnfähre Großenbrode–Gedser war eine Eisenbahnfährverbindung zwischen Großenbrode in der Bundesrepublik Deutschland und Gedser in Dänemark. Sie bestand zwischen 1951 und 1963. In Deutschland war diese Fährverbindung an die Bahnstrecke… …   Deutsch Wikipedia

  • Trajekt Warnemünde–Gedser — Warnemünde–Gedser Legende …   Deutsch Wikipedia

  • Gedser-Rostock-Brücke — Die Neutralität dieses Artikels oder Abschnitts ist umstritten. Eine Begründung steht auf der Diskussionsseite. Eine feste Rostock Gedser Querung wurde als Alternative zur Fehmarnbelt Querung vorgeschlagen. Sie würde die Ostsee an einer Breite… …   Deutsch Wikipedia

  • Gedser-Rostock-Querung — Die Neutralität dieses Artikels oder Abschnitts ist umstritten. Eine Begründung steht auf der Diskussionsseite. Eine feste Rostock Gedser Querung wurde als Alternative zur Fehmarnbelt Querung vorgeschlagen. Sie würde die Ostsee an einer Breite… …   Deutsch Wikipedia

  • Warnemünde — Rostock Warnemünde Basisdaten Postleitzahl: 18119 …   Deutsch Wikipedia

  • Eisenbahnfähre — Die größte Eisenbahnfähre der Welt: FS Skåne Eine Eisenbahnfähre, auch Trajekt, Trajektanstalt oder Trajektfähre genannt, ist ein Fährschiff, das in der Lage ist, Eisenbahnwagen oder Triebzüge in seinem Rumpf aufzunehmen. Eisenbahnfähren werden… …   Deutsch Wikipedia

  • Gedser — Vorlage:Infobox Ort in Dänemark/Wartung/Fläche fehltVorlage:Infobox Ort in Dänemark/Wartung/Höhe fehlt  Gedser …   Deutsch Wikipedia

  • Rostock-Gedser-Brücke — Die Neutralität dieses Artikels oder Abschnitts ist umstritten. Eine Begründung steht auf der Diskussionsseite. Eine feste Rostock Gedser Querung wurde als Alternative zur Fehmarnbelt Querung vorgeschlagen. Sie würde die Ostsee an einer Breite… …   Deutsch Wikipedia

  • Rostock-Gedser-Querung — Lage der geplanten Brücke im bestehenden Autobahn Netz Eine feste Rostock Gedser Querung wurde als Alternative zur Fehmarnbelt Querung vorgeschlagen. Sie würde die Ostsee an einer Breite von 40 bis 45 Kilometer von der Küste bei Rostock nach… …   Deutsch Wikipedia

  • Rostock-Warnemünde — Basisdaten Postleitzahl: 18119 Telefonvorwahl …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”