Eiserner Heinrich (Braunschweig)

Eiserner Heinrich (Braunschweig)
Der „Eiserne Heinrich“

Der Eiserne Heinrich (auch „Heinrich der Löwe in Eisen“ genannt) aus Braunschweig ist eine 3,90 m hohe Figur aus afrikanischem Weißholz und stellt den entschlossen dreinblickenden Welfen-Herzog Heinrich den Löwen in Kettenrüstung, mit Schwert und Schild dar. Auf dem Sockel des Standbildes befindet sich die Jahreszahl „1915“.

Historischer Kontext

Sehr bald nach Beginn des Ersten Weltkriegs kam der patriotische Brauch in Österreich-Ungarn auf, die (Zivil-) Bevölkerung an der Heimatfront mit in die Unterstützung der kämpfenden Truppe einzubeziehen, indem ihr die Möglichkeit gegeben wurde, durch Geldspenden ihren eigenen (Kriegs-)Beitrag zu leisten. Solche Solidaritätsbekundungen mit der kämpfenden Truppe fanden alsbald auch im Deutschen Kaiserreich ihre Anhänger.

An prominenten, meist geschichtsträchtigen Orten, wurden Figuren oder Objekte aus Holz aufgestellt, die lokale oder nationale Symbole darstellten. Die Bevölkerung bekam dann Gelegenheit gegen eine mehr oder weniger hohe Spende Nägel (meist aus Eisen, gelegentlich auch aus Bronze, Silber oder Gold) in diese einzuschlagen. Die dadurch gesammelten Beträge wurden meist wohltätigen Zwecken zugeführt und entlasteten so den durch den Krieg strapazierten Staatshaushalt.

Der Ursprung des Ganzen dürfte im „Wehrmann in Eisen“ liegen, der in Wien zum selben Zweck im Jahre 1914 aufgestellt wurde.

Der Eiserne Heinrich

Nägel im Zentrum des Schildes

Unter einem Baldachin auf dem Platz vor dem Braunschweiger Schloss wurde am 5. Dezember 1915 die überlebensgroße Holzfigur Heinrichs des Löwen zum Zwecke des Spendensammelns aufgestellt. Der Baldachin war mit dem Motto „Braunschweigs Dank an seine Heldensöhne“ überschrieben.

Der Entwurf der Figur geht auf den Bildhauer Arnold Kramer (1863-1918) zurück und wurde von Wilhelm Lüddeckens und Hans Bethmann ausgeführt. Das Standbild sollte in der Tradition der Rolands-Figuren stehen, entsprach aber in Wirklichkeit der während des Weltkrieges vorherrschenden vaterländischen Propaganda; die Verehrung Heinrichs des Löwen in Stadt und Herzogtum Braunschweig sollte zum Zwecke der Kriegsführung des gesamten Landes genutzt werden.

Die Nägel gab es in vier verschiedenen Varianten und damit Preiskategorien, um jedem Bevölkerungsteil die Gelegenheit zu geben, nach seinen Möglichkeiten bzw. nach seiner „patriotischen Gesinnung“ zu spenden. So waren die Nägel aus Eisen die billigsten, es folgten solche aus Messing, Silber und schließlich aus Gold. Die Preise pro Nagel betrugen je nach gewähltem Material sowie nach gewählter Position und Größe zwischen 50 Pfennig und 300 Mark. Viele der größeren Nägel, tragen den Namen des Spenders (Einzelpersonen, Unternehmen, Vereine, Schulen etc.), der zusätzlich auch noch in einem Gedenkbuch verewigt wurde. Im Zentrum des Schildes befindet sich der Nagel des letzten Welfen-Herzogs von Braunschweig Ernst August von Braunschweig-Lüneburg.

Die in Braunschweig gesammelten sogenannten „Nagel-Spenden“ wurden diversen humanitären Einrichtungen zugeführt, die sich um braunschweigische Soldaten an der Front und in Lazaretten kümmerten, so z.B. dem Roten Kreuz oder dem „Liebesgaben-Ausschuss“.

Der „Eiserne Heinrich“ wurde nach dem Ende des Krieges vom Schlossplatz in das in der Nähe befindliche Braunschweigische Landesmuseum gebracht und ist dort seit 1918 zu besichtigen.

Literatur

  • Jochen Luckhardt und Franz Niehoff (Hrsg.): Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125-1235, Band 3 Nachleben, München 1995
52.26472510.523068

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