Elektra (Oper)

Elektra (Oper)
Werkdaten
Titel: Elektra
Originaltitel: Elektra
Originalsprache: deutsch
Musik: Richard Strauss
Libretto: Hugo von Hofmannsthal
Uraufführung: 25. Januar 1909
Ort der Uraufführung: Dresden
Spieldauer: ca. 1 Stunde und 40 Minuten
Ort und Zeit der Handlung: Mykene, nach dem trojanischen Krieg.
Personen


Elektra (op.58) ist eine Oper in einem Aufzug von Richard Strauss. Das Libretto schrieb Hugo von Hofmannsthal, das erste von insgesamt sechs Libretti aus der erfolgreichen Zusammenarbeit der beiden Künstler. Elektra gehört wie Salome zur Gattung der sogenannten Symphonieoper, die mit Elektra ihren Höhepunkt fand. Im Mittelpunkt der Oper steht wie in Salome eine mythische Frauenfigur, die sich gegen ihre Familie auflehnt. Gegenüber der Oper Salome ist das Orchester mit 111 Musikern weiter vergrößert, die leitmotivische Arbeit ist zu einer mit dem Ohr kaum mehr wahrnehmbaren Dichte gesteigert, und an vielen Stellen werden die Grenzen der Tonalität gesprengt.

Die Uraufführung der Oper fand am 25. Januar 1909 an der Dresdner Hofoper statt.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung des Werkes

Nachdem sie sich 1899 in Berlin-Pankow im Hause des Dichters Richard Dehmel kennengelernt hatten, begegneten sich Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal zu Beginn des neuen Jahrhunderts in Paris. Eine einschneidende Begegnung für beide Seiten, welche bis zum Tode Hofmannsthals zu einer der erfolgreichsten Arbeitsgemeinschaften der Operngeschichte werden sollte. Noch im selben Jahr bot Hofmannsthal Richard Strauss, wie wohl in Paris abgemacht, ein fertiggestelltes Ballett zur Komposition an, (Der Triumph der Zeit). Strauss konnte sich für diesen Ballettentwurf nicht erwärmen, und es kam noch nicht zu einer Zusammenarbeit.

Im Jahre 1903 besuchte Richard Strauss die Uraufführung von Hofmannsthals Tragödie Elektra in Berlin. Als ich zuerst Hofmannsthals geniale Dichtung im „Kleinen Theater“ in Berlin mit Gertrud Eysoldt sah, erkannte ich wohl den glänzenden Operntext (der es nach meiner Umarbeitung der Orestszene tatsächlich geworden ist) und, wie seinerzeit in Salome die gewaltige musikalische Steigerung bis zum Schluß: in „Elektra“ nach der nur mit Musik ganz zu erschöpfenden Erkennungsszene der erlösende Tanz – in „Salome“ nach dem Tanz (als Kernpunkt der Handlung) die grausige Schlussapotheose.

Anfangs schreckte mich aber der Gedanke, dass beide Stoffe in ihrem psychischen Inhalt viel Ähnlichkeiten hatten, so dass ich zweifelte, ob ich ein zweites Mal die Steigerungskraft hätte, auch diesen Stoff erschöpfend darzustellen. Jedoch der Wunsch, dieses dämonische, ekstatische Griechentum des 6. Jahrhunderts Winckelmannschen Römerkopien und Goethescher Humanität entgegenzustellen, gewann das Übergewicht über die Bedenken und so ist „Elektra“ sogar noch eine Steigerung geworden in der Geschlossenheit des Aufbaus, in der Gewalt der Steigerungen, - und ich möchte fast sagen: sie verhält sich zu „Salome“ wie der vollendete stileinheitlichere „Lohengrin“ zum genialen Erstlingsentwurf des „Tannhäuser“. Beide Opern stehen in meinem Lebenswerk vereinzelt da: ich bin in ihnen bis an die äußersten Grenzen der Harmonik, psychischer Polyphonie (Klytämnestras Traum) und Aufnahmefähigkeit heutiger Ohren gegangen. (So Richard Strauss in seinen Betrachtungen und Erinnerungen)

Die anfänglichen Bedenken von Strauss konnte Hofmannsthal zerstreuen. Die einzigen Ähnlichkeiten der Stücke bestünden darin, so Hofmannsthal, dass sie Einakter seien, einen Frauennamen trügen, im Altertum spielten und in Berlin uraufgeführt wurden. Wünsche von Strauss, einen Stoff aus der Renaissance oder der Französischen Revolution zu verfassen, stießen bei Hofmannsthal auf taube Ohren. Er meinte, dass er in absehbarer Zeit keinen anderen Stoff als den der Elektra hervorbringen könne. Schließlich schrieb Strauss im Juni 1906 an Hofmannsthal: Ich habe mit der Elektra begonnen, es geht aber noch schwer von der Hand.

Von Beginn an herrscht eine düstere Atmosphäre, der permanente Rachegedanke Elektras zieht sich wie ein Leitfaden durch die ganze Oper. (Vater! Agamemnon, dein Tag wird kommen. Von den Sternen stürzt alle Zeit herab, so wird das Blut aus hundert Kehlen stürzen in dein Grab!) Klytämnestra, Elektras Mutter und Gegenspielerin, ist eine Frau am Rande des Wahnsinns, mit täglichen Alpträumen. (Und dann schlaf ich und träume, träume, dass sich mir das Mark in den Knochen löst...)

Die alleinige Lichtgestalt der Oper ist Chrysothemis. Sie ist die einzige Person, die menschliche Züge hat. (Kinder will ich haben...Ich bin ein Weib und will ein Weiberschicksal!)

Diverse Wünsche von Strauss nahm Hofmannsthal auf und änderte das Libretto nach den Wünschen des Komponisten, um die Handlung noch dramatischer zu gestalten. So weitete er die Orest-Szene aus, so dass Strauss ein Zwischenspiel einfügen konnte, während Elektra ihren wieder zurückgekehrten Bruder betrachtet. Dann wiederholt sie Orests Namen noch drei Mal, und versinkt beinahe in Zärtlichkeiten, bevor sie wieder in eine düstere, rachsüchtige Stimmung verfällt.

Elektra ist reich instrumentiert. Mit 111 Musikern verlangt sie ein noch größeres Orchester als Salome. Aber die Musik gegenüber der Salome ist härter, herber, dissonanter; sie enthält polytonale Passagen und gewaltige Klangblöcke wie aus Granit. Nach der Elektra konnte die Symphonieoper keine weitere Steigerung erfahren.

Am 25. Januar 1909 wurde schließlich die Oper, wie bereits Salome vier Jahre zuvor, in Dresden uraufgeführt. Richard Strauss schreibt in seinen Erinnerungen: Der Erfolg der Premiere war, was ich, wie gewöhnlich, erst nachträglich erfuhr, ein anständiger Achtungserfolg. Angelo Neumann telegrafierte nach Prag sogar „Durchfall“! Jetzt gilt vielen „Elektra“ als Höhepunkt meines Schaffens! Andere stimmen für Die Frau ohne Schatten! Das große Publikum schwört auf den Rosenkavalier Man muß zufrieden sein, als deutscher Komponist es so weit gebracht zu haben.

Unmittelbar nach der Uraufführung setzte das Werk seinen Siegeszug um den Erdball fort. Nach dem Erscheinen des Rosenkavaliers und nach dem ersten Weltkrieg wurde es etwas ruhiger um das Werk. Heute ist Elektra ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil des Repertoires der Opernhäuser.

Handlung

Vorgeschichte

Nach der Rückkehr Agamemnons aus dem trojanischen Krieg wurde er von seiner Frau Klytämnestra und ihrem Geliebten Aegisth ermordet. Ihre Tochter Elektra brachte daraufhin ihren kleinen Bruder Orest außer Landes in Sicherheit. Dort wird er zum Rächer seines Vaters erzogen. Auf dem Hof in Mykene hält Elektra als Einzige die Erinnerung an den Mord ihres Vaters aufrecht und harrt des Tages der Vergeltung.

Haupthandlung – Hof auf der Rückseite des Palastes

Die Mägde am Hofe ereifern sich über Elektra, die trotz gewisser Hasstiraden gegen ihre Mutter immer noch am Hofe geduldet wird. Nur eine Magd hält Fürsprache für Elektra. Sie wird von den anderen ins Haus gejagt und geschlagen.

Elektra tritt auf. Um diese Stunde hält sie ihr alltägliches Ritual und gedenkt der Ermordung ihres Vaters, Agamemnon. Sie malt sich die blutige Rache gegen die Mörder und der Mitverschwörer ihres Vaters aus. An diesem bestimmten Tage will sie ein blutiges Fest mit Siegestänzen veranstalten. Ihre Schwester Chrysothemis reißt sie aus ihren Träumen. Sie warnt Elektra vor ihrer Mutter und ihrem Gemahl. Aufgrund ihrer Sticheleien soll sie vom Hofe verbannt werden. Dann erklärt sie weiter, dass sie nicht länger auf die Rückkehr ihres Bruders warten kann. Chrysothemis sehnt sich nach der Liebe, Mutterschaft und einem Weiberschicksal.

Beide hören, dass die Königin naht. Sie hat wieder einmal schlecht geträumt und will ein Opfer bringen, um die Götter zu versöhnen. Chrysothemis entfernt sich, Elektra jedoch stellt sich der Mutter entgegen. Klytämnestra ist mit Amuletten und Talismanen behangen. Sie kommt mit ihrem Gefolge aus dem Palast. Ihre Vertrauten warnen sie vor den heuchlerischen Äußerungen Elektras. Sie warnen die Königin, dass die Freundlichkeit Elektras nicht ernst gemeint sei. Die Königin jedoch schickt die Dienerinnen weg. Sie will sich alleine mit Elektra unterhalten, hofft von ihrer Tochter zu erfahren, wie man sich von den Alpträumen befreien kann.

Allein mit Elektra beschreibt die Königin ihre unerklärliche Krankheit, gegen die sich alle Bräuche und Opfer bisher als wirkungslos erwiesen haben. Elektra behauptet, ein geeignetes Opfertier zu kennen: eine Frau, deren Namen sie aber zunächst nicht nennen will. Erst ein Drohen der Königin löst Elektras Zunge. Klytämnestra selbst muss sterben, dann erst hören ihre Träume auf. Mit grausiger Lust beschreibt sie in allen Einzelheiten die Jagd und Tötung der Mutter durch den Rächer Orest. Die Königin ist zunächst entsetzt. Dann kommt ihre Vertraute aus dem Palast und flüstert ihr etwas zu. Mit höhnischem Gelächter verschwindet die Königin im Hause und lässt die verdutzte Elektra alleine zurück.

Chrysothemis kommt jammernd aus dem Haus und erklärt Elektra den Grund für Klytämnestras plötzliche Freude. Orest ist tot. Zwei Fremde haben diese Nachricht soeben gebracht. Ein junger Diener lässt sich ein Pferd satteln und eilt Aegisth entgegen, um ihm diese freudige Nachricht zu überbringen. Elektra versucht nun, Chrysothemis zur Mithilfe ihrer Rachepläne zu gewinnen. Sie verrät ihr, dass sie das Beil, mit dem Agamemnon getötet wurde, im Hof vergraben hat. Sie verspricht Chrysothemis sogar, nach dieser Tat selbst für ihre Schwester das Hochzeitsbett zu bereiten. Chrysothemis will davon nichts wissen und eilt davon.

Elektra will die Tat nun selbst vollbringen. Sie sucht nach dem Beil und gräbt es aus. Derweil ist ein junger Fremder aufgetaucht. Dieser überbringt nochmals die Nachricht von Orests Tod. Als sie ihm ihren Namen nennt, ist der Fremde bestürzt über den jammervollen Anblick der Prinzessin, die so mager und abgezehrt aussieht. Dann gibt er sich als Orest zu erkennen. Mit der Maskerade erhoffte er sich leichteren Zugang zum Palast zu verschaffen, um den Vater zu rächen. Elektra ist zunächst überglücklich, ihren Bruder wiederzusehen. Aber zugleich schämt sie sich vor dem Bruder. Sie beschreibt ihre Rachegedanken der letzten Jahre, und wie sie hierfür alles geopfert hat, ihre Jugend, ihre Schönheit und ihre Selbstachtung. Als sein alter Pfleger auftaucht, gehen beide schnell ins Haus, um die Tat auszuführen. Erst als beide im Haus sind, merkt Elektra, dass sie das Beil zurückgelassen haben.

Aus dem Haus dringen die Todesschreie der Königin. Als Chrysothemis und die Mägde diese hören, kommen sie schnell herbeigeeilt. Jedoch versperrt ihnen Elektra den Zugang ins Haus. Als sie hören, dass sich Aegisth nähert, verschwinden die Frauen wieder. Mit heuchlerischer Freundlichkeit begrüßt ihn Elektra und leuchtet ihm den Weg in den Palast. Im Palast angekommen, wird er von Orest erschlagen. Im Haus werden die Anhänger der Klytämnestra von Orest und den Getreuen des verstorbenen Agamemnons überwältigt. Chrysothemis kommt jubelnd herbeigelaufen und beschreibt mit eindrucksvollen Bildern den blutigen Sieg ihres Bruders. Elektra ist in ihrem Glück der Wirklichkeit schon entrückt. Sie beginnt zu tanzen und scheint nichts um sich herum mehr wahrzunehmen. Auf dem Höhepunkt ihres ekstatischen Triumphtanzes bricht sie tot zusammen. Chrysothemis ruft nach ihrem Bruder: Orest! Orest!

Quellen

  • Hartmann, Rudolf; Richard Strauss – Die Bühnenwerke von der Uraufführung bis heute; R.Piper & Co Verlag, ISBN 3-492-02567-6; 1980
  • Strauss, Richard; Betrachtungen und Erinnerungen; herausgegeben von Willi Schuh, Zürich 1957
  • Rolf Fath: Reclams Opernführer. Reclam Verlag, ISBN 3-15-010406-8; 1994
  • Kultur Bibliothek; Band II; Opern- und Operettenführer, ISBN 3-88199-297-9; 1986
  • Decca Records, Aufnahme und Textbuch Elektra von Gert Uekermann; 1986

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