Elektrostatische Polarisation

Elektrostatische Polarisation

Polarisation (oder dielektrische Polarisation) bedeutet eine Ladungsverschiebung in einem nichtleitenden Material. Das geschieht durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes. Die Ladungsverschiebung in einem Leiter wird hingegen Influenz genannt.

Im Inneren des Körpers erfolgt durch das äußere elektrische Feld eine Ladungstrennung. Im Inneren sowie auch an den Oberflächen ist eine makroskopische Ladungsverteilung (Polarisationsladungen oder gebundene Ladungen) wahrnehmbar.

Inhaltsverzeichnis

Polarisationsarten

Verschiebungspolarisation

Der Atomkern (positiver Ladungsschwerpunkt) wird durch ein externes Feld links neben den negativen Ladungsschwerpunkt (Elektronenhülle) gezogen.

Hauptartikel: Verschiebungspolarisation

Elektronenpolarisation
Bei unpolaren Molekülen wird die Elektronenwolke, die den Atomkern umgibt, durch das angelegte externe elektrische Feld gegen den Atomrumpf verschoben. Im Inneren des Körpers entsteht so eine makroskopische, inhomogene Ladungsverteilung. Sobald das externe Feld verschwindet, sind die Orte der Ladungsschwerpunkte wieder identisch. Handelt es sich um ein elektrisches Wechselfeld (siehe Mikrowellenherd), entsteht durch das Hin- und Herschwingen der Kerns keine Wärmeenergie.
Ionenpolarisation
In Ionenkristallen verschieben sich Ionen gegeneinander.

Orientierungspolarisation

Dipolmoment eines H2O-Moleküls.
Links: tatsächlicher Aufbau
Rechts: elektrisches Dipol

Hauptartikel: Orientierungspolarisation

In einigen Molekülsorten wie Wasser sind die Schwerpunkte der elektrischen Ladungen deutlich voneinander getrennt. Man spricht dann von permanenten Dipolen, deren Richtungen im Grundzustand statistisch verteilt sind. Eine technisch bedeutsame Ausnahme sind die Elektrete, die permanent ausgerichtete elektrische Dipole enthalten.

Durch die Einwirkung eines externen elektrischen Feldes werden diese Dipole immer besser gleichgerichtet, je stärker dieses Feld ist. Diese Polarisierungsart erfolgt wegen der großen zu bewegenden Massen langsam, ferner ist sie temperaturabhängig. Eine Temperaturerhöhung stört die gleiche Ausrichtung immer mehr. Bei zunehmender Frequenz des elektrischen Feldes verschwindet diese Polarisation als erstes. Dagegen ist die Verschiebungspolarisation nur schwach von der Temperatur abhängig.

Grenzflächenpolarisation

In mehrphasigen Werkstoffen entstehen an deren Grenzflächen unterschiedliche Ladungen.

Mathematische Betrachtung

In der Elektrostatik und in der Elektrodynamik bezeichnet die Polarisation das Vektorfeld, das aus einem permanenten oder induzierten Dipolmoment in einem dielektrischen Material (Dielektrikum) resultiert. Der Polarisationsvektor \vec{P} ist definiert als das Dipolmoment pro Volumen.

Die Abhängigkeit der Polarisation \vec{P} vom elektrischen Feld \vec{E} ist im Allgemeinen nichtlinear und anisotrop:

P_i / \epsilon_0 = \sum_j  \chi^{(1)}_{ij} E_j  +  \sum_{jk} \chi_{ijk}^{(2)} E_j E_k + \sum_{jk\ell} \chi_{ijk\ell}^{(3)} E_j E_k E_\ell  + \cdots \!

Die χ(i) sind Tensoren (i + 1)-ter Stufe, \varepsilon_0 ist die Vakuum-Dielektrizitätskonstante . χ(1) beschreibt die lineare Suszeptibilität, χ(2) ist für den Pockels-Effekt und χ(3) für den Kerr-Effekt verantwortlich.

In einem homogenen linearen isotropen dielektrischen Medium ist die Polarisation parallel und proportional zum elektrischen Feld \vec{E}:

\vec{P}  = \varepsilon_0 \chi \vec{E}

wobei χ die elektrische Suszeptibilität des Mediums ist, d.h. \chi^{(1)}_{ij} = \chi\,\delta_{ij} und χ(i) = 0 für i\ge 2.

Wenn die Polarisation \vec{P} nicht proportional zum elektrischen Feld \vec{E} ist, dann wird das Medium nichtlinear genannt (→nichtlineare Optik). Wenn die Richtung von \vec{P} nicht parallel zu der von \vec{E} ist, wie das in vielen Kristallen der Fall ist, ist das Medium anisotrop (→Kristalloptik).

Die oben genannten Polarisationsarten summieren sich zu einer Gesamtpolarisation bzw. Gesamtsuszeptibilität auf:

χ = χElektron + χIon + χOrientierung

Die einzelnen Suszeptibilitäten sind frequenzabhängig. Für niedrige Frequenzen tragen alle Teile bei. Bei höheren Frequenzen verschwindet zuerst die Orientierungspolarisation (die Moleküle können mit dem schnell wechselnden E-Feld nicht mehr mitrotieren, etwa ab Mikrowellenbereich), dann die ionische Polarisation (die Ionen können wegen ihrer Trägheit dem Feld nicht mehr folgen, etwa ab Infrarot-Bereich) und schließlich die elektronische Polarisation (etwa ab UV-Bereich), sodass die Gesamtsuszeptibilität im Höchstfrequenzbereich auf Null absinkt.

Siehe auch


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