Elise Bürger

Elise Bürger
Elise Bürger um 1805 als Cleopatra in August von Kotzebues Octavia.

Marie Christiane Elisabeth „Elise“ Bürger, geborene Hahn (* 19. November 1769 in Stuttgart; † 24. November 1833 in Frankfurt am Main) war eine deutsche Schriftstellerin und Schauspielerin. Sie veröffentlichte ihre Werke auch anonym und unter dem Pseudonym Theodora, Pilgerin nach dem Heimatlande. Im Jahr 1790 wurde sie die dritte Ehefrau des Schriftstellers Gottfried August Bürger.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Elise Bürger wurde als Tochter des Christoph Eberhard Hahn und der Christiane Elisabeth Aschoff in Stuttgart geboren. Sie begeisterte sich für die Dichtung Gottfried August Bürgers und schrieb ihm im Alter von 20 Jahren 1789 ein 13-strophiges Gedicht, worin sie Bürger ihre Liebe erklärt und ihn bittet, ihr Mann zu werden. So schrieb sie unter anderem:

Mein Auge sah von dir sonst nichts,
Als nur die Abschrift des Gedichts,
Und dennoch – lieb' ich dich!
Denn deine Seele, fromm und gut,
Und deiner Lieder Kraft und Muth
Entzückten mich.
[...]
Denn träten tausend Freier her,
Und böthen Säcke Goldes schwer,
Und du begehrtest mein:
Dir weigert' ich nicht Herz noch Hand;
Selbst um mein liebes Vaterland
Tauscht' ich dich ein.[1]

Obwohl Bürger das Gedicht zuerst als Scherz auffasste, antwortete er ihr auf Anraten seiner Freunde ebenso im fünfstrophigen Gedicht An Elise.

Was singt mir dort aus Myrtenhecken,
Im Ton der liebevollen Braut?
Mein Herz vernimmt mit süßem Schrecken
Den unerhörten Schmeichellaut.
O Stimme, willst du mich nur necken,
Und lachend den Betrug entdecken,
So bald das eitle Herz dir traut ...[2]

Es entstand ein Briefwechsel, in dessen Folge Bürger in einem denkwürdigen Brief sein bisheriges Leben ohne Schleier darstellte.

Bürger reiste in den Osterferien 1790 nach Stuttgart und führte im Oktober 1790 sein „Schwabenmädchen“ Elise Bürger zum Altar. Es war Bürgers dritte Ehe, die sich jedoch bald als unglücklich erwies. Obwohl am 1. August 1791 der gemeinsame Sohn Agaton zur Welt kam[3], betrog Elise Bürger ihren Mann seit Beginn der Ehe. Sie galt als verschwenderisch und rechthaberisch und zerstreuungssüchtig[4], während sie sich von Bürger nur als „Putzmamsell“ ausgenutzt fühlte. Bei einem ihrer Liebesabenteuer wurde sie von Bürger, der sie durch ein zuvor gebohrtes Türloch beobachtete, gestellt. Er presste seiner Frau daraufhin sowohl ein schriftliches Schuldeingeständnis ab als auch eine Erklärung, wonach sie auf finanziellen Scheidungsausgleich zu verzichten hatte. Zudem legte er ihr das Verbot auf, jemals wieder zu heiraten.

Elise Bürger verließ das Haus im Februar 1792 und wurde am 31. März gerichtlich von ihm geschieden. Sie ging kurz nach der Scheidung ans Theater und trat bereits im Oktober 1792 als Lady Milford in Altona auf. Weitere Stationen waren Hamburg, 1799 Hannover und 1804 bis 1807 das königlich sächsische Hoftheater in Dresden. Im Jahr 1810 spielte sie in Berlin, vier Jahre später in München und durchreiste Deutschland später als Deklamatrice und plastisch-mimische Darstellerin.

Seit 1799 war Elise Bürger auch als Schriftstellerin erfolgreich und verfasste Dramen, Romane und Gedichte. Sie schrieb auch für Zeitungen. Im Alter erblindete Elise Bürger völlig und starb 1833 in Frankfurt am Main.

Werke

  • Adelheid, Gräfinn von Teck. Ritterschauspiel in 5 Akten (1799)
  • Schein und Wahrheit (1799)
  • Irrgänge des weiblichen Herzens. Roman (1799)
  • Das Bouquet (in Sämtliche theatralische Werke, 1801)
  • Die Heiratslustigen (in Sämtliche theatralische Werke, 1801)
  • Die Überraschung (1801)
  • Ueber meinen Aufenthalt in Hannover (1801)
  • Mein Taschenbuch. Den Freundlichen meines Geschlechts gewidmet (1801)
  • Gedichte (1812)
  • Lieder, am Rhein gedichtet. (o. J.)
  • Lieder, dem heiligen Kriege für die Rettung der Völker gesungen (1814)
  • Clara von Montalban. Drama in 5 Akten nach Frau von Genlis (o. J., UA 1819)
  • Die schwäbische Bäuerin (o. J., UA 1819)
  • Die antike Statue aus Florenz. Scherzspiel (1829)

Literatur

  • Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts. Band 1. F. A. Brockhaus, Leipzig 1823, S. 84–87.
  • Friedrich W. Ebeling: Gottfried August Bürger und Elise Hahn. Ein Ehe-, Kunst- und Literaturleben. Wartig, Leipzig 1868.
  • Hermann Hettner: Bürger, Gottfried August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 595–600. (Nebeneintrag)
  • Philipp Stein: Deutsche Schauspieler: 1. Das XVIII. Jahrhundert. Gesellschaft für Theatergeschichte, Berlin 1907, (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte 9), S. 5f.
  • Elisabeth Friedrichs: Lexikon der deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. Metzler, Stuttgart 1981, ISBN 3-476-00456-2, (Repertorien zur deutschen Literaturgeschichte 9), S. 44.
  • Susanne Kord: Ein Blick hinter die Kulissen. Deutschsprachige Dramatikerinnen im 18. und 19. Jahrhundert. Metzler, Stuttgart 1992, ISBN 3-476-00835-5, (Ergebnisse der Frauenforschung 27), S. 345f.
  • Kurt Schreinert: Elise Bürger im Artikel Gottfried August Bürger. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, S. 744 f.
  • Ulrike Weckel: Bürgerliche Raffinesse. Zur wohlinszenierten Eheanbahnung von Elise Hahn und Gottfried August Bürger. In: Ulrike Weckel (Hrsg.): Ordnung, Politik und Geselligkeit der Geschlechter im 18. Jahrhundert. Wallstein, Göttingen 1998, ISBN 3-89244-304-1, S. 143–167.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Elise Hahn: Elise an Bürger. In: Sammlung der vorzüglichsten deutschen Classiker. Siebenzigster Band (Bürgers Gedichte, 1. Band). Bureau der deutschen Classiker, Carlsruhe 1823, S. 138–141
  2. Gottfried August Bürger: An Elise. In: Sammlung der vorzüglichsten deutschen Classiker. Siebenszigster Band (Bürgers Gedichte, 1. Band). Bureau der deutschen Classiker, Carlsruhe 1823, S. 142.
  3. Agathon verstarb 1813 in Dresden. Vgl. ADB, S. 599.
  4. NDB, S. 745.

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