Emil Rupp

Emil Rupp

Emil Rupp, eigentlich Philipp Heinrich Emil Rupp, (* 1. Juli 1898 in Reihen (heute Stadtteil von Sinsheim); † 1979) war zwischen 1926 und 1935 einer der bekanntesten deutschen Physiker, dessen angebliche Experimente und Veröffentlichungen jedoch später als völlig gefälscht erkannt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Emil Rupp studierte Physik in Göttingen und Heidelberg, wo er ein Schüler von Philipp Lenard war, bei dem er 1920 mit summa cum laude promovierte. Trotz seiner glänzenden Abschlüsse fand er aber zunächst „nur“ eine Anstellung als Industriephysiker bei der AEG. Dort arbeitete er aber weiter intensiv daran, durch (auch in den Titeln) aufsehenerregende Arbeiten eine Habilitation und schließlich doch eine Professur zu erreichen.

Manipulierte Arbeiten

Albert Einstein wurde 1926 auf Rupp aufmerksam, nachdem dessen Habilitationsschrift Interferenzuntersuchungen an Kanalstrahlen in der Zeitschrift Annalen der Physik (Band 79) veröffentlicht worden war. Rupps Experimente schienen in deutlicher Weise Einsteins theoretischem Konzept des Welle-Teilchen-Dualismus bei Photonen entgegenzukommen. An der Grenze des damals experimentell möglichen, suggerierte Rupp darüber hinaus mit seinen Experimenten, dass eindeutige Belege für die neuen quantenmechanischen Fragestellungen schon vorhanden seien. Obwohl andere Physiker die Experimente Rupps nicht nachvollziehen konnten und teilweise seine Seriosität schon in Frage stellten, und obwohl auch bei Einstein gelegentlich Zweifel aufkamen, gelang es Rupp dennoch immer wieder, dass er in namhaften Publikationsorganen weiter veröffentlichen und somit seinen sehr guten Ruf aufrechterhalten konnte. Aufwändige Wiederholungen seiner Experimente, die durch Wilhelm Wien von der Universität München initiiert wurden, brachten keinen Erfolg.

Aufdeckung der Fälschungen

Ab 1932 veröffentlichte Rupp „sensationelle“ Experimente zum Positron, das erst kurz vorher entdeckt worden war. Einige seiner Kollegen bei der AEG erkannten jedoch bald, dass Rupp gar keine so hohen Energien zur Verfügung gestanden haben konnten, wie sie für solche Experimente nötig gewesen wären, und dass es sich somit um wissenschaftliche Fälschungen handeln müsse. Nach einer internen Untersuchung der AEG verlor Rupp daraufhin 1935 seine Arbeitsstelle.

1935 veröffentlichten Walther Gerlach und Rüchardt in den Annalen der Physik einen Aufsatz, in dem sie Rupps Elektronenbeugungsexperimente als Fälschung entlarvten. Nachdem Rupp kritische Einwände immer wieder z.B. durch neue Röntgenbeugungs-Fotos konterte, fiel schließlich auf, dass Einstein in seiner Veröffentlichung ein falsches Vorzeichen hatte, das Rupp in seinen Experimenten „bestätigt“ hatte. Nun legte Rupp ein von Victor-Emil von Gebsattel erstelltes psychologisches Gutachten vor, in dem bestätigt wurde, dass Rupp seit 1932 „traumartige Zustände“ gehabt habe und deswegen auch seine Veröffentlichungen seit 1932 nur fiktiv gewesen wären. Eine entsprechende Notiz mit Aussagen dieses Gutachtens veröffentlichte er – ein einmaliger Fall in der Physikgeschichte – auch in der Zeitschrift für Physik. Damit sollte aber wohl auch verschleiert werden, dass bereits seine Habilitationsschrift von 1926 durchwegs gefälschte Experimente verwendete.

In einem Interview vom 18. Februar 1963 sagte der Physiker Walther Gerlach zu Thomas S. Kuhn: „Rupp wurde in den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren als der wichtigste und kompetenteste Experimental-Physiker überhaupt angesehen. Er machte unglaubliche Dinge. […] Später wurde allerdings klar, dass alles, was er je veröffentlicht hatte, alles, gefälscht war. Das ging so über zehn Jahre, zehn Jahre!“ (Zitiert nach van Dongen, übersetzt aus dem Englischen)

Nachwirkung

Obwohl es sich im Falle Rupps um eine der größten wissenschaftlichen Fälschungen des 20. Jahrhunderts handelt, verschwand sein Name schon bald aus dem Bewusstsein der Physiker, die ihn so gut wie nirgends mehr erwähnten, so dass er auch von Wissenschaftshistorikern lange Zeit kaum beachtet wurde.

Der englische Schriftsteller und Physiker C. P. Snow benutzte 1960 Details des Betrugsfalls für seinen Roman über einen fiktiven Wissenschaftsbetrüger an der Universität Cambridge (Die Affäre).

Literatur

Weblinks


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