Energieminister

Energieminister

Energiepolitik bezeichnet die Staatstätigkeit, die auf verbindliche Regelungen des Systems der Aufbringung, Umwandlung, Verteilung und Verwendung von Energie zielt. Im weiteren Sinne betrifft sie die Gesamtheit der institutionellen Bedingungen, Kräfte und Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, gesellschaftlich verbindliche Entscheidungen über die Struktur und Entwicklung der Bereitstellung, Verteilung und Verwendung von Energie zu treffen.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Die Energiepolitik ist eine sektorale Strukturpolitik und besonderer Bestandteil der Wirtschaftspolitik mit Querverbindungen zur Umweltpolitik, zur Forschungs- und Entwicklungs- sowie zur Technologiepolitik. Wie in anderen westlichen Ländern wird die Energiewirtschaft in Europa in großem Umfang durch staatliche Eingriffe direkt oder indirekt beeinflusst. Doch beschränkt sich die Energiepolitik des Staates - sobald nicht mehr (anders als noch in Frankreich oder Italien) wichtige Energiesektoren verstaatlicht sind - auf eine regulative Politik mittels Geboten und Verboten, indirekter Steuerung (z.B. durch Anreize, Fördermaßnahmen, Definition der Wettbewerbsregeln) und prozeduraler Steuerung.

Auf globaler Ebene ist die Energiepolitik von einem zunehmenden Wettbewerb um den Zugang zu fossilen Energiequellen geprägt.

Die Energieproblematik ist eigentlich eine Entropieproblematik

Der Begriff der „Energiepolitik“ weist auf eine grundlegende Wissenslücke in Politik und Wirtschaft hin, die Auswirkungen auf die Umwelt- und Wirtschaftspolitik hat: Die Energiepolitik ordnet sich falsch ein, denn ihr Gegenstand ist nicht die Energieproblematik, sondern die Entropieproblematik. Ein seltenes Beispiel für eine korrekte Darstellung dieses Sachverhaltes findet sich in den Lehrmaterialien des Landes Rheinland-Pfalz zum Physikunterricht: „Umweltpolitische Relevanz der Entropie: Die Energieproblematik ist eigentlich eine Entropieproblematik“[1]. Der Biologiedidaktiker Bernhard Verbeek meint, dass die weitgehende Unfähigkeit der Menschen, diesen Sachverhalt mit seinen Auswirkungen auf die Energie- und Umweltpolitik zu begreifen, anthropologisch erklärbar sei[2]. Nicholas Georgescu-Roegen beschrieb bereits im Jahr 1971 die Auswirkungen des fehlenden Verständnisses für Entropie. Er sieht insbesondere in der unzulässigen Anwendung des Energieerhaltungssatzes auf irreversible Prozesse einen deswegen grundsätzlich zu falscher Wirtschafts, Umwelt- und Energiepolitik führenden Fehler.[3]

Grundsätzliche Ansätze

Analytisch kann man unterscheiden zwischen einer nachfrageorientierten Energiepolitik und einer angebotsorientierten Energiepolitik.

  • Eine nachfrageorientierte Energiepolitik orientiert sich an der vorgegebenen Nachfrage und stellt diese auf keinen Fall in Frage; sicherheitshalber werden Überkapazitäten im Kraftwerks- und Leitungsbereich aufgebaut. Die nachfrageorientierte Energiepoltik orientiert sich insofern stark am Ziel der Gewährleistung von Versorgungssicherheit.
  • Dagegen geht die angebotsorientierte Energiepolitik von der Analyse aus, wie viel Energie zu welchen Bedingungen zur Verfügung steht und versucht bei Unterversorung, mit einem Demand Side Management die Nachfrage zu beeinflussen (z.B. Energiezuteilung, Aufforderung zur sparsamen Verwendung). Der angebotsorientierte Ansatz steht insofern einer ökologischen Energiepolitik näher.

Instrumente

Zu den Instrumenten der Energiepolitik zählte in den westlichen Industrieländern lange Zeit - die von der Leitlinie sozialer Marktwirtschaft weit abweichende - Politik des Wettbewerbsausschlusses als Marktordnungsinstrument. Dies verdeutlichte vor allem die Regelung der leitungsgebundenen Energieversorgung für Strom und Gas. Die zugrundeliegende Rechtsordnung, die in Deutschland bis zum Jahr 1998 im wesentlichen auf dem Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft von 1935 basierte, ermöglichte den energieerzeugenden Unternehmen die Einrichtung von Versorgungsgebieten und schützte diese durch ein dichtgeknüpftes Netz wettbewerbsbeschränkender oder- ausschließender Verträge. Diese Situation hat sich mit der durch die EU angestoßenen Liberalisierung der Energiemärkte ab 1998 grundlegend verändert. Seitdem ist in den Mitgliedsstaaten der EU lediglich der Betrieb der Übertragungs- und Verteilnetze in Gebietsmonopolen organisiert, während die Stromerzeugung und der Vertrieb an die Endkunden für den Wettbewerb geöffnet wurde.

Spezifische Gesetze wie z.B. in Deutschland das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Energieeinsparverordnung sollen zu einer rationellen Energienutzung und einer Veränderung im Energiemix führen.

Europäische Union

Hauptartikel: Energiepolitik der Europäischen Union

Österreich

Hauptartikel: Österreichische Energiewirtschaft

Schweiz

Hauptartikel: Schweizer Energiepolitik

Energiepolitik in Deutschland

Gesetzgebung und Hoheitsträger

Die gesetzliche Regelung der Energiewirtschaft in Deutschland gehört zur konkurrierenden Gesetzgebung. In erster Linie zuständig ist der Bund und innerhalb der Bundesregierung vor allem das Bundesministerium für Wirtschaft sowie in Angelegenheiten der Forschungs- und Technologieförderung das Bundesministerium für Bildung und Forschung und in Fragen der nuklearen Sicherheit, des Atomausstiegs, der Förderung erneuerbarer Energien und des Klimaschutzes das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

Energiequellen und Energieverbrauch

Die besondere Bedeutung der Energie als Schwungkraft wirtschaftlicher Tätigkeit und der Lebensführung in einer komplexen Gesellschaft wird von den einschlägigen Statistiken des Energieverbrauchs dokumentiert. Nach pro Kopf-Energieverbrauch zählt Deutschland aufgrund seines hohen ökonomischen Entwicklungsstandes weltweit zu den größten Energieverbrauchern. Der Primärenergieverbrauch stieg 2006 mit 14.464 Petajoule um 1,2 % über den Vorjahreswert. Mit einem Anteil von 36 % ist das Mineralöl nach wie vor der wichtigste Primärenergieträger, gefolgt vom Erdgas, der Steinkohle, der Kernenergie und der Braunkohle.[4]

Konsens und Dissens

Über das Zieldreieck der Energiepolitik, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit/Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit besteht in Deutschland wie in Europa weitgehend Konsens unter den etablierten Parteien. Umstritten sind hingegen die Mittel zur Zielerreichung und die Wahl von Alternativen bei Zielkonflikten, z.B. im Konflikt von Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Davon zeugen vor allem der Streit um die Erzeugung und Nutzung von Kernenergie seit den 70er Jahren ("Atomkonflikt") und die Entscheidungsblockaden in der Angelegenheit eines über die Jahrtausendwende hinausreichenden tragfähigen Energiekonzeptes.[5]

Fragmentierung und Inkohärenz

Die Energiepolitik in Deutschland und in zahlreichen anderen westlichen Ländern zeichnet sich unter dem prozessualen (Politics) und dem entscheidungsinhaltlichen Aspekt (Policy) durch hochgradige Fragmentierung, punktuelle Intervention, Addition uneinheitlicher und oftmals widersprüchlicher Einzelbestrebungen und Durchwursteln aus. Andererseits erwies sich das hiermit gegebene System schrittweise vorgenommener Politikanpassung und Politikveränderung (Inkrementalismus) bislang als ausreichend leistungsfähig, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Trendwenden herbeizuführen.[6] Ein Beispiel ist die Verminderung der Abhängigkeit vom Erdöl in Reaktion auf die Ölpreisschocks von 1973 und 1979.

Eine neue Herausforderung für die Energiepolitik liegt in dem Ölfördermaximum, das wegen der derzeitigen großen Abhängigkeit der Wirtschaft vom Erdöl zu massiven Preissteigerungen und sogar Versorgungsengpässen führen kann.

Siehe auch

Literatur

  • Mischa Bechberger, Danyel Reiche (Hrsg.): Ökologische Transformation der Energiewirtschaft – Erfolgsbedingungen und Restriktionen. Berlin 2006, ISBN 3-503-09313-3
  • Matthias Corbach: Die deutsche Stromwirtschaft und der Emissionshandel. ibidem-Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89821-816-0
  • Oliver Geden, Severin Fischer: Die Energie- und Klimapolitik der Europäischen Union. Bestandsaufnahme und Perspektiven. Nomos, Baden-Baden 2008, ISBN 978-3-8329-3553-5
  • Verena Leila Holzer: Europäische und deutsche Energiepolitik : eine volkswirtschaftliche Analyse der umweltpolitischen Instrumente. Nomos, Baden-Baden 2007, ISBN 3-8329-2770-0
  • Danyel Reiche (Hrsg.): Grundlagen der Energiepolitik. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-631-52858-2
  • Herbert Schmidt: Energiewirtschaft und Energiepolitik in Gegenwart und Zukunft. Duncker u. Humblot, Berlin 1966
  • Die Energiepolitik zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit / Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. Vierteljahrsheft zur Wirtschaftsforschung 76 (1) (2007)


Weltenergiepolitik

  • Friedemann Müller et al.: Energy Resources Security Challenge for China and the World. - KAS-Schriftenreihe Nr. 63, Englisch und Chinesisch; 89 Seiten. - Peking: Konrad-Adenauer-Stiftung, September 2006.
  • Danila Bochkarev: Russian Energy Policy During President Putin's Tenure: Trends & Strategies. GMB Publishing Ltd., August 2006, ISBN 1-84673-026-0
  • Peter Casny: Europas Kampf um Energie. Der Ausbau der Beziehungen zur Russischen Föderation und Überlegungen zu einer zukünftigen Energiesicherheit. WVB, Berlin 2007, ISBN 978-3-86573-274-3
  • Murat Altuglu: The New Great Game. Energiepolitik im kaspischen Raum. Bouvier, August 2006, ISBN 3-416-03119-9 (vgl. The Great Game)
  • Jeremy Leggett: Peak Oil. Die globale Energiekrise, die Klimakatastrophe und das Ende des Ölzeitalters. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2006, ISBN 3-462-03351-4 (Rezension des DLF: [1])
  • Gero Jenner: Energiewende. So sichern wir Deutschlands Zukunft. Berlin: Propyläen, August 2006. - ISBN 3-549-07297-X (10); ISBN 978-3-549-07297-4 (13)
  • Hans-Josef Fell, Carsten Pfeiffer: Chance Energiekrise - Der solare Ausweg aus der fossil-atomaren Sackgasse. - 1. Auflage. - Solarpraxis, Juni 2006, ISBN 3-934595-64-2 (10); ISBN 978-3-934595-64-4 (13)
  • Energiesicherheit im 21. Jahrhundert von Prof. Dr. Stefan Fröhlichin: Internationales Magazin für Sicherheit
  • International Energy Agency: World Energy Outlook 2006. ISBN 92-64-10989-7 - vgl. Website; Bezug
  • Jan H. Kalicki, David L. Goldwyn (Hrsg.): Energy and Security: Toward a New Foreign Policy Strategy. Johns Hopkins University Press, Oktober 2005, ISBN 0-8018-8278-8
  • Frank Umbach: Globale Energiesicherheit. Strategische Herausforderungen für die europäische und deutsche Außenpolitik. München: Oldenbourg-Verlag, 2003, ISBN 3-486-56740-3. Literaturverzeichnis
  • Michael T. Klare: Resource Wars: The New Landscape of Global Conflict. - Reprint edition. - Owl Books, 2002, ISBN 0-8050-5576-2
  • Andreas Goldthau, Jan Martin Witte: "Global Energy Governance. Neue Trends, neue Akteure, neue Regeln: Die Architektur der Strukturen im Energiesektor muss überholt werden." Internationale Politik, (April) 2008, S. 46-54
  • Sébastien Rippert: Die energiepolitischen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland 2000-2007. Europäische und russische Interessen im Spannungsfeld zwischen Annäherung und Entfremdung. Bouvier-Verlag, Bonn, 2009. ISBN 978-3-416-03253-7
  • Boris Shiryayev: Großmächte auf dem Weg zur neuen Konfrontation?. Das „Great Game“ am Kaspischen Meer: eine Untersuchung der neuen Konfliktlage am Beispiel Kasachstan. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3749-1. 

Zeitschriften

Schwesterprojekte

Einzelnachweise

  1. Josef Leisen, Dietmar Fries, Jörg Luggen-Hölscher: Energie und Entropie, Handreichung zum neuen Lehrplan Physik in der S II (PZ-Information 1/2000, Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz), S. 5
  2. Bernhard Verbeek: Die Anthropologie der Umweltzerstörung, 1998, ISBN 978-3-89678-099-7
  3. Nicholas Georgescu-Roegen: The Entropy Law and Economic Process, Cambridge, Mass. 1971, ISBN 978-1-58348-600-9, S. 305ff
  4. http://www.heise.de/tp/blogs/2/93409
  5. vgl. Reiche, Grundlagen der Energiepolitik 2005
  6. Die Energiepolitik zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit 2007

Organisationen, Ministerien, Ämter

Internationale Statistiken und Studien

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