Erdwerk von Büdelsdorf

Erdwerk von Büdelsdorf

Das Erdwerk von Büdelsdorf bei Rendsburg liegt in Schleswig-Holstein und ist eine Anlage, die während des Neolithikums als nordeuropäische „Monumentalarchitektur" entstand. Die Anlagenart tritt ab dem mitteleuropäischen Frühneolithikum mit der Bandkeramischen Kultur auf und spielt später (regional bis zum Äneolithikum) noch eine Rolle. Erdwerke sind in der Regel von Grubenwerken, Wällen und Palisaden umgeben. Dieses Erdwerk war stellenweise von vier konzentrischen Ringen mit aufwendig gestalteten Torbauten umgeben.

Inhaltsverzeichnis

Lage

In Büdelsdorf, am Rand des heutigen Wohngebietes In den Hollerschen Anlagen gelang Ende der 1960er Jahre der früheste Nachweis eines Erdwerks im Bereich der Nordgruppe der Trichterbecherkultur (TBK).[1] Das Büdelsdorfer Erdwerk liegt auf einer etwa 16 m hohen, im Süden und Westen steil abfallenden Moränenzunge, die sich weit ins Eidertal vorschiebt. Im Norden bildet eine einst vermoorte Erosionsrinne eine natürliche Grenze. Der nordöstliche Bereich verfügt über keine natürliche Begrenzung.[2] Durch aktuelle Überbauung ist diese landschaftliche Situation dort nicht mehr gegeben - das Wohngebiet, ein Gehölz und Sport- und Freizeitanlagen überdecken diesen nördlichen Teil.[3] Die 20.000 m² große archäologische Grabungsfläche stellt nur etwa ein Fünftel der Gesamtfläche dar.

Forschungsgeschichte

Mit der Entdeckung der Anlagen von Sarup I + II auf Fünen in Dänemark fanden sich schnell weitere Belege für Erdwerke der Trichterbecher-Kultur. Sie werden in Dänemark „Sarup-Anlagen" genannt. Inzwischen sind im Norden eine Anzahl von Erdwerken belegt. Durch den Einsatz der Luftbildarchäologie kann mit der Entdeckung weiterer gerechnet werden. In der Nähe des Büdelsdorfer Erdwerks wurde eine zeitgleiche Nekropole entdeckt. Auch später in der Nähe von Erdwerken errichtete Gräberfelder bzw. Megalithanlagen zeichnen sich ab.

Im Innenbereich wurden Plätze zur Flintbearbeitung, Gruben, Herdstellen und Pfostenlöcher dokumentiert. Die Grabung erbrachte außerdem etwa 35.000 Keramikscherben. Unter den zwei Tonnen Steinartefakte fanden sich wenig paläolithische und mesolithische sowie spätneolithische und bronzezeitliche Leitformen. Ins Früh- und Mittelneolithikum gehören mehr als 98 % der Funde. Es fanden sich nur Beile und Äxte, die in den Übergang vom Frühneolithikum C zum Mittelneolithikum I datieren. Geringe Mengen von Bernstein, Holzkohle, botanische Reste und kalzinierte Knochen ergänzen das Inventar.

Häufig wurden Geräte umgearbeitet. Auf handwerkliche Tätigkeiten weisen Beile und Meißel, unterschiedliche Spitzgeräte bzw. Bohrer und andere retuschierte Abschläge hin. Tonangebend sind auch Artefakte die in Dänemark als „Skivekniv" (Scheibenmesser) bezeichnet werden. Sie haben einen etwa einen Zentimeter breiten, schneidenförmigen Zapfen, der an einen Schraubendreher erinnert. Während dieser Typ in Dänemark (z. B. in Røsnæsgård auf Seeland und Brabrand Ådal Jütland) sehr verbreitet ist, wurde er in Deutschland nur in geringer Anzahl gefunden. Ungewöhnlich sind auch 80 mit der Geweihverarbeitung in Verbindung gebrachte Stichel.

In Büdelsdorf ist ein fast ausschließlich als Beil und Abschlag vertretener, lokal nicht anstehender Feuerstein verbreitet, der als „weißer Flint" definiert wurde[4]. Da die weißen Abschläge keine Rinde trugen, gelangte Haßmann zu der Annahme, dass der Flint bereits bearbeitet ins Erdwerk gelangte. Anhand dieses Flints war also der Transport von Feuerstein nachzuweisen. An den Abschlägen erkennt man, dass er aus quaderförmigen Platten bestand. Eine Parallele besteht zum so genannten Dan-Flint, der ebenfalls für Beile verwendet wurde. Die Belege weisen darauf hin, dass Erdwerke zu einer Produktionskette gehörten und ggf. eine Verteilerrolle übernahmen.

Eine militärische Konzeption des Platzes legen die Spornlage und die Massivität der Einfassung nahe. Gestützt wird die These scheinbar durch die hohe Zahl von Projektilen (vor allem Querschneidern) und deren Verteilung. Die zum großen Teil mit charakteristischen Frakturen versehenen Artefakte lagen hauptsächlich in den grabennahen Bereichen. Die in diesem Raum einmaligen mit den Felsritzungen verzierten Steine lassen sich möglicherweise mit kultischen Komponenten verbinden. Einige handgroße Steinplatten zeigen aufwendige Ritzungen wie Linienbündel, Leitermuster und rautenförmige oder dreieckige Felder.

Literatur

  • Henning Haßmann: Die Spur der Steine … das jungsteinzeitliche Erdwerk von Büdelsdorf. In: Werner Budesheim & H. Keiling (Hrsg.): Zur jüngeren Steinzeit in Norddeutschland. Einblicke in das Leben der ersten Bauern. Wachholtz Verlag GmbH, Neumünster 1996, ISBN 3-529-02054-0, (Beiträge für Wissenschaft und Kultur 2).
  • Henning Haßmann, Die Steinartefakte der befestigten neolithischen Siedlung von Büdelsdorf, Kreis Rendsburg-Eckernförde. UPAS 62. Bonn, Habelt 2000.

Einzelnachweise

  1. Informationstafel des Schleswig-Holsteinischen Landesdenkmalamtes am Standort „In den Hollerschen Anlagen“ (als Foto [1]).
  2. TK 25 Blatt 1624 Rendsburg (Ausgabe 1937) (als Digitalisat [2]).
  3. Stadt Büdelsdorf, Flächennutzungs- und Stadtentwicklungsplan (als Digitalisat [3]).
  4. Henning Haßmann, Die Steinartefakte der befestigten neolithischen Siedlung von Büdelsdorf, Kreis Rendsburg-Eckernförde. UPAS 62. Bonn, Habelt 2000, 180
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