Ernst von Pardubitz

Ernst von Pardubitz
Ernst von Pardubitz: Kenotaph aus weißem Marmor

Ernst von Pardubitz (tschechisch: Arnošt z Pardubic), (* um 1300 [1] vermutlich in Glatz [2]; † 30. Juni 1364 in Raudnitz) war der erste Erzbischof des 1344 gegründeten Erzbistums Prag und somit erster Kanzler der 1348 gegründeten Karls-Universität Prag.

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

Der Erzbischof Ernst von Pardubitz wird in der Literatur häufig auch als Ernst von Prag oder Arnestus von Pardubitz bezeichnet. Er war der älteste Sohn des böhmischen Ritters Ernst von Hostýně (Arnošt z Hostinného). Der Vater war um das Jahr 1300 Burggraf und Statthalter des böhmischen Königs in Glatz. Zwischen 1327 und 1330 tauschte er mit Puta von Dauba (Půta z Dubé) seine Herrschaft Vízmburk (Wiesenburg) gegen die Herrschaft Pardubitz (Pardubice). Ab etwa 1340 nannte sich die Familie von Pardubitz (z Pardubic).

Kindheit und Ausbildung

Ernst von Pardubitz verbrachte seine Kindheit in Glatz. Von 1305–1310 war er dort Schüler der Lateinschule der Spitalherren vom Hl. Johannes von Jerusalem, danach besuchte er die Schule des Benediktinerklosters Braunau. Da Prag um diese Zeit noch keine Universität hatte, studierte er an den Universitäten in Bologna und Padua Theologie und Jura und beendete das Studium als Lizentiat des Kirchenrechts (ius canonicum). Anschließend verbrachte er einige Zeit am päpstlichen Hof in Avignon.

Kirchliches und politisches Wirken

Nach der Rückkehr nach Prag wurde Ernst von Pardubitz 1326 Domherr und 1338 Dekan des Prager Domkapitels. 1342 war er als Gesandter des Königs Johann von Luxemburg am päpstlichen Hof in Avignon, wo er auch zum Breslauer Domherrn ernannt wurde. Nach dem Tod des Johann IV. von Dražice wurde er 1343 zum Bischof des Bistums Prag und nach dessen Loslösung vom Erzbistum Mainz und der Erhebung zum Erzbistum am 30. April 1344 zum ersten Erzbischof von Prag ernannt. Gleichzeitig wurden die Bischofssitze in Olmütz und Leitomischl als Suffragan dem Erzbistum Prag unterstellt.

Mit Ernst von Pardubitz begann eine neue Epoche der Kirchengeschichte in Böhmen. Er widmete sich der Organisation des neu gegründeten Erzbistums, das zu den größten Diözesen gehörte und in zehn Erzdekanate unterteilt wurde. Mit seiner juristischen Erfahrung veranlasste er u. a. die Festlegung neuer Statuten, ordnete die schriftliche Verwaltung mit Amtsbüchern und Stiftungsregistern an und erließ Verordnungen gegen Wucher und Wucherer, gegen Ketzer, aber auch gegen Aberglauben und Zauberei. Für die Prager Kathedrale ließ er Statuten ausarbeiten, mit denen das Recht und die Pflicht jeder einzelnen Person festgelegt wurde. Auf der Reformsynode von 1349 wurden erstmals Provinzialstatuten für sein Erzbistum verabschiedet (Statuta Arnošta z Pardubic). Weitere Synoden folgten 1353, 1355, 1361 und 1362.

1344 legte er den Grundstein für den Bau der St.-Veit-Kathedrale auf dem Hradschin, dem böhmischen Königssitz. 1348 war er einer der Mitbegründer der Prager Karls-Universität und wurde deren erster Kanzler und wesentlicher Förderer.

Um 1350 gründete er in Glatz das Augustiner-Chorherrenstift, dem er das Tafelgemälde der Glatzer Madonna schenkte. Zu seinen Gründungen gehören auch die Augustinerklöster in Rokytzan und Jermer.

Bei der Verwaltung der erzbischöflichen Herrschaft war er bemüht, die Wirtschaftsformen zu verbessern und die Erträgnisse zu erhöhen. Mit dem Kauf der Herrschaft Rožmitál vermehrte er die bischöflichen Güter. Er ließ die bischöflichen Städte und Burgen restaurieren und in Příbram eine neue Burg errichten. Die Städte Böhmisch Brod, Bischofteinitz und Raudnitz erhielten Befestigungsmauern.

Beziehungen zum Königshaus

Ernst von Pardubitz war dem böhmischen Königshaus eng verbunden. Schon während des Studiums lernte er den späteren Kaiser und König von Böhmen Karl IV. kennen. Beide verband eine tiefe Freundschaft. Er wurde sein Diplomat und Ratgeber. 1347 krönte er Karl IV. zum König von Böhmen. 1346 und 1350 war er als sein Gesandter am päpstlichen Hof in Avignon. 1348 begleitete er Karl IV. nach Passau, nach Brandenburg und zum Reichstag nach Nürnberg, 1353 und 1357 nach Wien, 1355 zur Kaiserkrönung nach Rom und 1356 nach Breslau. 1358 ritt er im Auftrag des Kaisers von Breslau nach Litauen, um den Großfürsten Olgierd für Weihnachten zur Taufe nach Breslau einzuladen, hatte damit aber keinen Erfolg. 1363 begleitete er den Kaiser nach Nürnberg und 1364 nach Bautzen. Auch drei der Frauen Karls IV. wurden durch ihn zu Königinnen von Böhmen gekrönt. Auf Wunsch Karls IV. krönte er im Jahr 1363 auch den zweijährigen Prinzen Wenzel IV. zum König von Böhmen und überwachte seine Erziehung.

Bedeutung

Während seiner Amtszeit entfaltete sich in seiner Diözese das religiöse und kirchliche Leben. Seine Reformen und sein politisches Wirken waren entscheidende Grundlagen für die enge Verbindung von kirchlicher und weltlicher Macht für den Bereich der Krone Böhmen. Sein Tod war nicht nur für den Kaiser und den jungen König Wenzel ein großer Verlust, sondern auch für das ganze Land, da er wegen seiner politischen Weitsichtigkeit und diplomatischem Geschick auch wegen seiner guten Taten verehrt wurde. Er gehörte zu den gelehrtesten Männern seiner Zeit und zu den größten Persönlichkeiten im Umkreis Karls IV.[3]

Testament und Grablege

Ernst von Pardubitz bestimmte, dass aus seinen Mitteln in Glatz anstelle der hölzernen eine steinerne Kirche gebaut werden solle und dass er in dieser Kirche bestattet werden wolle. Am 30. Juni 1364 starb er auf dem erzbischöflichen Schloss in Raudnitz an der Elbe. Sein Leichnam wurde nach Glatz überführt und in der Pfarrkirche, in der er als Knabe eine Marienerscheinung gehabt haben soll, als sich während der Vesper das Gesicht des Marienbildes auf dem Hauptaltar von ihm abwandte[4], begraben.

Wegen seiner Liebe zu Glatz wurde er in der ehemaligen Grafschaft Glatz als der heiligmäßige Arnestus von Pardubitz sehr verehrt. Wohl deshalb gehörte das Glatzer Land trotz der politischen Veränderungen bis 1972 zur Erzdiözese Prag.

Das erste Grabmal aus der Zeit von 1364–70 zeigt eine weiße Kalkstein-Figur auf einer Tumba aus rotem Marmor. Es steht im linken Seitenschiff und ist teilweise zerstört. Es wird vermutet, dass die Zerstörungen aus der Zeit der Hussitenkriege stammen.

Ein neues Hochgrab wurde 1870 durch den Berliner Bildhauer Johannes Janda aus weißem Marmor geschaffen und im Mittelschiff der Kirche aufgestellt. Es stellt Arnestus von Pardubitz kniend, mit dem Gesicht zum Altar gewandt, dar. 1960 wurde es zum linken Seitenschiff versetzt.

Werke

Cancellaria Arnesti [Formelbuch]. In: Fr. Tadra: Archiv für österreichische Geschichte. Band 61, 1880, S. 267 ff.

Verweise

Literatur

  • Jaroslav Polc: Ernst vom Pardubitz. In: Ferdinand Seibt: Lebensbilder zur Geschichte der böhmischen Länder. Band 3, 1978
  • Arnestus von Pardubitz. Grafschaft Glatzer Buchring, Band 35
  • Franz Albert: Das Testament des Erzbischofs Ernst von Pardubitz. In: Glatzer Heimatblätter. 1928, S. 81–86
  • Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen Schlesien, Deutscher Kunstverlag 2005, ISBN 3-422-03109-X
  • Zdeňka Hlediková: Kirche und König zur Zeit der Luxemburger. In: Bohemia Sacra. Düsseldorf 1974, S. 307–314
  • Zdeňka Hlediková, Jana Zachová: Život Arnošta z Pardubic podle Valentina Krautwalda (Das Leben des Ernst von Pardubitz erzählt von Valentin Krautwald), Pardubice 1997, ISBN 80-86046-25-7
  • Vilém z Hasenburka: Vita venerabilis Arnesti primi archiepiscopi ecclesie Pragensis / Život ctihodného Arnošta, prvniho arcibiskupa kostele pražskeho (lateinisch u. tschechisch), neu hg. von Česká křesťanská akademie, Prag 1994, ISBN 80-85795-12-4
  • V Chaloupecký: Arnošt z Pardubic, prni arcibiskup pražský, Prag 1946
  • J. K. Vyskočil: Arnošt z Pardubic a jeho doba, Prag 1947
  • Bernhard Grueber: Pardubitz, Ernst von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 6, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 300 f.
  • Martin Luchterhandt: PARDUBITZ, Ernst von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 6, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, Sp. 1529–1530.
  • Ekkart Sauser: ERNST von Pardubitz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 16, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-079-4, Sp. 463–464.

Weblinks

 Commons: Arnost z Pardubic – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Das angebliche Geburtsdatum 25. März 1297 ist von den zeitgenössischen Quellen nicht belegt und kam erst im 19. Jahrhundert auf. Siehe dazu Seite 26 in Literaturangabe Jaroslav Polc: Ernst von Pardubitz.
  2. Glatz, wo sein Vater um 1300 Burgherr war und Ernst nach eigenen Angaben seine Kindheit verbrachte, wird als sein wahrscheinlicher Geburtsort angegeben. In manchen Quellen wird auch Hostinná bei Böhmisch-Brod, Hostinka bei Böhmisch-Skalitz oder Staré Hrady bei Jitschin angegeben. Siehe Literaturangabe wie vor.
  3. Siehe Seite 41 in Literaturangabe Jaroslav Polc.
  4. Johannes Miller, S. J.: Historia Beatissimae Virginis Glacensis. Pega-Verlag Glatz 1690, S. 53f. Digitalisat


Vorgänger Amt Nachfolger
Johann IV. von Dražice Erzbischof von Prag
1343–1364
Johann Očko von Wlašim

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ernst von Prag — Ernst von Pardubitz: Kenotaph aus weißem Marmor Ernst von Pardubitz (tschechisch: Arnošt z Pardubic), (* um 1300 [1] vermutlich in Glatz [2]; † 30. Juni 1364 in Raudnitz) war der erste Erzbischof des 1344 …   Deutsch Wikipedia

  • Von Pardubitz — Das Adelsgeschlecht von Pardubitz (tschechisch z Pardubic) stammt von den Herren von Hostinné ab. Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Besitzungen 3 Literatur 4 Weblinks // …   Deutsch Wikipedia

  • Smil Flaska von Pardubitz — Smil Flaška von Pardubitz (tschechisch: Smil Flaška z Pardubic; * 1349; † 13. August 1403 bei Kutná Hora) bekleidete hohe politische und königliche Ämter in Böhmen und betätigte sich auch als Schriftsteller. Leben Smil Flaška von Pardubitz… …   Deutsch Wikipedia

  • Smil Flaška von Pardubitz — (tschechisch: Smil Flaška z Pardubic; * 1349; † 13. August 1403 bei Kutná Hora) bekleidete hohe politische und königliche Ämter in Böhmen und betätigte sich auch als Schriftsteller. Leben Smil Flaška von Pardubitz entstammte dem Adelsgeschlecht… …   Deutsch Wikipedia

  • Pardubitz (Begriffsklärung) — Pardubitz ist der deutsche Name der ostböhmischen Stadt Pardubice in Tschechien und ist der Name von folgenden Personen Ernst von Pardubitz (1297–1364), Erzbischof des Erzbistums Prag Smil Flaška von Pardubitz (* um 1350; † 1403), böhmischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Pardubitz (Adelsfamilie) — Das Adelsgeschlecht von Pardubitz (tschechisch z Pardubic) stammt von den Herren von Hostinné ab. Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Besitzungen 3 Literatur 4 Weblinks // …   Deutsch Wikipedia

  • Pardubitz (Adelsgeschlecht) — Das Adelsgeschlecht von Pardubitz (tschechisch z Pardubic) stammt von den Herren von Hostinné ab. Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Besitzungen 3 Literatur 4 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Pardubitz — Pardubice …   Deutsch Wikipedia

  • Pardūbitz — Pardūbitz, Stadt in Böhmen, an der Mündung der Chrudimka in die Elbe und an den Linien Wien Prag Bodenbach der Österreichisch Ungarischen Staatseisenbahn und Deutschbrod P. Seidenberg der Österreichischen Nordwestbahn gelegen, Sitz einer… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Von Hradec — Das böhmische Adelsgeschlecht von Hradec, auch von Neuhaus (tschechisch z Hradce) entstammte dem Geschlecht der Witigonen, deren erster bekannter Vertreter Witiko von Prčice († 1194) war. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Stammlinie der Herren… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”