Erstsprache

Erstsprache

Als Erstsprache wird bisweilen die Sprache eines Menschen bezeichnet, die er in der Kindheit hauptsächlich verwendet. Sie muss nicht in jedem Fall mit der Muttersprache übereinstimmen.

Inhaltsverzeichnis

Unterschiede zwischen Erst- und Muttersprache

Besonders in Minderheitensprachen mit starker Durchmischung der dominierenden Sprache gibt es viele Familien, in denen eines der oder beide Elternteile die Minderheitensprache besser beherrschen als die dominierende Sprache, diese unter sich auch normal gebrauchen. Die Kinder solcher Familien werden jedoch häufig dazu angehalten, die besser angesehene und vermeintlich nützlichere Sprache zu sprechen. Dies geschieht meist mit dem Hintergedanken, dass die Kinder später ein erfolgreiches Leben führen sollen. Die so genannte Muttersprache wird dann oft nur unzureichend erlernt.

Eine ganz ähnliche Situation ergibt sich jedoch selbst in modernen Migrantenfamilien, in denen die Eltern gute Fremdsprachenkenntnisse haben und Wert darauf legen, dass die Kinder die Sprache ihres Herkunftslandes erlernen. Auch in Familien, in denen beide Eltern nur die Sprache des Herkunftslandes nutzen, gewöhnen Kinder sich nämlich sehr leicht daran, auch zu Hause nur die Sprache des neuen Heimatlandes zu sprechen. Diese müssen sie beherrschen, um sich auch in der Schule und unter Gleichaltrigen verständigen zu können, dabei sprechen die Eltern die Sprache des neuen Heimatlandes gut genug, um ihre Kinder verstehen zu können und sich daran zu gewöhnen, dass diese nicht in der Muttersprache antworten. Da die Sprache des Herkunftslandes unter diesen Umständen weniger trainiert wird als die des neuen Heimatlandes, wird ihre Verwendung für die Kinder bald sehr mühsam, was wiederum die Zufluchtnahme zur Sprache des Heimatlandes verstärkt.

Entsprechende Effekte treten oft auch bei Dialekten auf.

Bedeutung für die Entwicklung des Menschen

Die Erstsprache ist die Sprache, in der das Kind hauptsächlich aufwächst, in der sich das Kind am wohlsten fühlt, in der das Kind in der Regel denkt und spontan kommunizieren kann, folglich auch diejenige Sprache, in der das Kind die höchste Kompetenz hat und mit der es sich identifiziert. Oft sind Mutter- und Erstsprache deckungsgleich, vor allem wenn die Sprache der Eltern oder Erzieher dieselbe ist wie die Sprache des sprachlichen Umfelds.

Muttersprache und Erstsprache können jedoch auch auseinanderfallen, besonders bei Migrantenfamilien, deren Kinder erfolgreich in die Gesellschaft des neuen Heimatlandes integriert sind. Solche Kinder erwerben Sprachkompetenz vor allem in der Landessprache, während die Entwicklung ihrer Muttersprache mit zunehmendem Alter immer mehr stagniert.

Definition einer prototypischen Erstsprache

Die prototypische und meist prägende Erstsprache zeichnet sich gemäß soziolinguistischer Kriterien dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu Zweit- und Fremdsprache bereits früher und ungesteuert erlernt wurde. Lese- und Hörverstehen, Schreib- und Sprechfertigkeit sind bei Erstsprachlern vollständig ausgebildet. Sowohl die rezeptive als auch die produktive Kompetenz wird von den Erstsprachlern selbst als hoch eingeschätzt. Im Verhältnis zu Zweit- und Fremdsprache wird sie häufiger für die Kommunikation verwendet. Die Erstsprache kann ausgebaut oder nicht ausgebaut, standardisiert oder nicht standardisiert sein. Die kommunikative Reichweite ist in der Regel stärker begrenzt, das Prestige der Sprache situativ abhängig. Die Sprecher identifizieren sich mit ihrer Erstsprache, die für sie Vertrautheit und Nähe darstellt.

Erlernen einer „neuen“ Muttersprache

Die sogenannte Muttersprache, die meist auch Erstsprache ist, kann auch im späteren Alter erlernt werden. Dabei beobachtet man, dass Menschen, die in einem anderssprachigen Land leben, die Sprache teilweise so gut erlernen, dass die neue Sprache die eigentliche „Muttersprache“ (Erstsprache) ersetzt und verdrängt. Dazu ist ausreichender Kontakt zu den anderssprachigen Menschen sowie Medien notwendig.

Nach einigen Monaten setzt das Gehirn die neue Sprache sowohl bewusst wie auch unbewusst ein, so zum Beispiel in Träumen, in denen die neue Sprache vorkommt.

Literatur

  • Hilke Elsen: Erstspracherwerb. Der Erwerb des deutschen Lautsystems. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden 1991, ISBN 3-8244-4087-3

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Erstsprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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