Eudoxos von Cnidus

Eudoxos von Cnidus

Eudoxos von Knidos (* 410 oder 408 v. Chr. in Cnidus, Kleinasien; † 355 oder 347 v. Chr. in Cnidus, Kleinasien) war ein griechischer Mathematiker, Astronom, Geograph und Arzt.

Er war Schüler des Archytas und hatte mit Platon enge wissenschaftliche Kontakte; doch kann von einer Anregung mathematischer Entdeckungen oder Begriffsbildungen durch den Philosophen keine Rede sein. Überliefert sind einige Beiträge des Eudoxos zur Diskussion innerhalb der Platonischen Akademie, so eine Variante der Ideenlehre und Überlegungen zu einer hedonistischen Ethik. Reaktionen darauf glauben manche Interpreten in zwei von Platons späten Dialogen (Parmenides bzw. Philebos) gefunden zu haben.

Eudoxos' mathematische Neuerungen bedeuteten den wohl tiefsten Einschnitt in der Geschichte der griechischen Mathematik. Er fasste die Begriffe der Zahl (arithmos) – worunter er auch die Eins rechnete –, der Länge (gramma), der räumlichen und der zeitlichen Ausdehnung (sterea und chronos) unter einem Oberbegriff zusammen, für den er aber vielleicht noch über keinen eigenen Ausdruck verfügte. Damit legte er die Grundlage für die Lehre von den Größen (megethos), die Aristoteles von ihm übernahm und dessen Schüler Aristoxenos schon vor Euklid in der mathematischen Musiktheorie anwandte. Seine Größenlehre ist im Buch V von Euklids Elementen überliefert. Sie enthält unter anderem schon das archimedische Axiom und eine allgemeine Proportionenlehre mit einer Definition des Verhältnisses von Größen, die auch irrationale Verhältnisse umfasst und Dedekindsche Schnitte vorwegnimmt.[1]

Weitere Hauptleistungen waren die Lehre von den Kegelschnitten, die Bestimmung des Goldenen Schnitts, die strenge, durch indirekten Beweis erbrachte Herleitung der Sätze über Rauminhaltsbestimmungen nicht ebenflächig begrenzter Körper sowie die später so genannte Exhaustionsmethode nach einer Idee von Antiphon. Insbesondere bestimmte er das Volumen der Pyramide und des Kegels. Diese Ergebnisse sind in das Buch XII der „Elemente“ des Euklid eingegangen.

Als Astronom versuchte er die Bewegung der Himmelskörper durch ein System von rotierenden geozentrischen Sphären (siehe Abbildung) darzustellen; auch dieses Modell hat Aristoteles mit einigen Modifikationen von ihm übernommen. Als Geograph soll er unter anderem den Umfang der kugelförmig gedachten Erde angenähert berechnet haben. Weiterhin stellte er Grundsätze für die Bestimmung des geographischen Ortes auf. Seine Sternenkarte verwendete Aratos von Soloi.

Eudoxos' Modell mit zwei Sphären (hier Ringe) für die Darstellung der Bewegungen der Sonne relativ zur Erde (geozentrische Betrachtung)

Literatur

  • Die Fragmente des Eudoxos von Knidos. Hrsg., übs. und kommentiert von F. Lasserre. Berlin 1966. (= Texte und Kommentare. 4.)
  • O. Becker: Eudoxos-Studien I-V. In: Quellen und Studien zur Geschichte der Mathematik, Astronomie und Physik, Abt. B, 2 (1933), S. 311-333, 369-387; 3 (1936), S. 236-244, 370-388, 389-410.
  • E. Frank: Die Begründung der mathematischen Naturwissenschaft durch Eudoxos. In: Ders.: Knowledge, Will, and Belief. Collected Essays. Chicago/Zürich 1955, S. 134-157.
  • Kurt von Fritz: Die Ideenlehre des Eudoxos von Knidos. In: Ders.: Schriften zur griechischen Logik. I. Logik und Erkenntnistheorie. Stuttgart 1978. (= Probelmata; 70.) S. 147-169.
  • Ph. Merlan: The Life of Eudoxus. In: Ders.: Studies in Epicurus and Aristotle. Wiesbaden 1960. (= Klassisch-philologische Studien; 22.) S. 98-104.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eudoxos’ Definition der Verhältnisse (Euklid, Elemente, Buch V, Definition 5) benützt dasselbe Kriterium wie später Richard Dedekind für seine Konstruktion der reellen Zahlen mit Dedekindschen Schnitten (Euklid, Elemente, ed C. Thaer, 1933, II, S.68, Kommentar zu V, Def. 5)

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