Falschfahrer

Falschfahrer

Als Falschfahrer – umgangssprachlich auch Geisterfahrer – bezeichnet man jene Benutzer einer Autobahn oder einer Straße mit geteilten Richtungsfahrbahnen, die entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung fahren.

Bei Geisterfahrten wird der Vertrauensgrundsatz durchbrochen. Dadurch sind Falschfahrer eine massive Gefahr auf Autobahnen. Sie verursachen immer wieder schwerste Verkehrsunfälle.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Motive

Zum Falschfahrer können Autofahrer aus verschiedensten Gründen werden, z.B.:

  • Aufgrund schlechter oder unübersichtlicher Beschilderung von Auf- und Abfahrten
  • Aufgrund einer unübersichtlichen Beschilderung und Fahrbahnführung in Baustellen
  • Aufgrund starker Beeinträchtigung der Sicht durch widrige Wetterverhältnisse
  • Durch Unachtsamkeit, zum Beispiel bei Trunkenheit am Steuer
  • Durch Wenden oder Umdrehen auf der Autobahn, nachdem irrtümlich aufgefahren oder eine Abfahrt verpasst wurde
  • Aufgrund einer Suizidabsicht
  • Als Mutprobe[1]
  • Aufgrund der Gewöhnung an Linksverkehr
"Stop falsch!" in Österreich

Prävention

Mit eindeutiger Beschilderung – insbesondere „Einfahrt verboten“ − wird versucht, versehentlichen Geisterfahrten vorzubeugen. Ein Verhindern von Geisterfahrten mit technischen Hilfsmitteln ist schwierig. Es gab Überlegungen, mit technischen Einrichtungen, z. B. so genannten Krallen, ein Auffahren in die Gegenrichtung durch Beschädigen der Autoreifen zu verhindern. Dies würde aber der Feuerwehr und Rettungsdiensten das Erreichen eines Einsatzortes in Gegenrichtung erschweren, wenn die Autobahn in regulärer Richtung gesperrt ist. Auch ist die Wirkung bei Eis oder Schnee nicht immer die gewünschte.

Großräumiger wurde in Österreich mit der Prävention gegen Geisterfahrer im Jahr 1997 mit Warntafeln begonnen. Diese Tafeln sind insofern ein Unikum in der österreichischen Verkehrswelt, da sie nicht mit Steuergeldern finanziert werden, sondern ausschließlich durch Werbeeinnahmen auf der Rückseite der Tafel, die andererseits auf den Autobahnen oder Schnellstraßen üblicherweise verboten ist.[2]

Verhalten

Es wird häufig empfohlen, bei einem im Verkehrsfunk gemeldeten Falschfahrer äußerst rechts zu fahren und nicht zu überholen. Außerdem sollte man versuchen, über das Abblendlicht und weitere Beleuchtung vom Falschfahrer frühzeitig erkannt zu werden. Die Betätigung der Lichthupe, um auf das Fehlverhalten des Falschfahrers aufmerksam zu machen, ist zulässig.[1][3]

Verkehrsteilnehmern, die selber unfreiwillig zum Falschfahrer geworden sind (z. B. nachdem sich das Auto bei einem Verkehrsunfall gedreht hat), wird empfohlen, mit dem Fahrzeug an der Mittelleitplanke stehenzubleiben, auszusteigen, sich auf den Grünstreifen (Fahrbahnteiler) zu „retten“ und anschließend die Polizei zu informieren, damit diese beim Wendemanöver durch eine kurzfristige Fahrbahnsperrung helfen kann.[1]

Verkehrs- und anderer Warnfunk

Mit Verkehrsdurchsagen im Hörfunk versucht man, die anderen Verkehrsteilnehmer vor gemeldeten Falschfahrern zu warnen und so den Schaden zu begrenzen. Meldungen über Falschfahrer werden im Hörfunk mit höchster Priorität behandelt; für sie werden bei vielen Sendern auch Musiktitel oder Nachrichten unterbrochen. Auch via ARI oder über den TMC werden die Warnmeldungen gesendet.

Falschfahrer in Deutschland

In Deutschland soll es zu etwa 5 Radiomeldungen über Falschfahrer pro Tag kommen. Allerdings sind einige dieser Meldungen falsch, weil sich Autofahrer geirrt haben. Lediglich das Bundesland Bayern führt eine offizielle Statistik.

Bei den früheren registrierten Fällen gab es 1978 insgesamt 1.788 Autofahrer, die auf Autobahnen oder anderen mehrspurigen Straßen in verkehrter Fahrtrichtung gefahren sind. Die Zahl ging bis 1981 auf 1.100 zurück, da eine bessere Beschilderung von Autobahnzufahrten und Abzweigungen vorgenommen wurde.

Falschfahrer in Österreich

Gefahrenzeichen 14a. „Achtung Falschfahrer“

Das Phänomen „Geisterfahrer“ tritt in Österreich weit überdurchschnittlich häufig auf. So musste der österreichische Hörfunksender Ö3 sein Programm im Jahr 2008 497 mal (2007: 519; 2006: 486) für eine Geisterfahrerwarnung unterbrechen,[4] während der MDR-Sender Jump in einem mit Österreich vergleichbar großen Sendegebiet im Jahr 2005 lediglich 105 Falschfahrer verzeichnete. Als Gründe für das hohe Auftreten von Geisterfahrern in Österreich werden vor allem die oft unübersichtlichen Autobahnauffahrten genannt, welche aufgrund der Topografie meist auf sehr engem Raum realisiert werden müssen.

Um die Verbotene Einfahrt bei Autobahnausfahrten möglichst auffällig zu gestalten, werden großflächige Tafeln aufgestellt. Zur Finanzierung der Tafeln wurde das auf der Autobahn verhältnismäßig strenge Werbeverbot aufgeweicht und es erlaubt, nun auf der Rückseite dieser Tafeln Werbeflächen, mit denen diese Hinweisschilder finanziert werden, anzubringen.[5]

Da es europaweit kein Verkehrszeichen gab, das auf einen entgegen kommenden Falschfahrer hinweist, wurde im Jahr 2006, auf Betreiben des damaligen Verkehrsministers Gorbach und gegen einige kritische Stimmen, dass das Zeichen situationsbedingt falsch verstanden werden könnte, das Gefahrenzeichen 14a. „Achtung Falschfahrer“ (§ 50 Z. 14a.) in die StVO eingefügt:

„Dieses Zeichen zeigt an, dass ein Fahrzeug auf einer Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung fährt, obwohl das nicht durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen erlaubt ist.“

Dem Wortlaut der Z. 14a. folgend, wird dieses Verkehrszeichen ausschließlich im Anlassfall in elektronischer Form auf Wechselverkehrszeichenanlagen angezeigt. Vor Einführung dieses Verkehrszeichens gab es den Begriff Falschfahrer weder im österreichischen Recht noch in der Judikatur. Aus diesem Grund wird in der Öffentlichkeit anstelle des amtlichen weiterhin fast nur der bisherige rechtlich nicht fixierte Begriff Geisterfahrer verwendet.

Falschfahrer in Frankreich und Italien

In Frankreich und Italien ist es aufgrund der Mautstellen an den Ausfahrten nicht möglich, in der falschen Richtung auf eine Autobahn aufzufahren. Daher gibt es in diesen Ländern kaum Probleme mit Falschfahrern.

Strafbarkeit

Deutschland

In Deutschland ist Falschfahren eine Gefährdung des Straßenverkehrs und damit eine Straftat nach § 315c Strafgesetzbuch. Der auf Falschfahrer bezogene Teil der Vorschrift lautet: „Wer im Straßenverkehr … grob verkehrswidrig und rücksichtslos … auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht … und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Als Nebenfolge kommt ein Fahrverbot nach § 44 in Betracht.

Österreich

In Österreich wird das Falschfahren erfasst durch § 177 StGB als fahrlässige Gemeingefährdung. Die Tat kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden. Hat die Tat den Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzungen einer größeren Zahl von Menschen zur Folge oder sind durch die Tat viele Menschen in Not versetzt worden, so ist nach § 170 StGB der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Wurde der Tod einer größeren Zahl von Menschen verursacht, ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Schweiz

In der Schweiz ist Falschfahren ein Verstoß gegen Art. 90Vorlage:Art./Wartung/ch-Suche, Satz 2 Strassenverkehrsgesetz: „Wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.“ Der Verstoß wird juristisch als abstraktes Gefährdungsdelikt behandelt.

Bekannte Opfer

  • Der US-amerikanische Musiker Criss Oliva kam am 17. Oktober 1993 ums Leben, als er nahe Tampa frontal mit einem betrunkenen Falschfahrer zusammenstieß. Olivas Frau Dawn wurde schwer verletzt.
  • Der Fußballspieler Roland Wabra kam am 17. Oktober 1994 durch einen Unfall mit einem Geisterfahrer auf der A 6 ums Leben.
  • Die Fernsehmoderatorin Alexandra Freund kam am 21. Juni 2001 bei einem Verkehrsunfall auf der A 8 München–Salzburg ums Leben, als ein Geisterfahrer in suizidaler Absicht frontal in ihren Wagen raste.
  • Die Schauspielerin Doris Schretzmayer hatte wegen eines Geisterfahrers einen schweren Autounfall.

Trivia

Es gibt einen bekannten Witz über einen Autofahrer, der im Radio eine Geisterfahrerwarnung hört: „Vorsicht! Auf der Autobahn kommt Ihnen ein Geisterfahrer entgegen!“, und zu sich sagt: „Was? Einer? Hunderte!“. Dieser Witz wurde auch in einer Folge der Sendung "Der 7. Sinn" dargestellt.

Am 17. März 2006 wurde der Witz wahr, als eine verwirrte Autofahrerin auf der A 8 (Salzburg–München) der Polizei per Handy meldete, ihr kämen „jede Menge Geisterfahrer“ entgegen. Die Frau konnte gestoppt werden.[6] Laut einem Bericht des ORF dürfte die psychisch kranke Lenkerin ihre Medikamente nicht rechtzeitig genommen haben.

Einzelnachweise

  1. a b c POK Ballhorn, Polizeiautobahnstation Gau-Bickelheim: Geisterfahrer ? – Falschfahrer!, entnommen am 14. April 2009
  2. Stop für Geisterfahrer Presseaussendung von 3M vom 18. November 1997 abgerufen am 8. Februar 2010
  3. Polizei Rheinland-Pfalz: Falschfahrer (sog. Geisterfahrer), entnommen am 14. April 2009
  4. Ö3: Die Ö3-Geisterfahrerstatistik 2008, entnommen am 14. April 2009
  5. Autobahnwerbung abgerufen am 2. Februar 2011
  6. Der Spiegel: Irrfahrt: Geisterfahrerin meldet der Polizei Falschfahrer

Weblinks


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