Felsgrab

Felsgrab
Verbreitung Felsengräber
Verschiedene Felsengräber
Begehbare Wohn- und Grabhöhlen an der Steilküste von Mátala, Kreta

Das Felsengrab, Felsgrab oder die „artifizielle Höhle“ gehört zu den ältesten Erscheinungsformen sepulkraler Kultur und ist ab dem Neolithikum in zahlreichen Variationen, darunter in einigen Hybridformen, weltweit in verschiedenen Kulturen anzutreffen.

Vorrangig bezeichnet der Begriff eine Aushöhlung des gewachsenen Felsens (engl. rock-cut tomb). In vielen Fällen trifft das traditionelle Verständnis von einem Bestattungsort auf diese Anlagenart nur eingeschränkt zu. Das Felsengrab fungierte im Wesentlichen als Bestattungsplatz der Eliten einer Kultur. Es tritt bereits zu einem frühen Zeitpunkt an die Stelle der zuvor für Kultzwecke benutzten, aber nur begrenzt verfügbaren Naturhöhlen und Abris. Felsengräber waren oft die Vorläufer oder Begleiter der Megalitharchitektur.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Artifizielle Aushöhlungen finden sich in Europa und Vorderasien sowie darüber hinaus. In Europa sind es die Hinterlassenschaften der stein- und bronzezeitlichen Kulturen. In Frankreich (z.B. Grotten bei Arles), auf der Iberischen Halbinsel (Alcaide) auch als Felskuppelgrab, auf den Balearen als so genannte Cuevas, auf Malta (Bur Mghez, Xemxija) und Sardinien als „Backofengräber“ bzw. Domus de Janas (Häuser der Feen) oder als bauliche Unikate wie Campu Luntanu und auf Sizilien (z.B. Thaspsos). Unikate sind auch auf Orkney und in Deutschland vorzufinden.

Voraussetzung für ein neolithisches Auftreten war das Vorkommen relativ weichen Gesteins, das für eine Bearbeitung oder Aushöhlung mit steinzeitlichem Werkzeugen geeignet war. Das war vor allem Sedimentgestein, das sich zum Beispiel im westlichen Mittelmeerraum findet – „Globigerinen“-Kalk auf Malta. Da die Arbeiten große Anstrengung erforderten, sind die älteren sardischen Domus de Janas kaum einen Kubikmeter groß. Diese kleinen Aushöhlungen, die bronzezeitlich mitunter ein komplexes System großer (teilweise verzierter) Kammern mit Seitennischen bilden, verlaufen entweder senkrecht in den Boden (Backofengräber in Ägypten Mastabas) oder waagerecht in den Fels.

Übergangstypen

Übergangstypen zwischen Felskammer und megalithischer Felsarchitektur sind halb aus dem Felsen gehauene und durch (meist große), separat angefügte Steine ergänzte Anlagen. Beispiele finden sich vom Golan (Ala-Safat) über Sardinien (Pranu Muteddu) und die Balearen (Es Rafal) bis zu den Orkney (Taversoe Tuick).

Ein Typ, der den Übergang von der Höhlen- zur Freilandarchitektur anzeigt, sind die sardischen Felsgräber mit gestalteter Fassade (Mesu 'e Montes, Molafa, Sos Furrighesos), deren Zugänge wie die Portalstelen des älteren Typs der Gigantengräber gestaltet sind.

Zum Felsgrabkomplex im weiteren Sinne gehören die Tafoni-Gräber einer gleichnamigen Kultur im Süden Korsikas, die natürliche Aushöhlungen im Fels nutzte und mit Verschlußplatten versah. Tafonis sind Verwitterungsformen, bei denen durch Windausblasung oder Lösungen infolge chemischer Reaktion Partien des Gesteines zumeist sackartig herauspräpariert wurden.

Bronzezeit

Mit Bronze- und Eisenzeitwerkzeug wurde die Aushöhlung härterer Gesteine möglich, und so finden sich nun größere Aushöhlungen. Der älteren Tradition vergleichbar liegen sie in einem Gebiet vom Orient über Zypern (Salamis) bis zu den Orkney-Inseln (Dwarfie Stane – Zwergenstein – auf Hoy). Sehr zahlreich sind die über ein großes Areal verstreuten Königsgräber von Paphos. Nur weniger dieser prunkvollen Anlagen auf Zypern sind bislang ausgiebig erforscht. In Kleinasien existieren die Felsengräber der Lykier (Telmessos, Kaunos und Myra) sowie der Phrygier im Phrygischen Tal bei Afyon.

Sonderformen stellen die Hypogäen (zum Beispiel das Ħal-Saflieni auf Malta), die Katakomben und manche der als Souterrains bezeichneten Anlagen in Westeuropa dar. Die bekannteste Mischform zwischen dem errichteten Kultbau und einem unterirdischen Felsengrab ist die ägyptische Mastaba. In Deutschland existiert als Solitär das Felsgrab Seeburg 2 im Kreis Eisleben in Sachsen-Anhalt.

Siehe auch

Literatur

  • Aidan Dodson (1991): Egyptian Rock-cut tombs. Princes Risborough: Shire Publ. ISBN 0747801282
  • Juergen E. Walkowitz (2003): Das Megalithsyndrom: europäische Kultplätze der Steinzeit. Langenweißbach: Beier & Beran. ISBN 3-930036-70-3
  • Ruth Whitehouse (1972): The rock-cut tombs of the central Mediterranean. In: Antiquity, Jg. 46, Nr. 184, S. 275-281.

Weblinks


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