Fernbedienung

Fernbedienung
Multifunktions-Fernbedienung

Als Fernbedienung bezeichnet man üblicherweise ein elektronisches Handgerät, mit dem sich über kurze bis mittlere Entfernungen (etwa 6 bis 20 m) Geräte oder Maschinen bedienen lassen. Für Steuerungen über größere Distanzen ist der Begriff Funkfernsteuerung gebräuchlich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Space Commander 600 von Zenith

Die Fernsehfernbedienung wurde im Jahr 1948 in den USA entwickelt. Sie war damals über ein Kabel mit dem Fernseher verbunden und konnte nur das Bild vergrößern oder verkleinern. 1950 brachte die Firma Zenith Radio Corporation eine ebenfalls kabelgebundene Fernbedienung namens „Lazy Bones“ (englisch für „Faulpelze“) heraus, welche die Programme umschalten konnte.

Fünf Jahre später folgte die drahtlose Fernbedienung „Flashmatic“. Sie funktionierte mit einem sichtbaren Lichtstrahl, der auf einen lichtsensitiven Sensor gerichtet wurde. Dabei konnte auch häufig das bloße Tageslicht den Fernseher einschalten. Ein Jahr später, 1956, ersetzte Ultraschalltechnik die Lichtmethode. Der Österreicher Robert Adler, ein Entwickler von Zenith, baute das Modell „Space Commander“. Es funktionierte ohne Batterien, indem ein Hämmerchern - ähnlich wie beim Klavier - auf einen Stab schlug, der die Ultraschalltöne erzeugte. Kurz darauf folgten vom selben Hersteller das Modell „Kadett“ (1958) und etwas später „Vector“ (1960).

In Deutschland erschien die erste, „Zauberschalter“ genannte Fernbedienung im Jahr 1956 von der Firma Tonfunk. Mit ihr konnte das Radiogerät drahtlos ein- und ausgeschaltet werden. Ab 1959 erschienen dann Fernbedienungen mit mehreren Funktionen für Fernsehgeräte.

Bauarten

Man kann Fernbedienungen nach dem Übertragungsmedium unterscheiden:

  • Drahtgebundene Fernbedienung
    • Drahtverbindung mit mechanischer Wirkung (Bowdenzug, Druckluftschalter, Fesselflug)
    • Drahtverbindung mit elektrischer Wirkung, zum Beispiel zur Flugkörpersteuerung (siehe zum Beispiel MILAN), Fernbedienung am Lenkrad für das Autoradio, ältere Fernbedienungen von Fernsehgeräten (Kabelfernbedienung)
  • Drahtlose Fernbedienung
    • Schall und Ultraschall (etwa Telefonpiepser für die Fernabfrage von Anrufbeantwortern, früher Ultraschallfernbedienung für Fernseher)
    • Funkwellen (beispielsweise zur Fernentriegelung von Autos, Garagentoröffnung, Funkschalter)
    • Bluetooth (beispielsweise für die PlayStation 3)
    • Infrarotstrahlung (IR) (unter anderem für elektronische Geräte wie Fernseher)

Funkfernbedienungen sind im Gegensatz zu IR-Fernbedienungen nicht auf optische Sicht zum Empfänger angewiesen und wirken somit auch durch Decken und Wände. Dafür kann es beim Einsatz weiterer Funkanwendungen (drahtloses Telefon, Videoübertragung usw.) und von Mikrowellengeräten zu Störungen kommen. Funkfernbedienungen werden im HiFi-Bereich selten eingesetzt.

Daneben gibt es noch Universalfernbedienungen, welche die verschiedensten Geräte unterschiedlicher Marken bedienen können.

Begriffsabgrenzung

Geräte mit höherer Reichweite werden meist als Fernsteuerung bezeichnet. Sie arbeiten mit Funkwellen.

Geräte mit nur wenigen Funktionen nennen sich Handsender.

Übertragungsarten

Ursprünglich wurden die Signale ausschließlich über ein Kabel geleitet, wohingegen heutige Fernbedienungen in der Regel drahtlos sind. Als Übertragungsverfahren können beispielsweise Funkwellen verwendet werden, dazu ist manchmal eine Genehmigung der nationalen Fernmeldebehörden (in Deutschland die Bundesnetzagentur) nötig. Nicht genehmigungspflichtig sind Übertragungen mittels Infrarot, induktive Übertragung mit einer Sendefrequenz um 10 kHz, beispielsweise zum Öffnen von Garagentoren und Ultraschallfernbedienung – sie ist heute kaum noch verbreitet. Ultraschallfernbedienungen sind – wie induktive Fernbedienungen – anfällig gegen Störsignale aus der Umgebung. Außerdem können Tiere Ultraschall hören und bei Betätigung aufschrecken.

Die meisten Fernbedienungen arbeiten heute mit Infrarot (Leuchtdioden bei einer Wellenlänge von 950 nm als Sender). Zur Verbesserung der Störsicherheit wird die Strahlung mit einer Frequenz von 20 bis 70 kHz moduliert. Die Modulation des Signals verringert den Stromverbrauch des Senders und macht die Übertragung unabhängig von Fremdlicht. Bei Infrarot-Fernbedienungen ist unmittelbarer Sichtkontakt zum zu steuernden Gerät nicht zwingend erforderlich, da IR-Signale von vielen Flächen reflektiert werden.

Neuere Entwicklungen verwenden Funkfrequenzen um 2,4 GHz. Unter anderem lassen sich Geräte per Mobiltelefon oder Computer über Bluetooth fernsteuern. Diese Methode erfordert keinen Sichtkontakt.

Infrarot-Fernbedienung

IR-Modulation

Signalfolgen zur Informationsübertragung
38-kHz-Signal einer Fernbedienung
Funktionstest mit einer Digitalkamera

IR-Fernbedienungen senden ein Signal im unsichtbaren Infrarotbereich aus. Als Strahlungsquelle dienen häufig Infrarotleuchtdioden. Das Signal wird mit einer Frequenz um 40 kHz aus- und eingeschaltet. Dadurch erhöht sich die Störsicherheit des Empfängers: Ein Bandpassfilter lässt nur diese Frequenzen passieren und sperrt zufällige Störsignale aus. Durch Modulation dieses Sendesignals werden Informationen zum Empfänger übertragen.

Das linke Bild zeigt ein IR-Trägersignal von 38 kHz. Die Signalfolge (englisch burst) hat eine Sendedauer von circa 560 µs, das sind in etwa 21 Wellenzüge des Trägersignals. Durch zeitlich versetztes Senden der Signalfolgen lassen sich Daten übermitteln. Die Bursts und die Pausen zwischen ihnen kodieren die Information, die an den Empfänger übermittelt werden soll. Das Trägersignal ist im rechten Bild wegen der geringen Auflösung nicht zu erkennen.

Die Kodierung erfolgt nach unterschiedlichen Verfahren durch Variation der Burst- und Pausendauer (Impulstelegramm). Dem Beispiel könnte eine Pulsweitencodierung zu Grunde liegen: Ein Burst, gefolgt von einer gleichlangen Pause entspricht einem gesetzten Bit 1, ein Burst, gefolgt von einer Pause doppelter Länge dem Bit 0.

Verbreitet sind die Verfahren RC-5 und RC-6, die auf die Firma Philips zurückgehen. Sie verwenden einen Träger von 36 kHz. Die Bursts und Pausen haben jeweils eine Dauer von 889 µs. Der Kodierung liegt ein Manchester-Code zu Grunde. Dadurch treten Pausen und Bursts von einfacher und maximal doppelter Dauer auf. Ein Signalpaket überträgt 14 Bit, so dass pro Sekunde ein Sendebefehl mindestens zehnmal wiederholt ausgestrahlt wird.

Technische Realisierung

Komponenten des Senders (Handgerät) einer Infrarot-Fernbedienung
Verschiedene Ausführungsformen von IR-Fernsteuerempfängern

Handgerät

Im Handgerät, beziehungsweise der Fernbedienung, befindet sich eine Batterie, eine Steuerschaltung, das Tastenfeld und eine Galliumarsenid-Leuchtdiode. Die Steuerschaltung erzeugt für jede Taste einen spezifischen Code und liefert die damit modulierte Trägerfrequenz (beispielsweise 36 kHz) an die Leuchtdiode. Oft ist ein Treibertransistor zur Verstärkung dazwischengeschaltet. Die Modulationsfrequenz wird von einem Oszillator erzeugt, der meistens mit einem Keramikresonator arbeitet.

Empfänger

Der Empfänger, etwa im Fernsehempfänger, besteht aus einer Siliziumfotodiode, einem bei 36 kHz selektiv arbeitenden Verstärker und einem Demodulator, der das digital codierte Signal an die Steuerschaltung des Gerätes liefert. Während solche Empfänger früher aus diskreten Bauteilen aufgebaut waren, sind heute integrierte Schaltungen verfügbar, die alle diese Funktionen enthalten. Vor der Fotodiode sitzt ein für sichtbares Licht undurchlässiges Sperrfilter, um Störungen zum Beispiel von Energiesparlampen zu vermeiden.

Anwendungen

Fernbedienung für Wegfahrsperre und Zentralverriegelung (1994)

IR-Fernbedienungen werden für Haushaltsgeräte und vor allem im Bereich der Unterhaltungselektronik verwendet.

Funkfernbedienungen finden unter anderem zum Öffnen/Schließen von Garagentoren oder zum Ver-/Entriegeln von Automobilen (seit den 1990er Jahren) Verwendung.

Sonderformen

Universalfernbedienung

Universalfernbedienungen sind Fernbedienungen, die verschiedene Geräte bedienen können. Es ist zu unterscheiden zwischen lernfähigen Fernbedienungen, die mittels der Original-Fernbedienung angelernt werden und programmierbaren Fernbedienungen, die mittels eines Zahlencodes auf die zu bedienenden Geräte eingestellt werden.

Universalfernbedienungen können mehrere Geräte steuern: Im Allgemeinen stellt man über sogenannte Gerätetasten die Bedienung auf ein bestimmtes Gerät ein – und kann somit alle Geräte mit einer einzigen Fernbedienung steuern. Um sie an die Geräte anzupassen, müssen oft herstellerspezifische Codes in die Fernbedienung eingegeben werden.

Die bessere Alternative ist eine Programmierung über eine (gut gepflegte) Datenbank im Internet (Online-Verbindung erforderlich) und zusätzlich noch eine Lernfunktion, über die auch evtl. nicht funktionierende Befehle korrekt eingelernt werden können.

Die teureren unter den Universalfernbedienungen bieten zusätzlich noch sogenannte „aktionsgesteuerte Aktivitäten“, d.h. zuerst werden alle im Heimkino verwendeten Geräte mittels Herstellerangabe und Modellbezeichnung aus einer Liste auf der Hersteller-Webseite eingegeben, die Befehle sodann auf die Fernbedienung übertragen und anschließend logisch für verschiedene Aktionen miteinander verknüpft. So fährt beispielsweise auf Knopfdruck neben dem im Display angezeigten „Beamer TV“ die Leinwand nach unten, der Projektor schaltet sich ein, der richtige Video-Eingang am Projektor wird gewählt, der A/V-Receiver schaltet sich ein und der korrekte Audio-Eingang wird eingestellt. Sodann schaltet sich der DVD-Player ein, das Licht wird gedimmt und der Film startet.

In oben aufgeführtem Szenario steuert die Universalfernbedienung auch Geräte, die via Funk angesprochen werden, z. B. die Motorleinwand oder die Beleuchtung via Funksteckdosen. Dazu gibt es im Handel preiswerte Umsetzer von Infrarot auf Funk, eine gute Anleitung dazu gibt es weiter unten in den Weblinks.

Die größte Verbreitung haben aktionsgesteuerte Universalfernbedienungen naturgemäß in Heimkinos mit ihrem meist größeren Gerätepark.

Interaktive Fernbedienung

Betty-Fernbedienung mit boop-Firmware

Eine Sonderform der Universalfernbedienung stellte die „Betty“ dar, ein als interaktive Fernbedienung beworbenes Gerät der Swisscom Fixnet. Dieses kam 2006 auf den Schweizer und Anfang 2007 auf den deutschen Markt. Die Fernbedienung bot, begleitend zum Programm einiger Fernsehsender, auf dem Display Spiele, Hintergrundinformationen und Werbung. Gewinne wurden als Bonuspunkte ausgezahlt.

Erfasste Daten wurden per Telefon mittels eines eingebauten Modems übertragen. Der Aufbau des Systems ermöglichte es dem Anbieter, das Seh- und Nutzungsverhalten des Zuschauers zu protokollieren.

Nach der Markteinführung wurden in Deutschland anstatt der geplanten 500.000 bis zu einer Million Kunden bis zum 25. Juli 2007 nur 100.000 Bettys abgesetzt.[1][2] Betty wurde in der Schweiz und in Deutschland Ende 2007 eingestellt.[3][4] Die Betty wurde zu einer gewöhnlichen Universalfernbedienung.

Ein alternatives Betriebssystem für die Betty, die boop-Firmware, wurde nach der Cartoonfigur Betty Boop benannt. Damit arbeitet sie als Universalfernbedienung für die d-box2, Xbox und andere Geräte.[5]

Galerie

Einzelnachweise

  1. Stern: Daten für die liebe Betty
  2. DWDL: Swisscom verliert die Geduld: Betty TV vor dem Aus?
  3. Swisscom stellt den Geschäftsbetrieb der Betty TV (Deutschland) AG ein
  4. Heise-Newsticker: Swisscom stellt interaktives Fernsehangebot wieder ein
  5. Bettyhacks

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Fernbedienung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Remote control units – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Synonyme:

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