Feuerbock

Feuerbock

Feuerböcke sind archäologische Fundstücke unterschiedlicher Zeitstellung aus Keramik oder Eisen, deren Funktion nicht eindeutig geklärt ist.

Bronzezeitlicher Feuerbock aus Akrotiri, Griechenland
Urnenzeitlicher Feuerbock: „Ebersberger Mondidol“
Feuerbock aus der spätbronzezeitlichen Moorsiedlung von Wasserburg Buchau
Eisenzeitliches Feuerbock-Paar
Feuerböcke im Fachwerk

Feuerböcke sind nach herkömmlicher Lesart Geräte, die an Feuerstellen als Abstandshalter zur Glut dienen. Die Auflagefläche dient als Halterung für das Brat- oder Kochgut bzw. für Spieße, Roste oder Töpfe. Feuerböcke können andererseits auch dazu dienen, die Luftzufuhr zu den Flammen oder der Glut zu regulieren und ein besseres Abbrennen des Schürgutes zu ermöglichen.

Die „Feuerböcke“, die in der archäologischen Literatur als solche bezeichnet werden, sind in der Regel keine. Als solche müssten sie paarweise auftreten und Brandspuren aufweisen – beides ist kaum der Fall. Die Deutung dieser Gerätschaften geht daher eher in Richtung Kultgerät.

Als besondere Form der „Feuerböcke“ gelten die „Mondidol“ (Mondbilder), Geräte aus Keramik mit zwei oder drei Standfüßen, die einen oberen Abschluss die Form einer liegenden Mondsichel haben. Diese treten mindestens seit der spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur (um 1300–800 v. Chr.) auf. Sie wurden von Archäologen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts dahingehend gedeutet, dass sie im Zusammenhang mit einer kultischen Verehrung in Gebrauch waren. Eine andere Deutung besagt, dass sie als Verzierungen außen am Haus oder der Hütte angebracht wurden, zumeist auf dem Giebel oder dem First des ansonsten strohgedeckten Daches – ein Brauch, der sich bis zur Gegenwart erhalten hat. Andere sehen in diesen Gegenständen eher eine Nachbildung von Stierhörnern, ebenfalls zu kultischem Gebrauch. Denkbar wäre, dass aus echten Feuerböcken, die zum Beispiel im Zusammenhang mit Tieropfern in kultisch-rituellem Gebrauch waren, sich der Usus herausentwickelt hat, Feuerböcke als Schutzzeichen oder Ähnlichem zu verwenden. Bei der Bestattungskultur spielten sie weniger eine Rolle; wenn sie – wie im östlichen Österreich – in Frauengräbern gefunden werden, könnten sie auf einen Herdkult hindeuten.

Eine profanere Deutung besagt, dass Mondidole Nackenstützen waren, wobei man sie unter anderem mit ägyptischen Kopfstützen verglich, deren Funktion aus Abbildungen als gesichert gilt. Manche Mondidole sind allerdings von einer Form, die diesen Verwendungszweck ausschließt. Eine weitere profane Deutung will in Feuerböcken bzw. Mondidolen Gerätschaften sehen, die zur Auflage von Füßen zum Wärmen an Feuerstellen dienten.

In der jüngeren Eisenzeit kommen „echte“ Feuerböcke aus Eisen zum Vorschein; so wurden zum Beispiel aus den Günzschottern bei Oberried ein Paar von Feuerböcken ausgebaggert, die zu den typischen Exemplaren der Latènezeit (500–15 v. Chr.) zählen (heute im Archäologischen Museum Neu-Ulm).

Feuerböcke waren das ganze Mittelalter über und in der Neuzeit in Gebrauch, meistens als Gestell aus zwei durch eine Kette oder eine Querstange verbundenen Füßen oder Böcken, das vor dem Kamin zum Auflegen des Holzes diente. Es gibt italienische (besonders venezianische), französische und deutsche Feuerböcke aus der Renaissancezeit und anderen Kunstepochen, die mit Ornamenten und Figuren verziert sind.

Als „Feuerböcke“ werden auch Teile des Zierfachwerks bezeichnet.

Einen Feuerbock führt die Marktgemeinde Tieschen in der Steiermark in ihrem Wappen.

Literatur

  • O. Tschumi: Vorgeschichtliche Mondbilder und Feuerböcke. Jahresbericht des Historischen Museums in Bern 1911, Beilage, Bern 1912
  • Otto Kunkel: Feuerböcke von Ossenheim in der Wetterau, in: Friedberger Geschichtsblätter 6 (1924), S. 26–28
  • Wolfgang Kimmig: „Firstziegel“ und Feuerböcke aus Baden, in: Prähistorische Zeitschrift 25 (1934), S. 52–61
  • Dietrich Drost: Zu Gliederung und Herkunft der metallenen Feuerböcke Mitteleuropas, in: Ethnographisch-archäologische Forschungen 2 (1954), S. 100–158
  • Johannes Maringer: Gehörnte Tongebilde aus bronzezeitlichen Siedlungen des Freiburgerlandes im Lichte anderer schweizerischer und ausserschweizerischer Funde. Freiburger Geschichtsblätter 50 (1960/61), S. 17–26
  • Mircea Radu Babeş und V. Mihăilescu-Bîrliba: Germanische latènezeitliche „Feuerböcke“ aus der Moldau, in: 51.–52. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 1970/71, S. 176–196
  • Heiko Steuer: Germanische „Feuerböcke“ aus dem Hannoverschen Wendland, in: Archäologisches Korrespondenzblatt 3 (1973), S. 213–217
  • Bernd-Rüdiger Goetze: Feuerböcke und Hüttenakrotere. Ein Definitionsversuch, in: Archäologisches Korrespondenzblatt 6 (1976), S. 137–140
  • László Nagy: Zur Feuerbock- und Mondidolfrage aufgrund der ungarländischen Funde, in: A Veszprém Megyei Múseumok Közleményei / Törtelenem 14 (1979), S. 19–73
  • P. Stary: Feuerböcke und Bratspieße aus eisenzeitlichen Gräbern der Apenninhalbinsel, in: O. H. Frey/H. Roth (Hrsg.): Kleine Schr. Sem. Marburg 5 (1979), S. 40–61
  • Charlotte Fankhauser: Urnenfelderzeitliche Feuerböcke und Firstziegel der Schweiz, unveröffentlichte Lizentiatsarbeit, Universität Zürich 1986
  • Charlotte Fankhauser: Die Feuerböcke. In: Margarita Primas: Eschenz Insel Werd IV. Die Keramik der Spätbronzezeit. Zürcher Studien zur Archäologie, 1989, S. 126–148
  • Hans Peter Uenze: Eiserne Feuerböcke der Laténezeit: „Heidelberg“ bei Schweinthal, Gde. Egloffstein, Ldkr. Forchheim; Oberried, Gde. Breitenthal, Ldkr. Günzburg. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, hrsg. von der Staatlichen Kunstsammlungen u. d. Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München, F. 3. 42 (1991), S. 173–175
  • Feuerböcke. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd. 8, Lfg. 3/4, Berlin, New York 1993, S. 390–398
  • I. Häggi: Kultgebräuche im Alpenraum und in der Ägäis. Zur Frage der Funktion der Feuerböcke aus Eschenz, in: Antiquitas, Reihe 3, Band 34, Bonn 1995, S. 211–234
  • Calista Fischer: Die „Firstziegel“ von Reinach: Ein ungelöstes Rätsel. In: Jürg Ewald und Jürg Tauber (Hrsg.): Tatort Vergangenheit. Ergebnisse aus der Archäologie heute, Basel 1998, S. 102f.
  • Nackenstützen? Feuerböcke? Mondidole? Bronzezeitliche Funde verweigern ihre Einordnung. In: MegaLithos, Heft 1/2001
  • Werner Endres: Neuzeitliche keramische „Feuerböcke“ aus Regensburg und Umgebung. In: Beiträge zur Archäologie in der Oberpfalz und in Regensburg, 5 (2002), S. 419–451
  • Daniela Hager: Skulpturen der Spätbronzezeit: Mondhörner, Feuerböcke, Firstziegel? Befunde und Deutungen der Tonhornobjekte, Basel 2006 (Auszug)

Weblinks


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