Fleischversorgung von Wien

Fleischversorgung von Wien

Schon im Mittelalter war in Wien die Schlachtung von Tieren zum Zweck der Fleischversorgung der Bevölkerung der Stadt obrigkeitlich geregelt. Unterschieden wurde zwischen dem Schlachtviehantrieb, dem Schlachtvorgang selbst und dem Fleischverkauf.

Inhaltsverzeichnis

Antrieb

Der Antrieb (Auftrieb) und der Verkauf des Schlachtviehs an die Fleischhauer erfolgte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf dem „Ochsenmarkt“ vor dem Stubentor. Die zur Schlachtung bestimmten Rinder kamen zumeist aus dem nahe gelegenen Ungarn, aber auch aus dem Umland von Wien.

Schlachten

Beim Schlachten der Tiere war unter anderem fließendes Wasser notwendig, um Blut und sonstige nicht verwertbare Teile des Schlachtviehs rasch entsorgen zu können.

Bereits am 28. August 1364 bestimmte Rudolf IV. nach einem Ratsbeschluss, dass Großvieh nur noch auf der Schlagbrücke (oder auch Schlachtbrücke) beim Roten Turm abgestochen werden durfte. Kleinvieh wurde bis etwa 1500 auf der Schlachtbrücke beim Lichtensteg (Hier floss ein kleines Gewässer namens Möring.) geschlachtet.

Für die Juden in Wien gab es Am Hof den Fleischhof der Juden. Er wurde zum rituellen Schlachten („Schächten“) des Viehs errichtet. Nach Aufhebung der Judenstadt wurde der Fleischhof als Holzlagerplatz genutzt. Später wurde hier das Bürgerliche Zeughaus errichtet.

In der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde das Schlachten auf den Brücken eingestellt. Im Bereich des heutigen Schwedenplatzes wurden vor dem Roten Turm mehrere überdachte Schlachtbänke errichtet. Ferdinand I. ordnete am 7. Februar 1549 an, dass Groß- und Kleinvieh nur noch hier geschlachtet werden durfte. Noch 1604 war diese Regelung in Kraft.

In den Jahren 1566 und 1587 ist im Bereich Hafnersteig / Franz-Josefs-Kai ein städtisches Schweineschlachthaus nachweisbar.

1846 begann der Bau neuer städtischer Schlachthäuser. Die Schlachthäuser in Sankt Marx und Gumpendorf (6. Wiener Gemeindebezirk, Mollardgasse 87) waren zwar schon 1848 fertig gestellt, konnten aber erst 1851 in Betrieb gehen.

Ein Gesetz vom 3. Februar 1873, das die Gerichtsbezirke Sechshaus, Hietzing, Hernals und Klosterneuburg betraf, wurde auch in den Vororten der Schlachthauszwang eingeführt. Die Schlachthäuser in Meidling, Hernals und Nußdorf wurden zwischen 1885 und 1888 in Betrieb genommen.

Zwischen 1888 und 1892 wurde das Schlachthaus Sankt Marx auf dem Areal des Zentralviehmarkts neu errichtet. Sowohl der Zentralviehmarkt als auch das Schlachthaus wurden im 2. Weltkrieg schwer beschädigt. Beim Wiederaufbau musste man sich damit begnügen, die Anlagen zwar modernisiert, aber doch in alter Form, wieder zu errichten. Die erfolgten Verbesserungen wurden durch die Anforderungen an die Hygiene und den Arbeiterschutz bestimmt.

1908 wurde nach den Plänen des Architekten Josef Klingsbigl im heutigen 3. Bezirk (damals 10. Bezirk) das aus sechs voneinander getrennten Gebäuden bestehende Zentral-Pferde-Schlachthaus errichtet.

Gegenwart

Im Juli 2006 war bekannt geworden, dass im Zuge der Vorarbeiten zur Aufwertung des Stadtentwicklungsgebietes St. Marx das damals noch dort ansässige Zerlegezentrum im Jahr 2007 auf den Großmarkt Wien in Inzersdorf übersiedelte, womit der letzte noch aktive Fleischbetrieb aus diesem historischen Viertel verschwand. Unabhängig davon, wie das dortige Areal später gestaltet werden wird, werden jedoch die benachbarten riesigen, 20.000 m² großen schon lange nicht mehr genutzten, desolaten Rinderhallen erhalten bleiben. Sie stehen unter Denkmalschutz, sollen bis zum Frühjahr 2007 saniert werden und in spätere örtliche Gebäudekonzepte integriert werden.[1]

Fleischverkauf

Der Fleischverkauf an die Konsumenten erfolgte durch die Fleischhacker, die es auf Märkten an den Fleischbänken verkauften.

Die ältesten Verkaufsstände befanden sich auf dem Fleischmarkt in der Nähe des Roten Turms im 1. Wiener Gemeindebezirk. Hier hatte auch die Fleischerinnung ihren ältesten Sitz.

Dass sich im Laufe der Jahre die Fleischbänke über die ganze Stadt ausbreiteten, liegt wahrscheinlich an der steigenden Zahl der Bürger Wiens, die eine Dezentralisierung nötig machte.

So errichtete die Stadt um 1424 am Graben eigene Fleischbänke, die an Fleischhacker der Umgebung Wiens vermietet wurden. 1449 wurde die Zahl der Verkaufsplätze erhöht und die Verkaufszeiten wurden genau festgelegt.

Nachdem der Graben eine noblere Gegend geworden war, verfügte Kaiser Ferdinand I. 1564 eine Verlegung der Fleischbänke, die den Standort verunzierten und eine Geruchsbelästigung darstellten, in den Tiefen Graben. Ähnliche Gründe führten 1753 zur Verlegung der Fleischverkaufsplätze Am Hof.

Im Bereich des heutigen Hotels Hilton war in den Jahren 1864/1865 eine Markthalle errichtet worden, die jedoch ihren Zweck nicht erfüllte. 1886 wurde sie deshalb in eine Großmarkthalle für Fleisch umgestaltet und man verlegte auch den bisher auf dem Viehmarkt Sankt Marx zugelassenen Großhandel mit Fleischwaren hierher. 1899 wurde die Anlage um die „Neue Fleischmarkthalle“ erweitert. Eine 1906 errichtete Viktualienhalle wurde 1977 abgebrochen, die Neue Fleischhalle folgte 1982.

Quellen

  1. Tageszeitung Kurier, 12. Juli 2006, S. 11

Literatur

  • Die Central-Markthalle der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, Verlag der Hallenverwaltung, Wien 1865, (Online-Version)
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Kremayr und Scheriau, ISBN 3-218-00543-4
  • Hermann Gsandtner: Kurzer Abriß der Geschichte der Fleischversorgung Wiens, insbesondere des Gebietes des heutigen 12. Wr. Gem.bezirks mit besonderer Berücksichtigung der Schlachthäuser Gumpendorf und Meidling, Blätter des Meidlinger Bezirksmuseums, Wien 2007, Heft 68.
  • Fleischkontrolle vor fünfhundert Jahren. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 18. September 1948, S. 5.

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