Formelsatz

Formelsatz

Als Formelsatz bezeichnet man in der Typografie den Satz vor allem mathematischer, aber auch chemischer Formeln, für den Druck oder die Anzeige am Bildschirm. Das Setzen von Formeln ist schwieriger als von reinem Text, da hierbei Zeichen nicht nur nebeneinander, sondern auch übereinander (z. B. bei Brüchen) gesetzt werden müssen. Manche Zeichen müssen sich über nachfolgende Zeichen erstrecken (z. B. Wurzelzeichen); ferner kann ihre Größe abhängig sein von nachfolgenden Zeichen (z. B. Klammern) oder von ihrer Funktion (Indizes und Exponenten). Eine weitere Schwierigkeit liegt in der Vielfalt der mathematischen Zeichen. Ähnliche Zeichen müssen deutlich unterscheidbar sein.

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Bereich Schriftverkehr
Titel Formelschreibweise und Formelsatz
Kurzbeschreibung: regelt die Schreibweise von Formeln im Schriftsatz
Letzte Ausgabe 2011-03
ISO -

Inhaltsverzeichnis

Traditionen des Formelsatzes

In verschiedenen Ländern haben sich im Laufe der Geschichte verschiedene Konventionen für den Satz mathematischer Formeln entwickelt. Sie unterscheiden sich vor allem in den verwendeten Schriftgraden und der Spationierung, also der Verteilung von Leerräumen. Neben diesen kleinen Unterschieden gibt es auch einige große Unterschiede, die im Folgenden vorgestellt werden.

Textformeln und abgesetzte Formeln

Im Formelsatz unterscheidet man zwischen im Fließtext stehenden Textformeln wie \bar x = \sqrt[n]{\prod\nolimits_{i=1}^n x_i} und abgesetzten Formeln, die eingerückt in einer eigenen Zeile stehen, wie

l = \lim_{\Delta t \to 0} \Bigl( \sum\nolimits_{n=1}^{T/\Delta t} (g \cdot t_n \cdot \Delta t)\Bigr) = \int_0^T g \cdot t\;\mathrm{d}t = \frac g 2 \cdot T^2.

Die beiden Beispiele entsprechen den Konventionen des US-amerikanischen Formelsatzes. Sie zeigen sich vor allem an der Art, wie obere und untere Grenzen bei Summen-, Produkt- und Integralzeichen gesetzt werden. Hier werden die oberen und unteren Grenzen rechts vom Symbol angeordnet.

In anderen Traditionen, wie der russischen und auch der deutschen, werden die Grenzen immer über und unter das Symbol geschrieben, auf das sie sich beziehen, wie im Fließtext \sum\limits_{i=1}^n x_i = x_1+ \cdots +x_n oder in einer eigenen Zeile

l = \lim_{\Delta t \to 0} \biggl( \sum_{n=1}^{T/\Delta t} (g \cdot t_n \cdot \Delta t)\biggr) = \int\limits_0^T g \cdot t\;\mathrm{d}t = \frac g2 \cdot T^2.

Bei Wikipedia basiert der Formelsatz auf TeX, einem amerikanischen System für Text- und Formelsatz, das aber auch die deutsche Schreibweise unterstützt. Im amerikanischen Satz wird Platz gespart, und größere Leerräume zwischen den Zeilen wie im folgenden Fall werden vermieden. Diese Leerräume sind für den Verleger ungünstig, weil dadurch mehr Papier unbedruckt bleibt; sie können durch die ungleichmäßigen Zeilenabstände die Lesbarkeit verschlechtern. Aus denselben Gründen wird im angloamerikanischen Raum in Textformeln statt \frac AB häufig A\!\,/B geschrieben. In Deutschland sind nach DIN 1302 beide Schreibweisen gleichberechtigt. Für den Fließtext unterstützt TeX auch eine kleinere Form \tfrac AB .

Formeln, die Bestandteile eines Satzes sind, sollen gemäß DIN 1338, auch wenn sie frei stehen, hinsichtlich der Satzzeichen wie ein Satzteil behandelt werden. Dabei soll zwischen Formel und Satzzeichen ein Ausschluss gesetzt werden. Tabellarisch aufgelistete Formeln werden dagegen nicht durch Satzzeichen ergänzt.

Schriftgrade

Im Allgemeinen werden für Indizes und Exponenten kleinere Schriftgrade gewählt als für die eigentlichen Formelbuchstaben. Um wie viel kleiner diese Formelelemente gegenüber dem Rest sind, hängt vom Sprachraum ab. Hier spielen allein schon unterschiedliche Maßsysteme eine Rolle: Amerikanische Drucker verwenden den so genannten Pica-Punkt (auch: Printer’s Point), der etwa 0,351 mm misst. Demgegenüber wird in Europa traditionell des französische Punkt-System verwendet wird, das auf François Ambroise Didot zurückgeht. Dieser Didot-Punkt ist etwa 0,376 mm groß und damit größer als der amerikanische Pica-Punkt. Mit der Einführung des Desktoppublishing (DTP) wurde ein weiteres Maß eingeführt, der DTP-Punkt mit der Länge 0,353 mm. Er ist derzeit das einzige verlässliche Maß in den meisten Anwendungsprogrammen, wie etwa Microsoft Word, Photoshop sowie der Druckerkommunikation, während etwa CorelDRAW metrisch programmiert wurde. In LaTeX, und daher auch in der Wikipedia, werden Exponenten und Indizes um 3 pt kleiner als der umgebende Formeltext gesetzt. In Russland dagegen werden Exponenten und Indizes um 2 dd kleiner gesetzt.

Im Formelsatz werden verschiedene Schriftgrößen nicht nur bei Indizes und Exponenten verwendet, sondern auch bei den Grenzen von Summen, Produkten und Integralen. Im amerikanischen Formelsatz werden auch Zähler und Nenner von Brüchen in kleinerer Schrift gesetzt, abhängig davon, wie groß der umgebende Text ist und in welcher Stufe der Bruch steht, wenn es sich um einen mehrfachen Bruch handelt:

\frac{2+\frac{1/2+\frac53}{5^3}}{\sqrt{\frac23}} .

Im deutschen und russischen Formelsatz dagegen werden zwar Grenzen und Indizes sowie Exponenten kleiner gesetzt, die Nenner und Zähler in Brüchen haben aber immer dieselbe Größe wie im Rest der Formel.

Aussehen mathematischer Symbole

Einige Unterschiede im Formelsatz betreffen die Form einzelner Zeichen, wie des Wurzel-, Verhältnis- und Integralzeichens, die in angloamerikanischer, deutscher und russischer Tradition unterschiedlich aussehen können.

Amerikanische Form Deutsche Form Russische Form
American radical.svg Wurzel.svg Russian radical.svg
\leq \leqq \leqslant
American integral.gif German integral.gif Russian integral.gif

Entgegen dieser Darstellung ist in DIN 1302 („Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe“) für „kleiner gleich“ dasjenige Zeichen festgelegt, das hier als amerikanische Form aufgeführt wird. Die deutsche Form des Wurzelzeichens ist selbst in den DIN-Normen nicht einheitlich, aber typisch so, wie hier angegeben.

Geradestehende, geneigte und kursive Schrift

Ob Formelbuchstaben geradestehend (z. B. das kleine lateinische a), geneigt (a) oder kursiv (\scriptstyle a) geschrieben werden, hängt ebenfalls von der dahinterstehenden Tradition ab. Der Differentialoperator d wird nach DIN aufrecht geschrieben und nach AMS kursiv. Allen Traditionen ist es gemein, dass definierte mathematische Funktionszeichen wie sin und exp aufrecht geschrieben werden.

Im anglo-amerikanischen Sprachraum werden große griechische Buchstaben und Konstanten, wie die Eulersche Zahl e, die imaginäre Einheit i (mit i2 = − 1) oder der Goldene Schnitt {\mathrm \Phi} = \tfrac{1+\sqrt5}2 , aufrecht geschrieben, Variable und kleine griechische Buchstaben dagegen kursiv, beispielsweise \omega = \tfrac{\mathrm d\varphi}{\mathrm dt} . Im französischen und russischen Formelsatz werden dagegen traditionell alle griechischen Buchstaben sowie zusätzlich im Französischen alle Großbuchstaben aufrecht geschrieben. Die Formel nach amerikanischer Tradition

\theta = \arccos \left( \frac ac \right) \neq R = \sqrt{a^2-2ab+b^2} \approx \Gamma

wird im russischen Formelsatz mit aufrechtem θ geschrieben:

θ  = \arccos \left( \frac ac \right) \neq R = \sqrt{a^2-2ab+b^2} \approx {\rm \Gamma}.

Im französischen Formelsatz würde neben dem θ auch das R aufrecht geschrieben:

θ  = \arccos \left( \frac ac \right) \neq {\mathrm R} = \sqrt{a^2-2ab+b^2} \approx \rm{\Gamma}.

Im deutschen Formelsatz gilt die nachfolgende Tabelle. Damit unterscheidet sich die deutsche Variante von der amerikanischen nur im \scriptstyle{\Gamma}:

\theta = \arccos \left( \frac ac \right) \neq R = \sqrt{a^2-2ab+b^2} \approx \mathit{\Gamma}.

In DIN 1304 („Formelzeichen“) und DIN 1338 („Formelschreibweise und Formelsatz“) wird festgelegt:

Gegenstand Schriftlage Beispiele
Zahlen, in Ziffern geschrieben geradestehend
Zahlen, durch Buchstaben dargestellt,
bei freier Bedeutung
kursiv/geneigt n-fach; 2n; aik
Zahlen, durch Buchstaben dargestellt,
bei konventioneller Bedeutung
geradestehend e = 2,71828…
i² = j² = −1
Formelzeichen für physikalische Größen,
auch physikalische Konstanten
kursiv/geneigt i (elektr. Stromstärke); m (Masse)
e ≈ 1,602 · 10-19 As (Elementarladung)
μ 0 = 4 π · 10-7 H/m (magn. Feldkonstante)
Zeichen für Funktionen und Operatoren,
wenn deren Bedeutung frei wählbar ist
kursiv/geneigt y = f(x)
u(t) = U0 sin ωt
Zeichen für Funktionen und Operatoren,
wenn mit konventioneller Bedeutung
geradestehend d; ∂; Δ; Σ
div; lim; Re (Realteil); lg
Zeichen für Einheiten geradestehend m (Meter); μF (Mikrofarad)
Symbole für Chemie und Atomphysik geradestehend Fe (Eisen); e (Elektron)
Wortabkürzungen geradestehend pabs (absolut); Fmin (minimal)

Diese Regeln für Formelzeichen gelten auch für Indizes (DIN 1338, Kap 3.4.2).

Griechische Buchstaben

Variantformen griechischer Buchstaben

Die meisten Formelsatztraditionen verwenden die heute üblichen griechischen Druckbuchstaben. Einige verwenden sie in aufrechter Form, andere schreiben sie kursiv. Mehrere Kleinbuchstaben existieren in verschiedenen Schreibweisen und werden in nebenstehendem Bild gezeigt. Ferner liegen zwei Formen beim Epsilon vor: \scriptstyle{\epsilon} neben \scriptstyle{\varepsilon}. Griechische Buchstaben, die wie lateinische aussehen, sind als Formelzeichen nicht geeignet.

Beide Formen des Pi waren seit dem Mittelalter nebeneinander gebräuchlich, \scriptstyle{\varpi} ist sogar noch in einigen griechischen Schreibschriften im 19. Jahrhundert zu finden, seitdem ist es aber aus der normalen griechischen Schrift verschwunden. Als Formelzeichen in der Bedeutung als Kreiszahl wird heute \scriptstyle{\pi} geschrieben, als Lemniskatische Konstante \scriptstyle{\varpi}. Diese Form tritt allerdings außerhalb der Astronomie recht selten auf. Die beiden Varianten des Theta, \scriptstyle{\theta} und \scriptstyle{\vartheta}, sind in gedruckten griechischen Texten bedeutungsgleich, als Formelzeichen hingegen können sie zwei verschiedene Sachverhalte bezeichnen. Ähnliches gilt für Phi mit \scriptstyle{\phi} und \scriptstyle{\varphi}. Die erste Form kommt aus der Handschrift, während die zweite die in griechischen Drucken übliche Form darstellt. Beim Sigma sind die Form \scriptstyle{\sigma}, die in Drucken am Anfang und in der Mitte eines Wortes auftritt, und die Form \scriptstyle{\varsigma} zu unterscheiden, die in Drucktexten am Ende von Wörtern auftritt.

Welche Formen der griechischen Buchstaben verwendet werden, hängt von der Formelsatztradition ab. Der anglo-amerikanische Formelsatz verwendet alle angegebenen Formen parallel. Nach ISO sind \scriptstyle{\vartheta,\;\kappa,\;\varrho} und \scriptstyle{\varphi} zu bevorzugen. Nach den Empfehlungen der IUPAP sind bis auf \scriptstyle{\pi} und \scriptstyle{\varpi} sowie die nichtaustauschbaren Varianten \scriptstyle{\sigma} und \scriptstyle{\varsigma} die Variantformen als äquivalent anzusehen und sollen somit keine eigenständige Bedeutung haben.

Das in Mathematik und Physik verwendete griechische kleine Ny, geschrieben ν (geradestehend) oder ν (geneigt) oder \scriptstyle{\nu} (kursiv), lässt sich vom lateinischen kleinen Vau, geschrieben v (geradestehend), v (geneigt) oder \scriptstyle v (kursiv), durch geeignete Schriftwahl unterscheiden. Besonders schwer zu unterscheiden ist das griechische kleine Ypsilon, geschrieben υ, υ oder \scriptstyle{\upsilon}; es wird entsprechend wenig verwendet.

Zeilenumbruch in Formeln

Lange Formeln können so groß sein, dass sie nicht mehr in eine Zeile passen und auf mehrere Zeilen aufgeteilt werden müssen. Die wichtigsten genormten Regeln sind:

  • Eine Gleichung, die sich mit einem weiteren Gleichheitszeichen fortsetzt, wird vor diesem Zeichen geteilt. Das weitere Gleichheitszeichen steht am Anfang der neuen Zeile unter dem vorangegangenen Gleichheitszeichen.
  • Lange Terme werden vor einem Plus- oder Minuszeichen geteilt, jedoch möglichst nicht innerhalb von Klammern. Das Plus- oder Minuszeichen steht am Anfang der neuen Zeile weiter rechts als das vorangehende Gleichheitszeichen.
  • Muss ein Produkt geteilt werden, gilt Entsprechendes.
  • Zahlenwert und Einheit sowie die Faktoren einer abgeleiteten Einheit werden nicht getrennt.

Im russischen Formelsatz wird der Operator am Ende der getrennten Zeile gesetzt und in der neuen Zeile wiederholt, im amerikanischen Satz erscheint er dagegen wie im deutschen nur in der zweiten Zeile.

Schriftarten für den Formelsatz

Für den Formelsatz empfiehlt sich aus Gründen der Unterscheidbarkeit eine Schriftart mit Serifen. Zu Einzelheiten und Ausnahmen siehe unter Formelzeichen.
(Da diese Schriftart bei Wikipedia nur im Formeleditor zugänglich ist, wird die Empfehlung hier nicht konsequent umgesetzt.)

In mathematischen Formeln werden neben Buchstaben und Ziffern auch mathematische Zeichen verwendet, die nur selten in Textschriften vorhanden sind. Dazu zählen zum einen spezielle mathematische Zeichen wie \scriptstyle{\nleq}, zum anderen die oben genannten Variantformen griechischer Buchstaben. Um diesem Mangel abzuhelfen, existiert die Schriftart Adobe Symbol, die die griechischen Buchstaben sowie die Variantformen von Theta, Pi und Sigma nebst vieler anderer mathematischer Sonderzeichen wie den wichtigsten Verhältniszeichen, Summenzeichen, Produktzeichen, Integralen und Bausteinen für große Klammern enthält.

Programme für den Formelsatz in elektronischen Medien

Formeleditoren

Ein häufig benutztes Format für Formelsatz auf dem Computer ist TeX bzw. LaTeX. TeX ist insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich weit verbreitet und setzt sich dort zunehmend als Standard für wissenschaftliche Publikationen durch. Die Gründe dafür liegen neben dem sauberen Layout vor allem auch am hervorragenden Formelsatz.

Bei LaTeX empfiehlt sich die Benutzung der AMS-LaTeX-Pakete, die weitere Spezialitäten des Formelsatzes ermöglichen bzw. leichter zugänglich machen. Während beispielsweise beim Setzen von mehrzeiligen Formeln die notbehelfsmässige LaTeX-Umgebung eqnarray den gravierenden typographischen Fehler eines zu großen Leerraumes um das Gleichheitszeichen erzeugt und bei komplexeren Anforderungen an die Ausrichtung untereinander stehender Terme schnell an ihre Grenzen stößt, bietet AMS-LaTeX für diesen Zweck zahlreiche spezialisierte Umgebungen an (z. B. align).

Viele WYSIWYG-Textverarbeitungssysteme stellen für die Eingabe von Formeln so genannte Formeleditoren bereit. Die Eingabe der Formeln mit einem Formeleditor ist zwar intuitiv, aber gleichzeitig etwas umständlich. Die Ausgabequalität lässt oft auch zu wünschen übrig, es sei denn, die Formeleditoren verwenden TeX als Backend. Ein Beispiel eines Formeleditors, der TeX als Backend verwendet, ist das kommerzielle Plugin MathType für MS Word.

Im OpenOffice.org- und dem LibreOffice-Paket ist die Komponente Math für das Erstellen von Formelsätzen zuständig. In Math erstellte Formelsätze können in Textdokumenten (OOo Writer), Präsentationen (OOo Impress) oder Tabellenkalkulationen (OOo Calc) eingebunden werden. In Math geschriebene Formeln können auch direkt im MathML-Format gespeichert werden.

Ein Windows-basierter Formeleditor, der MathML zur Erzeugung und Einbindung von Formeln als Bild in beliebige Anwendungen erlaubt, ist das unter Open Source bereitgestellte Werkzeug MathCast (für Windows).

MathML

MathML ist eine Auszeichnungssprache für mathematische Formeln, die vor allem für die Verwendung auf Webseiten gedacht ist. Der Formelsatz in HTML-Dokumenten gestaltet sich zur Zeit noch relativ schwierig, da wenige Web-Browser MathML unterstützen. Die zur Zeit gängigste Methode, kompliziertere Formeln auf Webseiten darzustellen, besteht darin, die Formeln mit TeX zu erzeugen und als Grafiken einzubinden. LaTeX2html tut dies automatisch und erstellt gleichzeitig <ALT>-Tags, die den Quellcode der Formel enthalten.

Sonderformen des Formelsatzes

Chemischer Formelsatz

Strukturformel der Benzoesäure

Auch der Satz chemischer Formeln fällt unter den Begriff Formelsatz. In diesem Falle hat der Setzer es zum einen mit den vergleichsweise einfachen Reaktionsgleichungen zu tun, zum anderen mit den deutlich komplexeren Strukturformeln. Reaktionsgleichungen ähneln mathematischen Gleichungen insofern, als auch bei ihnen die Elemente mit hoch-, tief- und übereinandergestellten Symbolen kombiniert werden. Die Ladung eines Ions oder allgemein eines Elementarteilchens wird durch eine hochgestellte Zahl ausgedrückt, die rechts neben dem Element- bzw. Teilchensymbol steht. Die Anzahl der in einem Molekül vorkommenden Atome eines bestimmten Elements wird durch eine tiefgestellte Zahl rechtsseitig des Elementsymbols repräsentiert. Die Oxidationszahl eines Atoms wird durch eine übergestellte römische oder seltener arabische Zahl wiedergegeben. Die Kernladungszahl, also die Anzahl der Protonen im Atomkern, die die Atomsorte bestimmt, wird links unten, die Massenzahl, also die Anzahl aller Teilchen im Atomkern, links oben vom Elementsymbol geschrieben. Diese Elemente chemischer Formeln sind mit den üblichen Mechanismen des mathematischen Formelsatzes, sei es mit Computerprogrammen oder mit Bleilettern, zu realisieren.

Doch im chemischen Satz tritt noch eine andere Art des Satzes auf: das Setzen chemischer Strukturformeln. Das Setzen chemischer Strukturformeln, ein Beispiel ist im Bild Strukturformel der Benzoesäure wiedergegeben, stellt Satzprogramme, erst recht aber Bleisetzer vor eine große Herausforderung. In Satzprogrammen kann meist zu diesem Zweck eine Graphik gezeichnet werden, in LaTeX etwa mit der picture-Umgebung. Im Bleisatz dagegen muss der Setzer sich vorher ein genaues Bild vom Ergebnis machen, das er wünscht, um die waagerechten, senkrechten und in diversen Winkeln diagonalen Linien zusammen mit den Elementsymbolen richtig anzuordnen. In älteren Büchern, die mit Blei- oder frühem Photosatz gedruckt sind, sieht man daher auch manchmal einen kleinen Zwischenraum zwischen den Linien, die die chemischen Bindungen repräsentieren, welche Zeugnis von den Problemen der komplexen Aufgabe des Satzes chemischer Strukturformeln ablegen.

In Computerprogrammen wird man sich bei einigen wenigen Strukturformeln mit Graphiken behelfen können. Sobald aber mehr als nur ein paar Strukturen auftauchen, die womöglich auch noch sehr komplex sind, ist es meist nötig, einen Zusatz für chemische Formeln zu verwenden. Diese greifen meist auf vorgefertigte Strukturen zurück, in die die Elementsymbole nur eingefügt werden müssen. Für unübliche Strukturen aber ist es nötig, die Formeln logisch zu beschreiben. Ein Beispiel für solch eine Lösung stellt die Pakete XyMTeX[1] und PPCH-TeX dar.

Geschichte

Der Formelsatz ist fast so alt wie der Buchdruck selbst. Den ersten gedruckten Büchern wie der Gutenbergbibel folgten bald auch mathematische Werke. Bis zu Beginn des 19. Jh. war die Qualität des Formelsatzes bescheiden. Ab etwa 1850 verbesserte er sich, um 1900 einen vorläufigen Höhepunkt zu erlangen.

Durch die starke Verbreitung der Schreibmaschine ab etwa 1925 trat ein Rückschritt ein: viele mathematische Texte (insbesondere Diplomarbeiten und Dissertationen) wurden nicht mehr in Druckereien professionell gesetzt, sondern selbst vom Autor mit einer Schreibmaschine. Formeln wurden anfangs per Hand in freigelassene Lücken nachgetragen, ab den 1960er Jahren gab es auch spezielle Schreibmaschinen mit halbzeiligem Abstand für Hoch- und Tiefstellungen, wodurch einfache Formeln prinzipiell setzbar waren. Auf diese Weise sind eine ganze Reihe von Büchern mit dem charakteristischen Schreibmaschinen-Schriftbild und Flatterrand entstanden (Beispiel: Hans Opolka, Winfried Scharlau: Von Fermat bis Minkowski. 1980).

Dieser Entwicklung hat Donald Knuth ab 1977 mit der Entwicklung von TeX Einhalt geboten. Ab etwa 1994 gilt es als schlechter Stil, mathematische Texte nicht mit TeX zu setzen. Andererseits gab es parallel zum Schreibmaschinensatz in den 1960er Jahren einen zweiten Höhepunkt in der Qualität des Handsatzes (Beispiel: Oskar Perron: Irrationalzahlen. 1960).

Mit dem Formelsatz beschäftigte sich bis zur Einführung von TeX im Wesentlichen die Berufsgruppe der Formelsetzer:

„Die Ausbildung im Satz mathematischer und chemischer Formeln ist in den Ausbildungsunterlagen für Schriftsetzer vorgesehen; doch besteht noch vielfach die Meinung, daß diese Satzart nur wenigen Spezialsetzern vorbehalten sei. Deshalb wird hierauf bei der allgemeinen Ausbildung des Setzer meist nur geringer Wert gelegt, und so kommt es, daß der Berufsnachwuchs nur weniger Betriebe den Aufgaben gewachsen ist, die die […] wesentlich steigende Produktion mathematischer und chemischer Bücher an die Schriftsetzereien stellt.“

P. Fritzsche und H. Wunderlich, 1952

Normen

  • DIN 1338 Formelschreibweise und Formelsatz
  • DIN 1302 Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe
  • DIN 1304 Formelzeichen
  • ISO/IEC 80000 Größen und Einheiten (Quantities and Units)

Literatur

Formelsatz wird in der Literatur selten im Detail behandelt. Die meisten Werke zur Typografie lassen den Formelsatz aus. Gute Informationen zum Formelsatz lassen sich in den folgenden Werken finden:

  • Friedrich Forssman, Ralf de Jong: Detailtypografie – Nachschlagewerk für alle Fragen zu Schrift und Satz. 2. Auflage. Hermann Schmidt, Mainz 2005, ISBN 3-87439-642-8
  • Jörg Knappen: Schnell ans Ziel mit LATEX 2e. 3., völlig überarbeitete Auflage. Oldenbourg München 2009, ISBN 978-3-486-59015-9
  • Donald E. Knuth: The TeXbook (Computers and Typesetting Volume A). Addison-Wesley, Reading/Mass. 1984, ISBN 0-201-13448-9
  • Paul Fritzsche, Herbert Wunderlich: Der Formelsatz in Mathematik, Chemie und Technik. Mit zahlreichen Ausschließbeispielen. Fachbuchverlag Leipzig, 1952
  • Romeo Thieme: Satz und Bedeutung mathematischer Formeln. Bildungsverb. d. Deutschen Buchdrucker, Berlin 1934

Weblinks

 Commons: Mathematische Symbole – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. XyMTeX in der englischsprachigen Wikipedia

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