Fossillagerstätte Holzmaden

Fossillagerstätte Holzmaden
Posidonienschiefer am Beginn des geologischen Lehrpfads auf den Hesselberg
Fossiler Abdruck von Harpoceras falcifer im Posidonienschiefer von Holzmaden

Der Posidonienschiefer oder Schwäbischer Ölschiefer ist ein asphaltgrauer bis tiefschwarzer bituminöser Tonstein aus dem Unterjura, der sich über weite Gebiete Zentral- und Nordwesteuropas erstreckt. Das Gestein ist für seine außergewöhnlich gute Fossilerhaltung bekannt, die den Posidonienschiefer zu einer Konservatlagerstätte von Weltrang gemacht haben. Die Posidonienschiefer-Formation aus der Zeit des frühen Toarciums (183,0 bis 175,6 mya) wird überwiegend aus Posidonienschiefer aufgebaut.

Inhaltsverzeichnis

Benennung

Der Begriff „Posidonienschiefer“ ist irreführend, da das Gestein weder Fossilien von Posidonien, eine Gattung ausgestorbener Muscheln, enthält, noch im petrographischen Sinne ein Schiefer ist. Die scheinbare Schieferung ist eine sehr fein laminierte Schichtung des Sediments. Das Gestein ist nach einer häufig darin vorkommenden Muschel benannt, die früher den Namen Posidonia bronni trug. Ihr Name wurde später zu Bositra buchii geändert. Der Gattungsname Posidonia wurde auf eine Gattung aus dem sehr viel älteren stratigraphischen System des Karbons übertragen. Daher werden auch die Gesteine dieser Schichten als Posidonienschiefer bezeichnet.

Entstehung

Vor ca. 175 Millionen Jahren[1][2] im Erdmittelalter (Mesozoikum), genauer im Lias Epsilon des Unterjura (nach den Ölschiefern auch „Schwarzer Jura“), erstreckte sich über ein weites Gebiet das Jurameer (auch Liasmeer oder Posidonienschiefer-Meer genannt), ein Nebenmeer der großen Tethys. Es entstand im Toarcium bei der Trennung Amerikas (inklusive Grönland, Laurentia) von Europa (Baltica) und Afrika aus dem vormaligen Superkontinent Pangaea (wohl ab etwa 183 Mio. Jahren), denn durch diese Bewegungen sanken Bereiche Mittel- und Westeuropas ab und gerieten unter Flachwasserbedeckung. Dieses Jura-Flachmeer mit etlichen Inseln – dem europäischen Archipel – war anfangs brackig. Das Klima war geprägt von Sommermonsun und Wintertrockenheit durch Passatwind, was für starke jahreszeitliche Schwankungen des Sauerstoffgehalts im Meerwasser sorgte.[1] Deshalb zersetzte sich totes Gewebe nur sehr langsam. Durch die eingeschwemmten Tone und Kalke wurden die toten Tiere bald überdeckt und konserviert. Im Laufe von Jahrmillionen verfestigte sich der Schlamm. So wurde aus dem Jahreszeitenwechel im Jurameer eine versteinerte Schichtenfolge. Der Posidonienschiefer wird vom älteren Lias-Tonschiefer des Pliensbachiums (189,6-183,0 mya) unterlagert und vom jüngeren Dogger-Tonschiefer des Mitteljuras („Brauner Jura“, ab 175,6 mya) überlagert.[2]. Diese beiden angrenzenden Sedimentationsphasen (Fazies) zeigen deutlich weniger Feinschichtung (Warven).

Die vier Hauptvorkommen der verwandten Gesteinsarten decken sich mit den vier alten Schelfbecken des Jurameeres, dem Pariser Becken, dem süddeutschen Becken, dem norddeutschen Becken[1] (niedersächsisches Becken)[2] und dem Yorkshire-Becken. Das süddeutsche Vorkommen ist das bestaufgeschlossene, weil dieses Becken im Unterschied zu den anderen durch die Auffaltung der Alpen angehoben wurde, und heute das südwestdeutsche Schichtstufenland bildet. In der Hilsmulde in Niedersachsen liegt der Posidonienschiefer in 6 km Tiefe.[2] Daneben sind auch die Vorkommen in York und Yorkshire im äußeren Nordwesten des Jurameeres erwähnenswert, die mit den Britischen Inseln gehoben wurden. Der europäische Archipel baut noch heute einen Teil der Mittelgebirge dieses Raums auf.

Fossilien

Das Gestein ist bekannt für seine herausragende Fossilerhaltung. Man findet aufgrund des sauerstoffarmen und teilweise anoxischen, sogenannten euxinischen, Milieus zur Zeit der Ablagerung sehr gut erhaltene Seelilien, Ammoniten, Fische und Ichthyosaurier.[1]

Die bekanntesten Fundstellen liegen dabei in der Umgebung von Holzmaden. Versteinerungen werden präpariert und je nach Entscheidung des Naturkundemuseums in Stuttgart als Kulturdenkmal deklariert oder zum Verkauf freigegeben.

Verwendung

Jura-Ölschiefer aus Holzmaden, naturgespalten

Die Juraschieferplatten werden unter der Handelsbezeichnung Holzmadener Ölschiefer oder Jura Ölschiefer zu Tisch-, Abdeckplatten, Wand- und Kaminverkleidungen, Treppenstufen und Bodenplatten etc. verarbeitet.

Das Gestein enthält wie die Ölschiefer bituminöse Bestandteile - es brennt daher gut - und „schwitzt“ bei Wärme Schieferöl aus.[3] Aus diesem Ölschiefer kann auch eine Sorte des Steinöls Ichthyol gewonnen werden. Im Zweiten Weltkrieg wurde versucht, bei Erzingen aus Ölschiefer Treibstoff zu gewinnen.[4] Es wurden zehn Ölschieferwerke gebaut, und sieben Konzentrationslager für Arbeitskräfte. Etwa 3500 Häftlinge[3] kamen im Ölschieferabbau zu Tode. Der Gedenkweg Eckerwald erinnert daran.[5]

Der Posidonienschiefer ist auch Erdölmuttergestein mancher der französischen und niedersächsischen Ölvorkommen.[2][6]

Literatur

  • P. Maisenbacher: Saurier, SS und Schwermetalle. In: Lehren und Lernen 5 19/1993, S. 1–26
  • A. Seilacher: Die Holzmadener Posidonienschiefer. Goldschneck-Verlag, Korb 1986
  • O. A. (ICBM): Der Posidonienschiefer. Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM), Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Praktikumsskript, Webdokument, pdf)

Medien

  • Jurassic Alb - Der schwäbische Ölschiefer. SWR Schulfernsehen multimedial, 1998, Zeitschrift: 1-98/99, Mediennummer VHS: 4283098(D) – (Literaturliste, www.wissen.swr.de)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d nach Weblinks: Oschmann
  2. a b c d e nach Lit.: ICBM
  3. a b SWR Jurassic Alb, Begleittext, www.wissen.swr.de
  4. W. Birkenfeld: Der synthetische Treibstoff 1933-1945. In: Studien und Dokumente zur Geschichte des 2. Weltkriegs 8/1964
  5. G. Lenpp, W. Looser-Heidegger, E.H. Maier,T. Mann, R. Strasser: Gedenkpfad Eckerwald. Hrsg.: Initiative Gedenkstätte Eckerwald e.V. Rottweil, 1991; nach SWR Jurassic Alb, Literaturliste
  6. Lit.: Seilacher 1986, Bd 2: 23 Fundorte und Aufschlüsse.; nach SWR Jurassic Alb, Literaturliste

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