Frank Thiess

Frank Thiess
Frank Thiess (1960)

Frank Thiess (* 1. Märzjul./ 13. März 1890greg.[1] in Eluisenstein bei Uexküll/Lettland; † 22. Dezember 1977 in Darmstadt) war ein deutscher Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines Bauingenieurs aus Riga und einer Gutsbesitzerin kam bereits im Alter von drei Jahren nach Berlin. Nach seinem Abitur in Aschersleben studierte Thiess an der Universität Berlin und an der Universität Tübingen Germanistik und Philosophie und promovierte 1914 mit einer Arbeit über „Die Stellung der Schwaben zu Goethe“. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er als einfacher Soldat eingezogen war, war er zunächst Schauspielschüler am Lessingtheater in Berlin sowie ab 1921 Theaterkritiker in Hannover. Danach arbeitete er als freier Journalist für das Berliner Tageblatt und war Dramaturg und Regisseur der Stuttgarter Volksbühne.

Werk und Wirken

Frühen Erfolg als Schriftsteller brachte ihm der Roman „Die Verdammten“ (Juli 1922) ein, der den Zerfall einer baltischen Familie schildert. Neben dem vierteiligen Romanzyklus „Jugend“ („Der Leibhaftige“, 1924, Das „Tor zur Welt“ 1926, „Abschied vom Paradies“, 1927 und „Der Zentaur“, 1931), der den Identitätskrisen Jugendlicher in den Jahren nach 1918 gewidmet war, ist es vor allem sein in mehreren hunderttausend Exemplaren aufgelegter Tatsachenroman über die 1905 stattgefundene russisch-japanische Seeschlacht bei Tsushima „Tsushima: Roman eines Seekriegs“ (1936), der Thiess bekannt machte.

Thiess bezeichnete sich selbst als Vertreter der Inneren Emigration, eine Haltung, die er vor allem in Auseinandersetzung mit dem Emigranten Thomas Mann bekräftigte. Zwei seiner Romane („Die Verdammten“ und „Frauenraub“)[2] waren außerdem bei den Bücherverbrennungen 1933 dem Scheiterhaufen übergeben worden, ein Faktum, auf das er nach 1945 öfters verwies. Ein weiteres Verbot erhielt 1941 sein Roman „Das Reich der Dämonen“. Seine Ausfälle gegen Kollegen, die emigriert waren, relativierte er nach 1945 teilweise wieder. Während und kurz nach dem Krieg erschienen zwei Romane über Caruso, „Neapolitanische Legende“ (1942) und „Caruso in Sorrent“ (1946), die auf große Resonanz aus dem Publikum stießen. Thiess verfasste zahlreiche essayistische Werke und war im Nachkriegsdeutschland Vizepräsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte.

Frank Thiess hat nach dem Krieg in den 1950er Jahren die Zeitschrift „Das literarische Deutschland“ herausgegeben. Diese Zeitschrift erschien zweiwöchentlich im Format einer Tageszeitung und sollte in gewisser Weise die Zeitschrift „Die literarische Welt“, die Willy Haas aus Prag früher in Berlin herausgegeben hatte, wieder aufleben lassen. Die letzten Nummern dieser Zeitschrift titelten auch „Die literarische Welt“.

Das Lexikon der phantastischen Literatur urteilt über Thiess' Reputation in der Gegenwart: „Sein Werk ist heute weitgehend, und teilweise zu Unrecht, in Vergessenheit geraten.“ [3]

Auszeichnungen und Ehrungen

  • Johann-Heinrich-Merck-Ehrenurkunde der Stadt Darmstadt
  • Silberne Verdienstplakette der Stadt Darmstadt
  • 1968 Konrad-Adenauer-Preis

Werke (in Auswahl)

  • Cäsar Flaischlen. Ein Essay, 1914
  • Die Stellung der Schwaben zu Goethe, 1915
  • Der Tanz als Kunstwerk. Studien zu einer Ästhetik der Tanzkunst, 1920
  • Lucie Höflich, 1920
  • Der Tod von Falern, Roman, 1921
  • Die Verdammten, Roman, 1922
  • Nikolaus W. Gogol und seine Bühnenwerke. Eine Einführung, 1922
  • Das Gesicht des Jahrhunderts. Briefe an Zeitgenossen, 1923
  • Angelika ten Swaart, Roman, 1923
  • Jugend (Tetralogie)
    • Der Leibhaftige, Roman, 1924
    • Das Tor zur Welt, Roman, 1926
    • Abschied vom Paradies. Ein Roman unter Kindern, 1927
    • Der Zentaur, Roman, 1931
  • Narren. Fünf Novellen, 1926
  • Frauenraub, Roman, 1927 (neubearb. Katharina Winter, 1949)
  • Der Kampf mit dem Engel, 1928
  • Erziehung zur Freiheit. Abhandlungen und Auseinandersetzungen, 1929
  • Eine sonderbare Ehe, Novelle, 1929
  • Die Geschichte eines unruhigen Sommers und andere Erzählungen, 1932
  • Die Zeit ist reif. Reden und Vorträge, 1932
  • Johanna und Esther. Eine Chronik ländlicher Ereignisse, Roman, 1933
  • Der Weg zu Isabelle, Roman, 1934
  • Der ewige Taugenichts. Romantisches Spiel in 3 Akten (nach Eichendorff), 1935
  • Tsushima. Der Roman eines Seekrieges, 1936
  • Stürmischer Frühling. Ein Roman unter jungen Menschen, 1937
  • Die Herzogin von Langeais, Tragödie, 1938
  • Die Wölfin, Erzählung, 1939
  • Das Reich der Dämonen. Der Roman eines Jahrtausends, 1941
  • Neapolitanische Legende, Roman, 1942
  • Der Tenor von Trapani, Novelle, 1942
  • Caruso, Vortrag, 1943
  • Caruso in Sorrent, Roman, 1946
  • Puccini. Versuch einer Psychologie seiner Musik, 1947
  • Despotie des Intellekts, 1947
  • Goethe als Symbol, Vortrag, 1947
  • Shakespeare und die Idee der Unsterblichkeit, Vortrag, 1947
  • Zeitwende. 3 Vorträge, 1947
  • Ideen zur Natur- und Leidensgeschichte der Völker, 1949
  • Wir werden es nie wissen, 1949
  • Vulkanische Zeit. Vorträge, Reden, Aufsätze, 1949
  • Die Blüten welken, aber der Baum wächst. Ein Brevier für Tag und Nacht, 1950
  • Goethe der Mensch, Rede, 1950
  • Don Juans letzte Tage, 1950
  • Tropische Dämmerung, 1951
  • Die Straßen des Labyrinths, Roman, 1951
  • Die Wirklichkeit des Unwirklichen. Untersuchungen über die Realität der Dichtung, 1954
  • In Memoriam Wilhelm Furtwängler. 2 Gedenkreden, 1955
  • Geister werfen keinen Schatten, Roman, 1955
  • Das Menschenbild bei Knut Hamsun, 1956
  • Theater ohne Rampe. Stücke für Zimmertheater und Studiobühnen, 1956
  • Gäa, Roman, 1957
  • Über die Fähigkeit zu lieben, 1958
  • Ursprung und Sinn des Ost-West-Gegensatzes, Vortrag, 1958
  • Die griechischen Kaiser. Die Geburt Europas, 1959
  • Aphorismen, 1961
  • Sturz nach oben. Roman über das Thema eines Märchens, 1961
  • Plädoyer für Peking. Ein Augenzeugenbericht, 1966
  • Der schwarze Engel, Novellen, 1966
  • Zauber und Schrecken. Die Welt der Kinder, 1969
  • Dostojewski. Realismus am Rande des Transzendenz, 1971
  • Jahre des Unheils. Fragmente erlebter Geschichte, 1972
  • Der Zauberlehrling, Roman, 1975

Drehbücher

Literatur

  • Roy L. Ackermann: The role of the trial in the school prose of the Weimar Republic. Berne u.a.: Lang 1982. (= European university studies; Ser. 1; 488) ISBN 3-261-04980-4
  • Franz Adam, Thomas Betz: Frank Thiess, Verfasser von 'Der Tanz als Kunstwerk'. In: Tanzdrama, H. 38 / September 1997, S. 33-34
  • Werner von Bergen: Der lange Weg aus dem Exil. Die Diskussion um die Heimkehr aus dem Exil am Beispiel Thomas Manns und des Streites zwischen "innerer" und "äußerer" Emigration. 1945-1949. Frankfurt am Main: Univ. Mag.-Arb. 1984.
  • Leonard Langheinrich: Frank Thieß. Bild eines deutschen Dichters. Berlin u.a.: Zsolnay 1933.
  • Ernst Sander: Tempo rubato. Frank Thiess und die Sprache. Söcking: Bachmair 1950.
  • Hans Schwerte: Auflösung einer Republik. Über einen Roman von Frank Thieß: Der Zentaur, 1931. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft. Stuttgart 35 (1991) S. 274-293.
  • Frank Thiess. Werk und Dichter. 32 Beiträge zur Problematik unserer Zeit, hrsg. v. Rolf Italiaander. Hamburg: Krüger 1950.
  • Yvonne Wolf: Frank Thiess und der Nationalsozialismus. Ein konservativer Revolutionär als Dissident. Tübingen: Niemeyer 2003. (= Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte; 114) ISBN 3-484-32114-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag im Taufregister der Gemeinde Uexküll (lettisch: Ikšķile)
  2. beide Bücher in der Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums, Stand vom 31. Dezember 1938. Seite 148. Leipzig, 1938. [1]
  3. Rein A. Zondergeld/Holger E. Wiedenstried: Lexikon der phantastischen Literatur. Weibrecht Verlag, Stuttgart u.a., 1998 ISBN 3-522-72175-6 S. 342.

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