Frankenthaler Porzellan

Frankenthaler Porzellan
Drei Teller eines umfangreichen Speiseservices, Frankenthaler Porzellan, um 1782

Das Frankenthaler Porzellan ist Porzellan, das in der Porzellanmanufaktur im kurpfälzischen Frankenthal hergestellt wurde.

Am 26. Mai 1755 erhielt der Strassburger Porzellanfabrikant Paul Hannong vom Kurfürsten Karl Theodor (Pfalz und Bayern) das Privileg eine Porzellanmanufaktur wurde einzurichten. Er hatte bereits seit 1751 in Strassburg Porzellan produziert. Wegen der Konkurrenz zu den französischen Manufakturen verbot der französische König im Jahr 1754 die weitere Porzellanherstellung. Somit konnte Hannong mit der Produktion in der Dragonerkaserne Frankenthal unverzüglich beginnen. Sie wurde sieben Jahren lang von der Familie Hannong geleitet. 37 Jahre stand sie unter kurfürstlicher Verwaltung. Technischer Leiter war von 1762 - 1770 Adam Bergdoll, ihm folgte Simon Feylner. In der Manufaktur waren bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigt. Von allen großen deutschen Manufakturen weist Frankenthal damit die geringste Lebensdauer auf. Die Produktion wurde 1799 eingestellt. Van Recum nahm Formen mit nach Grünstadt Pfalz und eröffnete dort eine Steingutfabrik. Offizielles Ende der Manufaktur war der 27. Mai 1800 durch ein Dekret des Bayerischen Kurfürsten. In den 44 Jahren ihres Bestehens erwies sie sich aber als eine der bedeutendsten Porzellanmanufakturen in Deutschland.

Nach Verlegung des kurfürstlichen Hofes nach München und Aufgabe der Manufaktur im Jahr 1799 gelangen zahlreiche Formen an die Manufaktur Nymphenburg. Ende 19. Jahrhundert und Anfang 20. Jahrhundert wurden hier diese Formen nachproduziert. Sie sind mit der CT Marke in unterglasurblau und dem Nymphenburger Rautenschild versehen.

Markentafel

In der Regel wurden während der gesamten Produktionsepoche die Erzeugnisse mit einer Manufakturkmarke versehen. Ungemarkte Stücke sind eher die Ausnahme. Zu Anfang des Manufakturbetriebes (1755) wurden Porzellane mit gestempeltem PH oder PHF, den Initialen des ersten Fabrikanten, Paul Hannong aus Straßburg versehen. Die Kennzeichnung mit unterglasurblauer Marke begann im gleichen Jahr, zunächst mit dem Wittelsbacher Rautenschild, dann mit dem steigenden Löwen und den Namenskürzeln von Paul Hannong oder Johann Hannong. Ab 1762 wurde die Markierung mit dem Kurfürstenhut über dem Chiffre von Carl Theodor (CT Marke mit Kurhut) und Beizeichen eingeführt. Hin und wieder ist auch eine Kombination von Manufakturmarke, Beizeichen und Ritzzeichen festzustellen. Maler, Modelleure und Bossierer durften ihre Stücke signieren, sie bestehen aus einem oder mehreren Buchstaben. Bei den Beizeichen handelt es sich um Malermarken, um Jahreszahlen wie 70 - 88, 6,7,8 VIII, oder das Namenskürzel des Fabrikanten Adam Bergdoll (AB) alle in Unterglasurblau. Die Malermarken wurden manchmal auch farbig ausgeführt, z.B. in Eisenrot, Schwarz, Purpur oder Gold. Nach Übernahme der Manufaktur durch die Familie van Recum (1795) wurde die Markierung in unterglasurblauem VR oder VRF vorgenommen. Neben den Manufakturmarken wurden auch Ritzzeichen angebracht, die aus Zahlen / Buchstabenkombinationen bestehen. Es sind mittlerweile über 260 Ritzzeichen bekannt. Aus der Kombination von Ritzzeichen und der Manufakturmarke kann die Herstellung der Porzellanmasse zeitlich eingeordnet werden:

CT AB 6, 7, 8, VIII: 1766 – 1768
CT 6, 7, 8, VIII: 1766 – 1768
CT 70 bis CT 88: 1770 – 1788
CT zwei oder drei Punkte: 1784 – 1788

Die Bemalung folgte aus technischen Gründen etwa ein halbes Jahr später.

An großen Porzellankünstlern der Manufaktur sind unter anderem die Modellierer Johann Wilhelm Lanz, Johann Friedrich Lück, Franz Conrad Linck und Johann Peter Melchior zu nennen. Als Maler traten ganz besonders Jakob Osterspey, Winterstein (Vorname unbekannt) und Bernhard Magnus hervor.


Sammlungen Frankenthaler Porzellans befinden sich unter anderen in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg, im Historischen Museum der Pfalz in Speyer, im Bayerischen Nationalmuseum in München, in der Großherzoglich-Hessische Porzellansammlung in Darmstadt, im Erkenbert-Museum der Stadt Frankenthal, im Schloss Benrath (Düsseldorf) sowie im Kunstgewerbemuseum Berlin. Werke der Gebrüder Paul und Johann Hannong werden im Straßburger Kunstgewerbemuseum ausgestellt. Im Musée du pain d’épice (Lebkuchenmuseum) von Gertwiller werden ebenfalls zahlreiche Arbeiten von Paul, Joseph und Karl-Franz Hannong ausgestellt.

Chronologie

„Jagdgruppe“ von Johann Friedrich Lück, Frankenthal um 1760
„Okeanus“ von Franz Conrad Linck, Frankenthal um 1765
  • 1755: Einrichtung der privilegierten Manufaktur durch Karl Hannong in einer leerstehenden Kaserne mit Straßburger Arbeitskräften
  • 1756: Besuch des Kurfürsten Carl Theodor in der Manufaktur (bereits Ware im Wert von 25.000 Gulden)
  • 1757: Aufnahme von Arbeitern aus Meißen
  • 1759: Errichtung einer Verkaufsfiliale in Straßburg
  • 1760: Auseinandersetzungen zwischen Joseph Adam und seinem jüngeren Bruder Peter Anton Hannong über das „Arkanum“ (das geheime Produktionswissen)
  • 1761: Geschäftliche Misserfolge. Vorschüsse der kurfürstlichen Generalkasse in einem Höhe, dass eine Rückzahlung nicht möglich ist
  • 1762: Verkauf der Manufaktur an den Kurfürsten für 40.804 Gulden, zusätzlich 10.000 Gulden für das „Arkanum“
  • 1762: Übernahme der Fabrik durch kurfürstliche Beamte
  • 1762-70: Technische Glanzzeit der Manufaktur
  • 1770: Anweisung der Oberdirektion, alles Porzellan mit Jahreszahlen zu bezeichnen
  • 1773: Porzellanlotterie in der Hauptstadt Mannheim
  • 1774: Verwendung einheimischen Kaolins (meist Passauer Erde gemischt)
  • 1775: berühmter Farbenprobeteller in London
  • 1776: Magazin in Aachen, Basel, Frankfurt am Main, Livorno, Mainz, München und Nancy
  • 1795: Übergabe an Johann Nepomuk van Rekum
  • 1799: Ende der Produktion

Literatur

  • Siehe auch Liste von Porzellanmanufakturen und -herstellern
  • Schwarz, S.: Zur Geschichte der Frankenthaler Porzellan-Fabrik, nach den Akten des Kreisarchivs, Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz Bd. 12, 1884
  • Hofmann, Friedrich H.: Frankenthaler Porzellan, München 1911
  • Heuser, Emil: Porzellan aus Straßburg und Frankenthal, Neustadt, 1922, Nachdruck v. 1988
  • Fuchs, Carl Ludwig: Die Solitaires der Manufaktur Frankenthal. Heidelberg 1993
  • Beaucamp-Markowsky, Barbara: Die Porzellanmanufaktur Frankenthal, in: Wieczorek/Probst/König (Hrsg.), Lebenslust und Frömmigkeit. Kurfürst Carl Theodor zwischen Barock und Aufklärung, Regensburg 1999
  • Reimann, Claus: Die Ritzzeichen auf Porzellanen der Manufaktur Frankenthal, in: Hürkey, Edgar J. (Hrsg.), Ausstellungskatalog Die Kunst Porcelain zu machen, Frankenthal 2005
  • Fuchs, Carl Ludwig: Die Vasen der Manufaktur Frankenthal, Heidelberg 2005
  • Hürkey, Edgar J. (Hrsg.),: Die Kunst Porcelain zu machen, Ausstellungskatalog, Frankenthal 2005
  • Christ, Alexa-Beatrice: Frankenthaler Porzellan. Der Bestand der Großherzoglich-Hessischen Porzellansammlung, Stuttgart 2006
  • Beaucamp-Markowsky, Barbara: Frankenthaler Porzellan, Bd. 1: Die Plastik, München 2008
  • Beaucamp-Markowsky, Barbara: Frankenthaler Porzellan, Bd. 2: Das Geschirr, München 2009
  • Beaucamp-Markowsky, Barbara: Frankenthaler Porzellan, Bd. 3: Archivalien, München 2009
  • Stiftung Schloss und Park Benrath (Hrsg): Höfische Kostbarkeiten aus der Frankenthaler Porzellan-Manufaktur in der Sammlung von Schloss Benrath, Wettin (Dößel) 2009

Weblinks

 Commons: Frankenthaler Porzellan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Porzellanmanufaktur Frankenthal – Quellen und Volltexte

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Frankenthaler Porzellan — Frạnkenthaler Porzellan,   Erzeugnisse der in Frankenthal (Pfalz) 1755 1800 betriebenen Porzellanfabrikation. 1755 erteilte Kurfürst Karl Theodor das Privileg dem Straßburger Fabrikanten Paul Anton Hannong (* 1700, ✝ 1760), dessen Söhne Karl (*… …   Universal-Lexikon

  • Porzellan — Por|zel|lan [pɔrts̮ɛ la:n], das; s, e: 1. weißer keramischer Werkstoff, aus dem unter anderem Geschirr hergestellt wird: eine Vase, ein Service aus echtem Porzellan. 2. <ohne Plural> aus dem gleichnamigen Material hergestelltes Geschirr:… …   Universal-Lexikon

  • Frankenthal in der Pfalz — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Frankenthal Porcelain Factory — The Frankenthal Porcelain Factory ( de. Porzellanmanufaktur Frankenthal) was one of the greatest porcelain manufacturers of Germany and operated in Frankenthal in the Rhineland Palatinate between 1755 and 1799.HistoryThe porcelain factory in… …   Wikipedia

  • Frankenthal (Pfalz) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Porzellanmanufakturen und -herstellern — Diese Liste enthält Porzellanmanufakturen und hersteller und erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit. Bitte helfen sie, diese List zu vervollständigen. Inhaltsverzeichnis 1 Erste europäische Porzellanmanufakturen 2 Europäische… …   Deutsch Wikipedia

  • Porzellanmanufaktur Ludwigsburg — Porzellanmanufaktur Ludwigsburg, Mokkaservice mit Schuppenmuster Die Porzellan Manufaktur Ludwigsburg wurde am 5. April 1758 als „Herzoglich ächte Porcelaine Fabrique“ von Herzog Carl Eugen von Württemberg per Dekret in Ludwigsburg gegründet. Das …   Deutsch Wikipedia

  • Schlossmanufaktur Ludwigsburg — Porzellanmanufaktur Ludwigsburg, Mokkaservice mit Schuppenmuster Die Porzellan Manufaktur Ludwigsburg wurde am 5. April 1758 als „Herzoglich ächte Porcelaine Fabrique“ von Herzog Carl Eugen von Württemberg per Dekret in Ludwigsburg gegründet. Das …   Deutsch Wikipedia

  • Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg — Carl Spitzweg, Der eingeschlafene Wächter (um 1875) Das Kurpfälzische Museum der Stadt Heidelberg beherbergt die kunst und kulturhistorischen Sammlungen der Stadt Heidelberg, die 1878/79 aus dem Ankauf der Graimberg’schen „Alterthümerhalle“ durch …   Deutsch Wikipedia

  • Rabaliatti — Francesco (Franz Wilhelm) Rabaliatti (* vermutlich am 20. Januar 1716 in Gameragna di Stella bei Savona, Italien; † im März 1782 in Mannheim) war ein italienisch deutscher Architekt und Hofbaumeister des Kurfürsten Karl Theodor. Rabaliatti zählt… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”