Franz Ehrlich

Franz Ehrlich

Franz Ehrlich (* 28. Dezember 1907 in Reudnitz (Leipzig); † 28. November 1984 in Bernburg (Saale)) war ein deutscher Architekt, Graphiker und Designer.

Leben

Als Lagerinsasse im KZ Buchenwald gestaltete Ehrlich die Torinschrift Jedem das Seine im von den Nazis verpönten Bauhausstil.
Plakat zur Ehrlich-Ausstellung im Neuen Museum Weimar 2009

Franz Ehrlich besuchte von 1914 bis 1922 die Volksschule in Leipzig. 1923 wurde Ehrlichs Interesse an der Architekturbewegung Neues Bauen bei einer Bauhaus-Ausstellung in Weimar geweckt, die der damals 16-Jährige besuchte. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser war er von 1927 bis 1930 Student und Mitarbeiter am Bauhaus in Dessau. Er legte dort zunächst eine Gesellenprüfung als Tischler ab und arbeitete später zeitweise im Büro von Walter Gropius. Neben ersten beruflichen Aktivitäten in Berlin und Leipzig engagierte sich Franz Ehrlich in der kommunistischen Jugendbewegung. Während der NS-Diktatur wurde der Kommunist Ehrlich wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" verurteilt und im Zuchthaus Zwickau, später im KZ Buchenwald inhaftiert. 1943 bis 1945 kam er als Soldat im Strafbataillon 999 nach Griechenland und anschließend in jugoslawische Kriegsgefangenschaft.

1946 kehrte Franz Ehrlich nach Deutschland zurück und wurde Leiter des Referates für Wiederaufbau in Dresden. In den 1950er Jahren war er unter anderem am Bau des Funkhauses Nalepastraße in Berlin-Oberschöneweide, des Fernsehzentrums in Berlin-Adlershof, dem Wiederaufbau des Gebäudekomplexes der Deutschen Bank sowie der Franz-Vollhardt-Klinik auf dem Gelände der Heilanstalten in Berlin-Buch beteiligt. Er war Chefarchitekt der Leipziger Messe, für die er einen Messeturm entwarf, der aber nicht gebaut wurde. Ehrlich, als Beauftragter des Rundfunkkomitees (ab 1953), war als Architekt des Ministeriums für Außenwirtschaft für den Bau von Botschaften und Handelsvertretungen zuständig (1955–1958) und später für die Akademie der Wissenschaften der DDR (1959–1962). Zwischen 1963 und 1966 fungierte er als Chefarchitekt der Leipziger Messe und wurde 1968 Hausarchitekt der Deutschen Werkstätten Hellerau, für die er bereits seit vielen Jahren als freier Mitarbeiter tätig war. So wurde die von ihm entworfene Möbel-Typenserie "602" bereits ab 1957 dort produziert.An den Deutschen Werkstätten konnte er seine Vielseitigkeit als Architekt und Künstler durch Entwürfe, Ausstellungseinrichtungen und Möbelserien unter Beweis stellen. Im Funkhaus Berlin sind heute noch von Franz Ehrlich entworfene Möbel, Einbauten und Wandvertäfelungen aus den Werkstätten Hellerau erhalten und denkmalgeschützt. Franz Ehrlich war neben seinen Festanstellungen auch immer als freier Architekt tätig. Neben städtebaulichen Projekten entwarf er Neubauten für Kultureinrichtungen (z. B. Gewandhaus Leipzig – nicht realisiert) und baute im Auftrag der Akademie der Wissenschaften der DDR. So gehört das Zentralinstitut für Herz-Kreislaufforschung in Berlin-Buch (1954–1957) noch heute zu seinen bekanntesten Bauten.

Der Zeichner und Bildhauer Franz Ehrlich ist weniger bekannt. Seine oft dreidimensionalen Zeichnungen sind vor allem Vorstudien der Detailformen seiner Außen- und Innenarchitektur, die Skulpturen oft streng und auf die Grundformen reduziert. Sein künstlerischer Nachlass wird heute im Archiv des Bauhaus Dessau verwaltet.

Franz Ehrlich war zu Lebzeiten nicht unumstritten. Teils wurde ihm sein Formalismus und Funktionalismus zum Vorwurf gemacht, teils seine kritische Einstellung zum Bauwesen in der DDR. Er forderte die künstlerische Freiheit unter Beachtung von Wirtschaftlichkeit und sozialen Aspekten und musste sich doch den politisch motivierten Normen anpassen. Als vielseitiger Architekt und Designer prägte Franz Ehrlich die Architekturgeschichte der DDR und gilt heute als einer der wenigen Architekten, die eine gewisse Eigenständigkeit in der Formensprache bewahren konnten.

Literatur

  • FRANZ EHRLICH 1907-1984 BAUHAUS DESSAU. kunst und gestaltung. AUSSTELLUNG am BAUHAUS DESSAU zu Ehren des 80. GEBURTSTAGES. 19. Dezember 1987 bis 26. Februar 1988. Kat. zur Ausstellung, Dessau 1987
  • Franz Ehrlich und seine Berliner Bauten aus den 50er Jahren. Bauwelt 26.1996, 87. Jahrgang, 12. Juli 1996
  • Franz Ehrlich. Ein Bauhäusler in Widerstand und Konzentrationslager. Hg. von Volkhard Knigge und Harry Stein. Kat. zur Ausstellung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora in Zusammenarbeit mit der Klassik Stiftung Weimar und der Stiftung Bauhaus Dessau, Neues Museum Weimar 2. August 2009 - 11. Oktober 2009, Weimar 2009
Zur Ausstellung:
  • Fritz von Klinggräff, Beständiger Widerspruch. In: taz, 20. August 2009, S. 15
  • Michael Kasiske, Ein Bauhäusler im Widerstand. Franz-Ehrlich-Ausstellung in Weimar. In: Bauwelt 36.2009, 100. Jahrgang, 25. September 2009, S. 2

Weblinks




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