Franz Karmasin

Franz Karmasin

Franz Karmasin (* 2. September 1901 in Olmütz; † 25. Juni 1970 in Steinebach am Wörthsee) war von 1938 bis Kriegsende slowakischer Staatssekretär für die Angelegenheiten der deutschen Volksgruppe und in der Zeit des Nationalsozialismus Volksgruppenführer in der Slowakei.

Leben

Ein Studium an der landwirtschaftlichen Hochschule in Tetschen-Liebwerd, das er von 1919 bis 1923 betrieb, beendete er als Diplomlandwirt.

Ab 1926 war Karmasin für den Deutschen Kulturverband in der Slowakei tätig, bis er im Juli 1928 zusammen mit Roland Steinacker und Karl Manouschek die Karpatendeutsche Partei (KdP) gründete, deren Ziel es war, die politischen und kulturellen Belange der Deutschen in der Slowakei und der Karpatoukraine zu vertreten. Unter Karmasins Einfluss wurde die KdP zunehmend nationalistisch und rechtsorientiert.

Nach der organisatorischen Zusammenarbeit der KdP mit der Sudetendeutschen Partei fungierte Karmasin von 1935 bis 1938 als Abgeordneter im tschechoslowakischen Parlament und war zugleich Stellvertreter von Konrad Henlein für die Slowakei und die Karpato-Ukraine.

Nach dem Verbot der KdP, das kurz vor Beginn der Sudetenkrise verhängt wurde, gründete Karmasin die "Deutsche Partei", eine nationalsozialistische Sammelbewegung der deutschen Minderheit in der Slowakei. Bei der "Wahl" zum autonomen slowakischen Landtag wurde er in diesen Landtag gewählt und schloss sich der Fraktion der Slowakischen Volkspartei Hlinkas an.

Im Oktober 1938 ernannte ihn Jozef Tiso zum Staatssekretär für die Angelegenheiten der deutschen Volksgruppe in der autonomen slowakischen Regierung, ein Amt, das Karmasin auch in der Slowakischen Republik behielt. Auch wurde Karmasin im März 1940 zum „Führer“ der deutschen Volksgruppe in der Slowakei gewählt. 1941 gründete er ein NS-orientiertes „Institut für Heimatforschung“ in Kezmarok, um germanische Wurzeln in der Slowakei zu „erforschen“. Es war die Absicht, die entsprechenden Institute in Prag und Wien zu koordinieren, außerdem beschaffte das „Institut“ Material für seine Deutsche Partei. Im „Forschungsrat“ des Instituts saß er zusammen mit Hans Joachim Beyer vom Reinhard-Heydrich-Institut, später (nach 1945) Professor in Flensburg; sowie mit Josef Hanika, Bruno Schier, Walter Gierach und Wilhelm Weizsäcker.

Karmasin soll an der Deportation von Juden beteiligt gewesen sein, ebenso an der Säuberung der deutschen Volksgruppe von (Karmasins Zitat:) „rassisch minderwertigen und asozialen Elementen“.

Am 1. September 1943 wurde Karmasin, auf Intervention Tisos bei Heinrich Himmler, Hauptsturmführer der Waffen-SS, und warb unter den Volksdeutschen für den Eintritt in die Waffen-SS.

Nach Kriegsende flüchtete Franz Karmasin zunächst nach Österreich, wo er unter dem falschen Namen Franz Dibak lebte. Nachdem die Nürnberger Prozesse beendet waren, zog er nach Deutschland.

1952 wurde er Mitglied des Witikobundes, dessen Geschäftsführer er 1959 wurde. Dieser Verband wird bis heute dem rechten Flügel der Sudetendeutschen Landsmannschaft zugeordnet und zeigt rechtsextreme Bestrebungen.

Bereits 1947 war Franz Karmasin in der Tschechoslowakei in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Wiederholt forderte Prag von der deutschen Regierung seine Auslieferung, jedoch ohne Erfolg, da nach deutschem Recht deutsche Staatsangehörige nicht ans Ausland ausgeliefert werden.

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Karmasin — ist der Name von Franz Karmasin (1901 1970), im Tiso Regime slowakischer Staatssekretär und deutscher Volksgruppenführer in der Slowakei Fritz Karmasin (* 1930), österreichischer Marktforscher und Inhaber der Karmasin Marktforschung Österr.… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Kar — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Ludovit Winter — Ľudovít Winter (auch unter dem ungarischen Vornamen Lájos, * 1. November 1870 in Šahy, Bezirk Levice; † 15. September 1968 in Piešťany) baute den Kurbetrieb in Piešťany in der Slowakei auf. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Ľudovít Winters Bauwerke… …   Deutsch Wikipedia

  • Lájos Winter — Ľudovít Winter (auch unter dem ungarischen Vornamen Lájos, * 1. November 1870 in Šahy, Bezirk Levice; † 15. September 1968 in Piešťany) baute den Kurbetrieb in Piešťany in der Slowakei auf. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Ľudovít Winters Bauwerke… …   Deutsch Wikipedia

  • Vojtech Tuka — als Stellvertretender Ministerpräsident der Slowakei im März 1939 Vojtech Tuka (deutsch: Adalbert Tuka, ungarisch: Béla Tuka[1]; * 4. Juli 1880 in Štiavnické Bane, Österreich Ungarn; † 20. Au …   Deutsch Wikipedia

  • Carpathian Germans — ( de. Karpatendeutsche, hu. Felvidéki németek, Slovak: Karpatskí Nemci ), sometimes simply called Slovak Germans (German: Slowakeideutsche ), is the name for a group of German language speakers on the territory of present day Slovakia. The term… …   Wikipedia

  • Witiko-Brief — Der Witikobund e.V. ist ein sudetendeutscher Kulturverein in der Rechtsform eines eingetragenen Vereines. Sitz des von einem Bundesvorstand geleiteten Vereines ist München. Der jetzige Vorsitzende ist Hans Mirtes, sein Vorgänger bis 2006 war… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Partei (Slowakei) — Die Deutsche Partei war als Nachfolgeorganisation der Karpatendeutschen Partei von 1938 bis 1945 die nationalsozialistische Sammlungsbewegung der deutschen Minderheit in der Slowakei (vor allem in der Ersten Slowakischen Republik). Die Deutsche… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste wichtiger Politiker und Funktionsträger der NSDAP — Siehe Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Inhaltsverzeichnis 1 Führende Politiker 2 Getötete Putschisten der NSDAP 3 Weitere Politiker und Funktionäre 3.1 …   Deutsch Wikipedia

  • Allemands Des Carpates — (allemand: Karpatendeutsche, slovaque: karpatskí Nemci), quelquefois appelés simplement Allemands de Slovaquie (allemand: Slowakeideutsche), est le nom d un groupe de germanophones sur le territoire de Slovaquie le terme est utilisé par l… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”