Franz Roeckle

Franz Roeckle

Franz Roeckle (* 15. Dezember 1879 in Vaduz; † 1953 ebenda) war ein lange Zeit in Deutschland tätiger Liechtensteiner Architekt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Studium an der Technischen Hochschule Stuttgart arbeitete Franz Roeckle seit 1908 als Architekt in Frankfurt am Main. So war er in den ersten Jahren unter anderem für den Bau der Westendsynagoge in Frankfurt und einer weiteren Synagoge in Offenbach sowie für das israelitische Kranken- und Schwesternhaus in Frankfurt-Bornheim verantwortlich.

Nach dem Ersten Weltkrieg entwarf Roeckle das wegen seiner Architektur bekannte Institut für Sozialforschung (vgl. Frankfurter Schule). In der Amtszeit von Stadtbaurat Ernst May realisierte er einige Wohnsiedlungen, die May städtebaulich vorgeplant hatte: Die sogenannten May-Siedlungen Im Teller, Goldstein und die Heimatsiedlung. Dabei setzte er – wie May – innovative Baustoffe und Bauverfahren ein. Roeckle ist damit ein Vertreter der Architektur des Neuen Frankfurt. Anfang 1928 war Roeckle Gründungsmitglied der Vereinigung Frankfurter Architekten „Die Gruppe“. Über das Leben und Werk des Architekten Franz Roeckle ist ansonsten nicht viel bekannt. In Frankfurt ist er neben seinem architektonischen Hauptwerk, der Heimatsiedlung, noch mit der Planung und Durchführung verschiedener anderer Wohnanlagen (Hallgartenblock 1924–1926, An der Hügelstraße, Baugruppe Komba, 1926 und 1929; Raimundstraße, Baublock Mavest, 1926 und 1929; Gärtnersiedlung „Im Teller“, 1927) beauftragt und als Privatarchitekt an der Vorplanung der Gartenstadt Goldstein (1930) beteiligt.

Bekannter ist sein Engagement in der planerisch von Walter Gropius und Otto Haesler verantworteten Mustersiedlung in Karlsruhe-Dammerstock. Im Rahmen dieser Ausstellungssiedlung errichtet er zeitgleich zur Heimatsiedlung die drei Bauabschnitte der Heimat AG; er leistet damit an dieser von verschiedenen Architekten durch drei Wohnungsbaugesellschaften errichteten Mustersiedlung den architektonisch größten Einzelteil mit rund 30 % der gesamten Dammerstocksiedlung. Die in der von ihm geplanten langen Hauszeile bestehenden Ähnlichkeiten zur Heimatsiedlung sind offenkundig. Der Autor Dietrich-Wilhelm Dreysse hob 1988 hervor: „Bei den meisten seiner Bauten fällt auf, dass sich Roeckle mit seiner Formensprache von der seiner Zeitgenossen absetzte. Waren es zu Anfang in erster Linie eine kubische, der Antike entlehnte Formgebung und eine derbe Materialbehandlung, so waren es später mit dem Neuen Bauen einige, zum Teil recht pfiffige Architekturelemente, mit denen er den Gebrauchswert der Wohnung steigerte. Er war es, der den Wintergarten für den sozialen Wohnungsbau entdeckte.“[1]

Bei Nachforschungen für seine Dissertation hat der in Frankfurt arbeitende Architekt Henryk Isenberg ermittelt, dass Roeckle an der am 15. April 1933 in Vaduz erfolgten Entführung der wegen des Vorwurfs eines betrügerischen Bankrotts aus Berlin geflohenen jüdischen Theaterunternehmer Alfred und Fritz Rotter beteiligt war, in deren Verlauf Alfred Rotter und seine Frau durch einen Absturz ums Leben kamen. Der Bruder Fritz Rotter und seine Begleiterin wurden schwer verletzt. Die antisemitisch und nationalsozialistisch motivierte Entführung hatte anscheinend zum Ziel, die Brüder Rotter der deutschen Gerichtsbarkeit auszuliefern. Roeckle und drei weitere Liechtensteiner Bürger wurden angeklagt und zu geringen Strafen verurteilt [2].

Bauten

Rathaus in Vaduz

(Auswahl)

  • Wettbewerb 1906, Ausführung 1908–1910: Westendsynagoge, Frankfurt-Westend, Altkönigstraße
  • 1911–1914: israelitisches Krankenhaus, Frankfurt-Bornheim, Bornheimer Landwehr (gemeinsam mit Fritz Voggenberger)
  • vor 1913: Wohngebäude, Ansbach
  • 1924: Institut für Sozialforschung, Frankfurt
  • 1926: Büro- und Geschäftshaus, Frankfurt-Mitte, Braubachstraße 14/16 (gemeinsam mit Hermann Senf)
  • 1926-1930: Wohnhausgruppe Hügelstraße, Eschersheimer Landstraße (gemeinsam mit Ludwig Bernoully, Gottlob Schaupp, Karl Ollson)
  • 1932–1933: Rathaus Vaduz

Einzelnachweise

  1. Dietrich-Wilhelm Dreysse: Architektur. Form folgt Funktion folgt Form. Eine Betrachtung zur Architektur der Heimatsiedlung, S. 13. In: Mietergenossenschaft Heimat (Hrsg.): 60 Jahre Heimatsiedlung. Frankfurt am Main 1988, S. 10-20.
  2. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. Dezember 2009, S. 43.

Weblinks


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