François l’Olonnais

François l’Olonnais
François l’Olonnais in The History of the Bucaniers of America von Alexandre Exquemelin, 1684

Jean-David Nau (* um 1635 in Les Sables-d’Olonne; † 1667 in Darién), nach seinem Geburtsort in der Vendée François l’Olonnais genannt, war ein französischer Bukanier, der in den 1660er Jahren in der Karibik aktiv war. Er gilt als einer der grausamsten Piratenkäpitäne während des so genannten „goldenen Zeitalters“ der Piraterie.

Leben

Alexandre Olivier Exquemelin, dessen 1678 erschienenes Buch De Americaensche Zee-Rovers eines der wichtigsten Quellenwerke zur Geschichte der Piraterie in der Karibik ist, schreibt, dass l’Olonnais in Les Sables-d’Olonne geboren wurde. Nachdem er in jungen Jahren als Arbeiter in die Karibik gekommen war, gelangte er auf unbekannten Wegen zu den Bukaniern und brachte es rasch zu einem ihrer Anführer.

L’Olonnais anscheinend psychopathischer Wesenszug offenbarte sich in den folgenden Jahren bei zahlreichen Gelegenheiten. Wenn es darum ging, Informationen aller Art zu bekommen, beging er persönlich Akte bestialischer Grausamkeit. So gehörte es zu seinen „Vorlieben“, seinen Opfern beispielsweise die Haut aufzuschlitzen oder sie lebendig zu verbrennen. Exquemelin zufolge wandte er immer wieder auch das „woolding“ an, eine Methode, bei der ein geknotetes Seil um den Kopf des Opfers gewunden und dann so lange gedreht wurde, bis dessen Augen heraustraten.

Nach einem oder zwei Jahren Tätigkeit als Pirat wurde l’Olonnais in der Nähe von Campeche in Mexiko schiffbrüchig. Eine Gruppe spanische Soldaten griffen ihn und seine Besatzung an, wobei fast die gesamte Mannschaft getötet wurde. L’Olonnais selbst überlebte, indem er sich mit dem Blut der anderen beschmierte und sich unter den Toten versteckte. Nach dem Abzug der Spanier entkam er unter Mithilfe einiger Sklaven und machte sich auf nach Tortuga. Kurz darauf nahmen er und seine Mannschaft die Einwohner einer spanischen Stadt als Geiseln und verlangten ein Lösegeld von der spanischen Krone. Der Gouverneur von Havanna sandte ein Schiff, um l’Olonnais’ Truppe zu töten. Diese gerieten jedoch in die Hände der Piraten. L’Olonnais ließ alle bis auf einen enthaupten. Der Verschonte sollte die Nachricht nach Havanna bringen, in der l’Olonnais erklärte:

„Fortan werde ich gegenüber keinem Spanier irgendeine Gnade mehr walten lassen.“

1667 stach l’Olonnais von Tortuga aus mit einer Flotte von acht Schiffen und einer Besatzung von 600 Piraten in See, um Maracaibo zu plündern. Auf den Weg dorthin traf er auf ein spanisches Schatzschiff, das er eroberte. Dabei brachte er reiche Beute an Kakao, Edelsteinen und mehr als 40.000 Peso in Silber ein.

Zu dieser Zeit war der Zugang zum See von Maracaibo (und damit zur Stadt selbst) durch eine Festung mit 16 Kanonen gesichert, die als uneinnehmbar galt. L’Olonnais griff jedoch von der unbefestigten Landseite aus an und nahm die Stadt ein. Danach schritten die Piraten zur Plünderung der Stadt, stellten jedoch fest, dass die meisten Bewohner geflüchtet waren und ihr Gold versteckt hatten. Die Piraten spürten die Bewohner auf und folterten sie, bis sie die Verstecke ihrer Besitztümer preisgaben. Wochenlang vergewaltigten, folterten und drangsalierten die Piraten nun die Stadtbewohnerinnen und -bewohner. Sie entfernten die Kanonen der Festung und zerstörten fast die gesamte Stadtbefestigung, um einen schnellen Rückzug zu ermöglichen. Als die Piraten nach Süden in Richtung Gibraltar am Südufer des Maracaibo-Sees abzogen, um auch dieses zu plündern, war die Stadt infolge von Plünderung und Brandstiftung beinahe vollkommen zerstört.

Obwohl die Piraten in der Unterzahl waren, schlachteten sie die Garnison von Gibraltar, die aus rund 500 Soldaten bestanden haben soll, ab, und forderten ein Lösegeld von 20.000 Silberpesos und 500 Goldstücken. Trotz der Tatsache, dass dieses gezahlt wurde, suchten sie die Stadt weiterhin heim. Dabei brachten sie 260.000 Silberpeso, Edelsteine, Silberwaren, Seidenstoffe und eine Anzahl Sklaven an sich. Der Schaden, der auf diese Weise angerichtet worden war, war so groß, dass die Stadt, die zuvor ein bedeutendes Zentrum des Kakaoexports war, beinahe aufhörte zu existieren.

Die Kunde seines Angriffs auf Maracaibo und Gibraltar erreichte Tortuga, und er erhielt fortan den Beinamen „Plage der Spanier“ (frz: Fléau des Espagnois). Dies erleichterte es ihm, Teilnehmer für seinen nächsten Beutezug zu gewinnen, und so nahmen später im selben Jahr 700 Piraten an seinem nächsten Angriff auf das mittelamerikanische Festland teil. Nachdem sie Puerto Cabello geplündert hatten, geriet l’Olonnais auf dem Weg nach San Pedro in einen Hinterhalt einer großen Zahl spanischer Soldaten, aus dem er nur mit knapper Not entkommen konnte. Er konnte allerdings zwei Spanier gefangennehmen. Exquemelin schreibt dazu:

„Er zog seinen Säbel, und mit diesem schnitt er die Brust eines dieser armen Spanier auf, und zog dessen Herz heraus mit seinen gottlästerlichen Händen, biss zu und riss daran mit seinen Zähnen, wie ein wilder Wolf, und sprach zu den anderen: Ich werde Euch ebenso behandeln, wenn ihr mir keinen anderen Weg zeigt.“

Vor Schreck versteinert zeigte ihm der überlebende Spanier einen anderen Weg nach San Pedro. L’Olonnais und seine überlebenden Männer wurden jedoch zurückgeschlagen und mussten sich auf die Schiffe zurückziehen. Im Golf von Honduras liefen sie auf eine Sandbank. Da sie nicht in der Lage waren, ihr Schiff freizubekommen, wandten sie sich zu Fuß ins Inland, wo sie in Darién in die Hände der einheimischen Bevölkerung fielen. Exquemelin schreibt, dass

„sie ihn lebendig in Stücke rissen, seinen Körper Glied für Glied ins Feuer warfen und seine Asche in die Luft.“

Literatur


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