Freedom not Fear

Freedom not Fear
Freiheit statt Angst, am 11. Oktober 2008

Freiheit statt Angst ist das Motto regelmäßig stattfindender Demonstrationen für Datenschutz und gegen Überwachung. Die vergangenen Großdemonstrationen in Berlin werden als die größten Protestaktionen gegen staatliche Überwachung seit dem Volkszählungsboykott in den 1980er Jahren bezeichnet.[1][2][3][4]
Koordiniert werden die Veranstaltungen von dem Bürgerrechtszusammenschluss Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

2006

Die erste Demonstration unter dem Motto Freiheit statt Angst fand am 20. Oktober 2006 unter Kooperation mit der anschließenden Verleihung der Big Brother Awards in Bielefeld statt. Unterstützt wurde die Demonstration, an der sich etwa 250 Menschen beteiligten,[5] von neun Organisationen, darunter der Chaos Computer Club, die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, der FoeBuD, die Humanistische Union, das Netzwerk Neue Medien und Stop1984.[6]

Bereits einige Monate zuvor hatte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung unter dem Motto Freiheit statt Sicherheitswahn[7] zu einer Demonstration in Berlin aufgerufen an der sich ebenfalls etwa 250 Menschen beteiligten.[8]

2007

In Frankfurt am Main fand am 14. April 2007 eine Demonstration unter dem Motto Freiheit statt Angst statt an der sich mindestens 1000 Menschen beteiligten.[9]

Freiheit statt Angst 2007 in Berlin

An der Großdemonstration am 22. September 2007 in Berlin versammelten sich etwa 15.000 Menschen. Damit galt sie laut dem Datenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein Thilo Weichert[1] seit dem Volkszählungsboykott als größte Datenschutzdemonstration der vergangenen zwanzig Jahre. Von den fünfzig Organisationen, die dazu aufgerufen hatten[10], beteiligten sich unter anderem die Hedonistische Internationale und die Freie Ärzteschaft mit einem eigenen Wagen an der Parade.[11]

Die Route führte vom Pariser Platz über die Straße Unter den Linden zum Roten Rathaus und über den Mühlendamm wieder zurück zum Brandenburger Tor. Auf den Kundgebungen sprachen unter anderem der Künstler und Netzaktivist Padeluun und die Bürgerrechtlerin Bettina Winsemann. Neben vereinzelten Rangeleien zwischen der Polizei und dem Schwarzer Block sowie einiger Festnahmen blieb die Demonstration friedlich.

Am 6. November fanden erstmals zeitgleich bundesweite Protestaktionen unter dem Motto Freiheit statt Angst. Dabei demonstrierten nach Angaben des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in über 40 Städten insgesamt etwa 10.000 Menschen, um die Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung noch kurzfristig zu verhindern.[12]

2008

Kundgebung am 31. Mai 2008 in München

Am 31. Mai 2008 wurden erneut bundesweite Kundgebungen und Demonstrationen veranstaltet, wobei sich Aktivisten in 34[13] Städten in Deutschland beteiligten.[14] Die größte Kundgebung fand in München mit 2500 Menschen statt.[4]

Im Jahr 2008 entstand erstmals eine internationale Zusammenarbeit mehrerer verschiedener Datenschutzorganisationen. Unter dem Motto Freedom not Fear fanden am 11. Oktober in 15 Ländern weltweit Aktionen und Konferenzen gegen Überwachung durch Staat und Wirtschaft statt. An der in diesem Rahmen stattfindenden Großdemonstration in Berlin beteiligten sich laut den Veranstaltern etwa 100.000 Menschen, die Polizei nannte dagegen widersprüchliche Zahlen zwischen 15.000 und 50.000 Teilnehmern.[15] Unterstützt wurde die Veranstaltung von 117 Organisationen. Erstmals beteiligte sich auch die Deutschen Aidshilfe mit einem eigenen Mobil. Die Route führte vom Neptunbrunnen über die Straße Unter den Linden, am Reichstagsgebäude vorbei bis vor das Brandenburger Tor. Zusätzlich zu den planmäßig eingeteilten Redebeiträgen wurde auf der Abschlusskundgebung auch eine spontane Rede von Dr. Motte, dem ehemaligen Veranstalter der Loveparade, gehalten. Im Anschluss an die Demonstration veranstalteten mehrere Clubs und Diskotheken in Berlin gemeinsam die Lange Nacht der Überwachung.[16] [17]

Forderungen

Gefordert wird von dem Protestbündnis ein Abbau der bestehenden Überwachungsmethoden wie unter anderem der Online-Durchsuchung, der Vorratsdatenspeicherung oder der Videoüberwachung und Mustererkennung. Darüber hinaus wird eine unabhängige Überprüfung aller bestehenden Überwachungsbefugnisse im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und schädliche Nebenwirkungen, sowie ein sofortiger Stopp neuer Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet der inneren Sicherheit verlangt, sofern sie mit weiteren Grundrechtseingriffen verbunden sind. Eine weitere Forderung ist die Gewährleistung der Meinungsfreiheit und des freien Meinungs- und Informationsaustauschs über das Internet.[18]

Unterstützer

Besonders die letzte Freiheit statt Angst-Demonstration am 11. Oktober 2008 in Berlin wurde von einem breiten Bündnis von 117 Organisationen unterstützt. Unter diesen Organisationen waren - neben den derzeitigen Oppositionsparteien im Bundestag und der Piratenpartei - Datenschutzorganisationen wie der FoeBuD oder die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, Organisationen, die sich mit gesellschaftlichen Auswirkungen von Informationstechnik beschäftigen, wie der Chaos Computer Club[19], die Free Software Foundation Europe[20] oder das FIfF, verschiedene Bürger- und Menschenrechtsorganisationen wie die Humanistische Union oder die Internationale Liga für Menschenrechte, das globalisierungskritische Netzwerk Attac, die Gewerkschaft ver.di und Berufsverbände für Anwälte, Handwerker und Psychologen. Zum ersten Mal wurde in diesem Jahr auch Einzelpersonen wie Annelie Buntenbach, Petra Pau, Cem Özdemir, Markus Beckedahl oder Burkhard Hirsch die Möglichkeit gegeben, den gemeinsamen Protestaufruf zu unterschreiben. Medienpartner waren unter anderem die Junge Welt und das Berliner Fenster.[18]
Demoaufrufe werden zudem mit Hilfe eines Pagepeels von etwa 800 Weblogs mitgetragen.[21]
Rechtsextreme Gruppen wurden von den Veranstaltungen ausgeschlossen.

Charakteristik

Datenkrake am 11. September 2007

Typische Elemente der Demonstrationen sind plastische Darstellungen eines Datenkraken, des sogenannten Bundestrojaners oder des gläsernen Patienten, sowie das Aufgreifen des politischen Schlagwortes Stasi 2.0 und Masken des derzeitigen Innenministers Wolfgang Schäuble. Die Forderung Stoppt den Überwachungswahn dient meist als Untertitel der Veranstaltungen und wird demzufolge häufig als Slogan für Sprechgesänge verwendet.

Darstellung des gläsernen Patienten

Aufgrund des breiten Bündnisses zeichneten sich vor allem die beiden Großdemonstrationen im Herbst 2008 durch die vielfältigen Beiträge der unterschiedlichen Unterstützer aus. Dabei präsentierten sich neben etablierten Parteien und bürgerlichen Organisationen auch linksradikale Gruppen wie ein schwarzer Block, sowie Hacker,[22] Homosexuelle[23][24] und Anhänger der Technoszene.

Radio 1984

Begleitet werden die Protestaktionen von dem in den Räumen des Kulturvereins C-Base stationierten Radio 1984, einer Vereinigung von Orange 94.0/Redaktion Netwatcher aus Wien, Ubuntu Radio aus Mannheim, RadioTux, mikroFM aus Berlin und anderen.[25] Die in deutscher und englischer Sprache produzierte Sendung stellt einen Live-Stream mit aktuellen Berichterstattungen, Interviews und einem themenbezogenen Musikprogramm bereit. Die Sendung wird zudem von mehreren freien Radios im deutschsprachigen Raum aufgegriffen und per UKW gesendet.[26]

Der Name Radio 1984 bezieht sich auf den Roman 1984 von George Orwell.

Der "Namensvetter"

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Ende 2008 gründete eine kleine Gruppe um einen ehemaligen Aktivisten des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung den Verein "Aktionsbündnis Freiheit statt Angst e.V i.Gr.".[27] Die Wahl des Namens Freiheit statt Angst wird von Kritikern und dem bundesweiten Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung als problematisch betrachtet, da hierdurch eine Täuschung der Kooperationspartner, Bürgerrechtler und anderweitiger Unterstützer möglich sei. Der Verein selbst versteht sich dennoch als legitime Weiterführung des losen Aktionsbündnisses der vergangen Jahre, seine Gemeinnützigkeit wird derzeit geprüft.

Auf dieselbe Gruppe geht auch die Gründung des Vereins "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Berlin e.V.i.Gr."[28] zurück. Auch diesem Verein wird von seinen Kritikern - insbesondere Mitgliedern der Ortsgruppe Berlin - Namensmissbrauch und Anmaßung vorgeworfen.[29]

Weblinks

Freiheit statt Angst

Quellen

  1. a b Tausende demonstrieren gegen Überwachung Tagesschau.de vom 22. September 2007
  2. Berlin: Größte Datenschutz-Demo seit 20 Jahren Focus vom 23. September 2007
  3. »Freiheit statt Angst« - Berlin im Zeichen des Datenschutzes: Am Samstag fand die größte Demonstration für Bürgerrechte seit 21 Jahren statt Junge Welt vom 13. Oktober 2008
  4. a b Zehntausende protestieren in Berlin gegen Überwachungswahn und für Privatsphäre Heise vom 12. Oktober 2008
  5. Big Brother Awards - Ein Preis, den keiner will Die Zeit vom 21. Oktober 2006
  6. Demonstration gegen Vorratsdatenspeicherung und Sicherheitswahn: Freiheit statt Angst (Bielefeld, 20.10.2006)
  7. Demonstration in Berlin am 17. Juni 2006
  8. Demo in Berlin: Aufruf zum Stopp der "Grundrechtsterroristen" Heise vom 17. Juni 2006
  9. Über 1000 Demonstranten protestierten gegen den Überwachungsstaat Heise online vom 13. April 2007
  10. Protest gegen den "Überwachungswahn" Stern vom 23. September 2007
  11. Teilnehmerliste der Demonstration am 22. September 2007
  12. Umfangreicher Pressespiegel zu den bundesweiten Protestaktionen am 6. November 2006
  13. Tausende demonstrieren bundesweit gegen Überwachung Heise vom 31. Mai 2008
  14. Proteste gegen "Überwachungswahn" Hessischer Rundfunk vom 31. Mai 2008
  15. http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/?sid=516006
  16. Zehntausende protestierten für Datenschutz Berliner Morgenpost vom 11. Oktober 2008
  17. Die Lange Nacht der Überwachung
  18. a b Demonstrationsaufruf 2008 mit Forderungen und Unterstützerliste
  19. Pressemitteilung des Chaos Computer Clubs
  20. Deutschsprachige Variante der mehrsprachigen FSFE-Presseerklärung
  21. Teilnehmende Websites der Online-Demo
  22. »Der Staat macht mir Angst« Größte Demonstration gegen »Überwachungswahn« seit 20 Jahren Neues Deutschland vom 2008
  23. Aufruf des LSVD
  24. Rosa Block
  25. radio.freiheitstatangst.de
  26. Radio 1984
  27. http://www.gulli.com/news/ueber-macht-b-rgerrechtler-2009-01-11/
  28. http://www.akvorrat-berlin.de/index.php
  29. Aktion FSA - Aktionsbündnis Freiheit statt Angst bei Netzpolitik.org

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