Freikolbenmotor

Freikolbenmotor

Die Freikolbenmaschine kombiniert eine Wärmekraftmaschine mit innerer oder äußerer Verbrennung und eine Arbeitsmaschine (Pumpe, Verdichter, Generator). Charakteristisch ist die direkte, triebwerklose Übertragung der zyklischen Bewegung des Kolbens der Wärmekraftmaschine auf den Arbeitsteil; dadurch entfallen jegliche mechanische Triebwerke, wie z. B. ein Kurbeltrieb. Die Leistungsabgabe erfolgt nichtmechanisch. Der Gasprozess der Freikolbenmaschine ist prinzipbedingt ein Zweitakt-Prozess.

Freikolbenmaschinen lassen sich sehr kompakt bauen und zeichnen sich durch große Einfachheit und ein hohes Leistungs-Gewichts-Verhältnis aus.

Derartige Maschinen wurden unter anderem von Junkers (etwa 1926), SIGMA (Pescara) (1934) und Sulzer (1942) in Serie gefertigt.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsformen

Prinzip des Pescara-Gaserzeugers (Diesel)
1 - Hochdruckgasauslassventil, 2 - Einlassventil,
3 - Frischgas, 4 - Auslass, 5 - Gaspuffer,
6 - Dieseleinspritzventil, 7 - Brennraum

Integriert man in den Freikolbenmotor einen Kompressor, eine Hydraulikpumpe oder einen Lineargenerator, entsteht eine kompakte Einheit.

Motor/Generator

Ein Freikolbengenerator, also ein Freikolbenmotor mit integriertem Lineargenerator zur Erzeugung elektrischer Energie, ist eine der gängigsten Freikolbenmaschinen.

In Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung kommt für den Antrieb meist ein Stirling-Freikolbenmotor zum Einsatz. Die bedeutendsten Hersteller von Freikolbenmaschinen waren bis in die 1970er Jahre Sigma in Frankreich und Alan Muntz & Co. aus Großbritannien.

Der Pescara-Motor wurde 1952 von der US-Marine als Gaserzeuger für eine Gasturbine eingesetzt und erreichte eine Leistung von etwa 900 kW. 1956 untersuchte ein Team von General Motors unter Leitung von Arthur F. Underwood bei dem Versuchsfahrzeug XP 500 eine Freikolbenmaschine zur Gaserzeugung für die eigentliche Antriebsturbine von immerhin 184 kW (250 PS) Leistung.

Im Bereich der Blockheizkraftwerke hat der Linator der Firma OTAG Marktreife erreicht.

Kompressor

Häufigste Anwendung ist der direkt angetriebene Kompressor. Für kleine Kompressoren werden gegen eine Feder arbeitende Kolben gebaut, die elektrisch angetrieben werden. Auf deutschen U-Booten sind im 2. Weltkrieg Freikolbenkompressoren der Firma Junkers zur Erzeugung der Druckluft verwendet worden. Solche Kompressoren wurden damals in Serie produziert. Sie werden auch heute noch gebaut (Fa. E+JE).

Hydraulikpumpe

Bei der thermohydraulischen Freikolbenmaschine (FKM) wird die auf der verbrennungsmotorischen Seite freigesetzte Energie auf der hydraulischen Seite in Form von hydraulischer Arbeit abgegeben. Die Bezeichnung stammt aus der Kombination von Thermodynamik (Verbrennung) und Hydraulik. Im Endeffekt handelt es sich um eine Hydraulikpumpe, die von einem Verbrennungsmotor mit Energie versorgt wird.

Schematischer Aufbau einer thermohydraulischen Freikolbenmaschine (TU-Dresden 2003)

Eine Abart der Freikolbenmaschine als hydraulische Pumpe stellt die sog. Wassersäulenmaschine dar. Hier wirkt Stauwasser direkt über einen (oder mehrere) Kolben auf das Pumpmedium, etwa salzhaltige Sole.

Auch die ersten dampfbetriebenen Bergwerkspumpen waren letztlich, frei gedacht, Freikolbenmotoren, da ein mechanisches Bindeglied zwischen Pumpmedium und Dampf fehlte. Allerdings wurde der Dampf extern erzeugt, und ein Kolben zwischen Wasser und Dampf fehlte im unter Druck stehenden Pumpbehälter noch.

Bodenverdichter und Rammen

Eine bis heute noch anzutreffende Anwendung von Freikolbenmaschinen sind

  • Rammen, mit denen Pfähle zur Fundament-Fixierung oder Spundwände ins Erdreich gerammt werden. Dabei werden bis etwa 20 Tonnen schwere Kolben einige Meter nach oben geschossen und die Aufprallenergie ins Rammgut geleitet. Eine moderne Variante ist die Dieselramme "Dieselbär". [1].
  • Explosionsstampframmen, -pflasterrammen und -pfahlrammen die von einer Person bedient und bewegt werden können wie der legendäre DELMAG H2S[2] oder der DELMAG Frosch. Der Kolben katapultiert das gesamte Gerät etwa 50cm in die Höhe. Bei diesem Abstoßprozess und bei der anschließenden "Landung" wird der Boden verdichtet. Die Arbeitsfrequenz ist etwa 1Hz. Diese Boden-Stampfer bzw. Pflasterrammen sind jedoch nur noch selten auf Baustellen anzutreffen, da ihre Handhabung einige Übung braucht und sie durch hydraulische, pneumatische, elektromechanische oder Viertaktmaschinengetriebene und viel schneller vibrierende Systeme ersetzt wurden.

Vor- und Nachteile

Die Vorteile einer Freikolbenmaschine sind:

  • Integration von zwei Maschinen in ein gemeinsames Gehäuse
  • kompaktes Aggregat mit wenig Einzelteilen
  • keine aufwändigen und teuren mechanischen Triebwerke (z. B. Kurbeltrieb)
  • keine Kolbenseitenkraft durch Schrägstellung des Pleuels, keine Lagerreibung
  • geringe Masse
  • montage- und wartungsfreundlich
  • unkonventionelle Betriebsarten möglich (variabler Hub; Pulspausenmodulation ...)

Nachteile:

  • bei Fehlzündung bleibt eine Freikolbenmaschine unabwendbar stehen (der Kurbelwellenmotor kann durch die kinetische Energie der Schwungmasse weiterdrehen)
  • die Bewegung des Freikolbens muss mit aufwändiger Regelung stabilisiert werden (die Totpunkte der Kolbenbewegung werden nicht durch die Kurbelwelle vorgegeben)
  • die extrem hohen Beschleunigungen des Kolbens im verbrennungsmotorischen oberen Totpunkt beeinflussen den Brennverlauf auf bisher unbekannte Weise
  • eingeschränkter Leistungsbereich (ca. 15 ... 50 kW)
  • problematischer Antrieb der Nebenaggregate (Kraftstoffpumpe, Kühlwasserpumpe, Generator ...)
  • Geräusch- und Schwingungsverhalten völlig abweichend von etablierten Verbrennungsmotoren
  • einfachwirkende Maschine verursacht erhebliche Massenkräfte

Forschung und Entwicklung

An Freikolbenmaschinen wird zurzeit unter anderem an folgenden Stellen geforscht:

  • Innas B.V. (Breda, Niederlande) [3]
  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR, Stuttgart)
  • Technische Universität Dresden in Zusammenarbeit mit Bosch Rexroth
  • Universität Tampere (Finnland)
  • Caterpillar (Peoria/Illinois, USA)
  • Volvo (Göteborg, Schweden; schwedische Bezeichnung: Frikolvmaskin)
  • Sandia National Laboratories, USA
  • Newcastle University (Großbritannien) [4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Siehe hierzu z. B.DELMAG Dieselbären
  2. Siehe z. B. YouTube-Video Bodenverdichter
  3. www.innas.com
  4. Newcastle University free-piston engine project

Weblinks


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