Friesenland (Katapultschiff)

Friesenland (Katapultschiff)

Die Friesenland war ein für die Lufthansa gebautes Katapultschiff, das in deren transatlantischem Luftpostverkehr vor dem Zweiten Weltkrieg als schwimmende Basis für Flugboote diente. Das Schiff wurde beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs von der Luftwaffe requiriert und als Schleuderschiff für Flugboote und Wasserflugzeuge benutzt. Nach dem Krieg diente es noch bis 1969 als Frachtschiff unter verschiedenen Flaggen.

Inhaltsverzeichnis

Bau und Technische Daten

Das Schiff lief am 23. März 1937 bei den Howaldtswerken in Kiel vom Stapel und wurde am 13. Mai 1937 ausgeliefert. Es war mit 5.434 BRT vermessen, 140,5 Meter lang und 15,56 m breit, und hatte 8,24 m Tiefgang. Die Maschinenanlage bestand aus zwei 9-Zylinder MAN Dieselmotoren mit zusammen 5.800 PS und gab dem Schiff eine Höchstgeschwindigkeit von 16 Knoten. Die Friesenland war mit einem 18-Tonnen Heinkel-Katapult und einem Kran der Hamburger Kranfirma Kampnagel von 20 Tonnen Hebekraft ausgerüstet. Das Deck bot Platz für zwei Wasserflugzeuge oder Flugboote. Die Besatzung bestand aus 49 Mann und bis zu 34 Mann fliegendem Personal.

Lufthansa Luftpostdienst

Vom 15. August bis zum 18. November 1937 diente die Friesenland als schwimmende Basis für die beiden neuen Flugboote Blohm & Voss Ha 139 V1 „Nordwind“ und Ha 139 V2 „Nordmeer“, die im Sommer 1937 an die Lufthansa ausgeliefert worden waren und nun zwischen Horta (Azoren) und New York die ersten Testflüge auf der geplanten Nordatlantik-Luftpost-Route durchführten. Die Friesenland wurde dazu im Long-Island-Sund vor New York positioniert und die Schwabenland bei den Azoren. Bei den 14 in dieser Zeit vorgenommen Versuchsflügen (sieben in jeder Richtung) betrug die kürzeste Flugzeit von Horta nach New York 14 Stunden und 35 Minuten, die längste 19 Stunden und 5 Minuten. Bei der zweiten Serie von 26 Testflügen vom 21. Juli bis zum 20. Oktober 1938 wurde die Flugzeit auf 13 Stunden und 40 Minuten reduziert, und am 18. Oktober schaffte die weiter modifizierte Ha 139B „Nordstern“ die Strecke sogar in 11 Stunden und 53 Minuten. Da jedoch am 10. August 1938 die Focke-Wulf Fw 200 V1 „Condor“ (D-ACON) der Lufthansa die Strecke Berlin-New York nonstop in 24 Stunden und 56 Minuten und den Rückflug sogar in nur 19 Stunden und 55 Minuten geschafft hatte, war abzusehen, dass die Epoche der Wasserflugzeuge und Flugboote im Langstreckenflugverkehr ihrem Ende zuging.

Luftwaffendienst im Zweiten Weltkrieg

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Friesenland vor der Luftwaffe übernommen, mit vier 20-mm Fla-Geschützen versehen und am 5. September 1939 als Schleuderschiff für Fernaufklärer in Dienst gestellt. Das Schiff verdrängte nunmehr 11.500 Tonnen.

Zunächst diente die Friesenland beim Seefliegerhorst Hörnum auf Sylt, dann ab April 1940 beim Seefliegerhorst Travemünde, wo sie Nachschubflugzeuge zum Flug nach Norwegen katalpultierte. Im September 1940 verlegte sie für kurze Zeit mit zwei Do 26 Flugbooten nach Trondheim in Nord-Norwegen, die von dort Aufklärungsflüge über die Dänemarkstraße für den geplanten Ausbruch des Schweren Kreuzers Admiral Hipper in den Nordatlantik flogen.

Am 11. Oktober 1940 ging das Schiff nach Brest an der französischen Atlantikküste. Dort hatte die am 24. September 1940 durch das britische U-Boot HMS Tuna versenkte Ostmark die zur Konvoi-Suche für die deutschen U-Boote eingesetzten Fernaufklärer des Typs Do 26 katapultieren sollen, und die Friesenland übernahm nun diese Aufgabe. Der erste Versuch, am 23. November, scheiterte spektakulär: einer der Flugzeugmotoren versagte, die Maschine stürzte ins Meer, und ihre gesamte Besatzung kam ums Leben. Danach wurde die Friesenland mit den beiden verbliebenen Do 26 in die Gironde-Mündung in Südwestfrankreich beordert, wo die Start- und Landebedingungen für Flugboote wesentlich besser waren. Es kam aber zu keinen weiteren Aufklärungsflügen für die U-Boote; beide Do 26 wurden im März 1941 zurück nach Deutschland geflogen.

Die Friesenland ging im September 1941 erneut nach Norwegen. Bei der Fahrt erhielt sie in der Nähe von Vlissingen an der Scheldemündung bei einem britischen Fliegerangriff einen Bombentreffer im Achterschiff. Nach Reparatur in Bremerhaven ging sie zunächst nach Trondheim, dann im November 1941 nach Tromsö, im Februar 1943 wieder nach Trondheim, und im Juli 1943 in den Billefjord am Nordkap. Dort wurde sie am 19. September 1944 von sowjetischen Torpedofliegern vom Typ Douglas A-20 angegriffen und schwer beschädigt. Der Bug war abgeknickt, es gab zwei Tote an Bord, und das Schiff musste auf Strand gesetzt werden. Im Oktober wurde die Friesenland freigeschleppt und in der Bogen-Bucht nordwestlich von Narvik im Ofotfjord notdürftig repariert. Danach diente sie als Werkstattschiff in Narvik. Im März 1945 wurde sie in gleicher Funktion nach Trondheim verlegt, wo sie bei Kriegsende britische Kriegsbeute wurde.

Nach 1945

Die Royal Navy nahm offiziell im April 1946 Besitz, gab das Schiff aber am 19. März 1947 an die Royal Air Force ab, die es als Wasserflugzeug-Depot nutzte. Im Zuge der Nachkriegsabrüstung wurde das Schiff am 7. August 1947 bei Burnt Island im Firth of Clyde (Schottland) aufgelegt. Im Februar 1949 wurde es verkauft und nach Umbau auf der Deutschen Werft in Hamburg ab März 1950 als Kühlschiff unter dem Namen Fair Sky unter panamesischer Flagge zum Fruchttransport benutzt. 1952 wurde das Schiff nach Italien verkauft, wo es unter dem Namen Castel Nevoso bis 1969 fuhr. 1968 wurde es wiederum nach Panama verkauft und fuhr danach unter dem Namen Argentine Reefer.

Im Juni 1969 wurde das Schiff schließlich an die Abwrackwerft Shipbreaking Industries Ltd. in Faslane-on-Clyde verkauft und dort abgewrackt.

Weblinks

Literatur

  • Simon Mitterhuber: Die deutschen Katapultflugzeuge und Schleuderschiffe; Entwicklung, Einsatz und Technik. 2003, Bernard & Graefe, Bonn, ISBN 3-7637-6244-2
  • Sönke Neitzel, Der Einsatz der deutschen Luftwaffe über dem Atlantik und der Nordsee 1939-1945, Bernard & Graefe, Bonn, 1995

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