Fritz Boßhammer

Fritz Boßhammer

Friedrich Robert Boßhammer (* 20. Dezember 1906 in Opladen; † 17. Dezember 1972) war SS-Sturmbannführer und als Judenreferent in Italien einer der engsten Mitarbeiter Adolf Eichmanns.

Inhaltsverzeichnis

Schule, Ausbildung und Privatleben

Friedrich Boßhammer wuchs als Sohn eines Maschinenschlossers und späteren technischen Reichsbahnobersekretärs zusammen mit zwei Schwestern in Opladen auf. Dort besuchte er die Volksschule und anschließend bis 1926 das Realgymnasium. Nach der Reifeprüfung studierte er in Köln und Heidelberg Rechtswissenschaft und legte am OLG Düsseldorf 1931 die erste juristische Staatsprüfung und auf Wiederholung im August 1935 die zweite juristische Staatsprüfung mit der Note „Ausreichend“ ab. Im Jahre 1936 trat er aus der evangelischen Kirche aus und heiratete. Aus dieser 1949 geschiedenen Ehe gingen vier Kinder hervor. 1952 heiratete er Luise Göhlmann.

Beruflicher und politischer Werdegang

Im April 1933 trat er in die SA und mit Wirkung vom 1. Mai desselben Jahres in die NSDAP ein, wegen des „Röhm-Putsches“ verließ er im September 1934 die SA wieder. Wegen seiner Examensergebnisse konnte er seine Absicht, als Richter tätig zu werden, nicht verwirklichen. Er trat der Hitler-Jugend bei und war verstärkt in der NSDAP tätig, leitete Kinderlandverschickungen und Jugendfreizeiten. Am 1. Oktober 1937 trat er in die SS ein und wurde zunächst beim SD in Aachen angestellt. Er hatte zur Aufgabe, in den Gebieten Verwaltung, Recht und Jugend Nachrichten zu beschaffen und Berichte zu verfassen. Im Oktober 1940 kam er als Gerichtsoffizier und Untersuchungsführer zur Sicherheitspolizei in Wiesbaden und wurde im März 1941 zum SS-Hauptsturmführer befördert. Ab 1941 war er für die Gestapo in Wiesbaden und Kassel unter anderem in „Judenangelegenheiten“ tätig. Im Januar 1942 wurde er zum Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin ins Referat IV B 4 (Judenangelegenheiten) versetzt und erhielt am 9. November 1943 seine Beförderung zum SS-Sturmbannführer.

Tätigkeiten im „Judenreferat“ (Referat IV B 4)

Boßhammer war als Sachbearbeiter mit den Aufgabengebieten „Vorbereitung der Lösung der europäischen Judenfrage in politischer Hinsicht“ und „Gegenpropaganda gegen die vertärkte Greuelhetze der Feindstaaten über die Endlösung der europäischen Judenfrage“ beauftragt. Ende Januar 1944 wurde er von Eichmann als Nachfolger Theodor Danneckers zum Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) in Verona abgeordnet. Dort hatte er als „Judenreferent“ die Aufgabe die „Endlösung“ in Italien durchzuführen und hatte in dieser Position besondere Eigenständigkeit. Er widersetzte sich konsequent der persönlich getroffenen Übereinkunft mit der republikanisch-faschistischen Regierung Italiens, keine Juden aus Mischehen festzunehmen oder zu deportieren. Die italienischen Behörden intervenierten in der Folgezeit laufend, aber erfolglos wegen einzelner Mischehenpartner. Auf seinen Befehl wurden bis September 1944 mehr als 6.000 italienische Juden verhaftet und in Vernichtungslager deportiert, das KZ Fossoli spielte dabei als Durchgangslager eine wichtige Rolle.

Heinrich Himmler verlieh ihm am 1. September 1944 das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern. Im selben Monat wurde er zum Leiter des Sipo-Außenkommandos Padua ernannt und versuchte, die in seinem Machtbereich lebenden Juden zu deportieren. Das „Judenreferat“ in Italien war zu diesem Zeitpunkt im wesentlichen aufgelöst. Bis zum Kriegsende wurden insgesamt mehr als 10.000 Juden aus Italien abtransportiert.

Friedrich Boßhammer und sein Vorgänger Theodor Dannecker zählten unter den Judenreferenten neben Alois Brunner, Dieter Wisliceny und Franz Abromeit zu den Vertrauensleuten und engsten Mitarbeitern Eichmanns.

Nach dem Krieg

Ende April 1945 setzte er sich mit falschen Papieren als Feldwebel „Max Fritz Müller“ nach Österreich ab und geriet in amerikanische Gefangenschaft, aus der er im August wieder entlassen wurde. Außer der Internierungshaft in Recklinghausen zwischen Januar 1947 bis April 1948 (die ihm in der Verurteilung als Mitläufer der Kategorie IV im Entnazifizierungsverfahren 1948 angerechnet wurde) lebte er unbehelligt in Westdeutschland und konnte seine Tätigkeit als „Judenreferent“ geheimhalten. Im August 1952 wurde er sogar als Rechtsanwalt beim Amtsgericht und Landesgericht in Wuppertal zugelassen.

Am 10. Januar 1968 wurde er festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Am 11. April 1972 wurde er wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil wurde nicht rechtskräftig, da er Ende des gleichen Jahres verstarb.

Literatur

  • Gerhard Paul, Klaus-Michael Mallmann (Hrsg.): Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg, Darmstadt 2000. ISBN 3-89678-188-X
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.

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